Noch nie hat ein Sonnenstrahl die Mäanderhöhle bei Bamberg gestreift. Hier herrscht totale Finsternis. Vor einigen Jahren jedoch erhellten die Stirnlampen von Forschern die 150 Millionen Jahre alten Gesteinformationen – und offenbarten die bisher einzigen bekannten steinzeitlichen Höhlen-Gravuren in Deutschland. «Sie sind schwer bis fast nicht erkennbar», sagt der Landeskonservator Sebastian Sommer vom bayerischen Landesamt für Denkmalpflege.
" class="infobox_img" />«Die Untersuchungen laufen noch bis zum Herbst».
Um sie besser untersuchen zu können, informierte das Landesamt zunächst auch nicht die Öffentlichkeit. Zu groß war die Angst vor Höhlen-Touristen und der Zerstörung der empfindlichen Höhlenkunst. Am Donnerstag machte schließlich ein Bericht der Wochenzeitung «Die Zeit» den Fund der 10.000 bis 12.000 Jahre alten Striche bekannt. Für den Landeskonservator ist das bundesweite Echo kein Anlass zur Freude: «Das ist alles andere als glücklich.»
Raubgrabungen
Denn schon vor dem Artikel habe das Gerücht von den Gravuren kursiert und Menschen angelockt, die den Boden beschädigten oder sogar Raubgrabungen machten. «Das mussten wir leider beobachten», erzählt er. Der Standort der Höhle im oberfränkischen Landkreis Bamberg wird deswegen von der Behörde nicht preisgeben. Auch weil dort Fledermäuse leben, die durch Besucher gestört würden.
Die Höhle ist nicht die einzige ihrer Art in Europa – auch in Südfrankreich und Nordspanien gibt es ähnliche. Sie sei jedoch die «erste bekannte Höhle mit dieser historischen Bedeutung», sagte eine Sprecherin des Landesamtes für Denkmalpflege am Donnerstag. Besonders auffällig sind den Angaben zufolge die Gesteinsformationen, die wie menschliche Geschlechtsteile aussähen. Hier ritzten die Steinzeitmenschen auch ihre Gravuren in den Stein.
«Fruchtbarkeitsfeste feierten»
Für den Geologen und Archäologen Bernhard Häck, der die Grotte im Auftrag des Landesamtes untersucht, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass die Steinzeitmenschen die Grotte als Ort der Lust sahen und dort Fruchtbarkeitsfeste feierten. Er las aus den Strichen laut «Zeit» auch stark vereinfachte Frauenkörper ab. «Die Untersuchungen laufen aber noch bis zum Herbst», betont er.
Landeskonservator Sommer scheut hingegen solche Interpretationen: «Was die Menschen vor 12.000 Jahren gedacht haben, ist für uns heute extrem schwierig nachzuvollziehen», sagt er. Die Gravuren seien deshalb bei weitem nicht eindeutig. «Da ist man sehr in der Gefahr, sich zu verrennen.» Zudem habe sich die Höhle über die Jahrmillionen stark verändert. So sei der ursprüngliche Zugang vor rund 3500 Jahren zusammengebrochen.
Die Forscher betreten die Höhle heute also nicht mehr an der gleichen Stelle wie die Steinzeitmenschen vor mehr als 10.000 Jahren. Sie müssen sich durch einen sehr engen Eingangsbereich bis zu einer kleinen «Kapelle» mit nur wenigen Metern Durchmesser vorarbeiten. Dahinter liegen 30 weitere Meter, auf denen sich die Höhle mäanderartig durch den Fels schlängelt. «Da gibt es keine domartigen Hallen wie in Südfrankreich», sagt Sommer. Dafür Striche auf den kalkhaltigen Wänden – über deren Bedeutung sich auch die Experten noch uneins sind.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können