Die Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 hat in Luxemburg zu zwei Banken-Zusammenbrüchen geführt. Die eine Bank, Kaupthing, ist von der britischen Familie Rowling übernommen worden und heißt heute Banque Havilland. Die andere, Landsbanki, wird abgewickelt.
Abwicklung könnte noch 10 Jahre dauern
Eine Angelegenheit, die immer mal wieder von sich reden machte, insgesamt für die Öffentlichkeit aber undurchsichtig blieb. Vor einem Monat aber geriet sie plötzlich zum öffentlichen Thema, als zwei Rechtsanwälte Strafanzeigen unter anderem gegen die Konkursverwalterin Yvette Hamilius ankündigten. Am Mittwoch schlug die Konkursverwalterin zurück und wartete mit überraschenden Fakten auf.
„Der Zusammenbruch der Bank ist ohne Zweifel eine Folge der Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008“, sagte Frau Hamilius. „Es ist nicht auszuschließen, dass ihre Abwicklung noch ein Jahrzehnt dauern kann.“ Die langwierige Abwicklung geht darauf zurück, dass die Bank von Luxemburg aus im Wesentlichen in Frankreich und in Spanien Immobiliengeschäfte abwickelte.
Wertpapiere
So schlug sie Hausbesitzern vor, ihren Besitz zu Geld zu machen und ihn weiter zu nutzen. Wenn jemand beispielsweise einen Besitz im Wert von einer Million sein eigen nannte, schlugen Finanzagenten, die für die Bank arbeiteten, vor, 200.000 Euro als Bargeld auszuzahlen und 800.000 Euro auf ein Konto zu legen. Das Geld sollte in Wertpapieren angelegt werden, in der Hoffnung, dass die Wertsteigerung mit der Zeit den Gesamtwert des Hauses wieder erreichen würde. Zur Erinnerung: Die zweite Hälfte des ersten Jahrzehnts war die Zeit der unbegrenzten Spekulation, in der man glaubte, dass es beim Geldverdienen mit Geld keine Grenzen und keine Risiken gäbe.
Bis zu dem Augenblick, in dem im Dezember 2008 das „Tribunal d’arrondissement“ den Zusammenbruch der Landsbanki aussprach und die Konkursverwalterin den Schuldnern mitteilte, dass sie nun die Schulden bezahlen. Die Hausbesitzer realisierten in diesem Augenblick, dass sie mit dem gewählten System ihr Haus verpfändet hatten und auf einem gewaltigen Schuldenberg saßen. Denn: Die Finanzkrise hatte in vielen Fällen von den Wertpapieren nicht mehr viel übrig gelassen und der 20-Prozent-Anteil musste auch zurückgezahlt werden. Statt Wertsteigerung hatte Wertvernichtung stattgefunden.
Schaden der Gläubiger verringert sich
Unter den Kunden, die mit der Landsbanki arbeiteten, befindet sich der französische Chansonnier Enrico Macias. Der Künstler soll nach Tageblatt-Information einen deutlichen zweistelligen Millionen-Betrag schulden. Diese Geschäfte der Bank, die in diesen Jahren auch von anderen Banken ausgeübt wurden, machen die Abwicklung schwierig. Denn in Frankreich und in Spanien wehren sich die Schuldner mit Prozessen im Zivilrecht und Anzeigen im Strafrechtsbereich dagegen, die Schulden zu bezahlen. Das führt zu einer großen Zahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen. In Frankreich gibt es alleine 80 Fälle.
Yvette Hamilius übernimmt die Abwicklung der Bank im juristischen Sinne, begleitet von 50 Mitarbeitern der Landsbanki. Heutzutage arbeitet sie noch mit 20 Mitarbeitern. Sie realisiert, dass die Bank über Aktiva verfügt, redet mit den Gläubigern und erreicht, dass zwei vorrangige Gläubiger ihre Forderungen zurückstellen: die Zentralbank Luxemburg und die Landsbanki Island. Damit kann sie die Forderungen der nachrangigen Gläubiger, die in solchen Verfahren häufig leer ausgehen, zu 100 Prozent befriedigen.
Zufriedenstellen
Mit der Realisierung weiterer Aktiva gelingt es ihr auch, die Forderungen der Zentralbank Luxemburg in Höhe von 1,3 Milliarden Euro zu befriedigen. Der Hauptaktionär der Landsbanki Island, der gegenüber Landsbanki Luxemburg Schulden in Höhe von 330 Millionen Euro hatte, bezahlt seine Schuld in voller Höhe. Die Forderungen des Finanzamtes seien ebenfalls beglichen, sagte Frau Hamilius. „Derzeit“, so die Konkursverwalterin gegenüber dem Tageblatt, „gibt es noch Außenstände in Höhe von 500 Millionen Euro“.
Sollte es der Konkursverwalterin gelingen, diese Summe zu finden und einzutreiben, würde der Landsbanki-Konkurs bei den Gläubigern keinen Schaden hinterlassen. Gegenüber der Sozialversicherung habe es keine nennenswerten Außenstände gegeben. Auch hier sei die Situation bereinigt.
Bleibt die Situation mit den Schuldnern in Frankreich und in Spanien. In Frankreich hat einer der bemerkenswertesten Untersuchungsrichter für Wirtschaftsvergehen, Renaud van Ruymbeke, den Fall übernommen. Nach nicht einfachen Verhandlungen mit ihm in Luxemburg und in Paris haben die luxemburgische Juristin und der französische Untersuchungsrichter eine Vereinbarung getroffen. Landsbanki verzichtet auf 80 Prozent der Forderungen, treibt aber die restlichen 20 Prozent pro Schuldner in voller Höhe ein. Das heißt in dem gewählten Beispiel, dass nun nicht mehr eine Million zu bezahlen ist, sondern nur noch 200.000. Das „Tribunal d’arrondissement“ und der Beirat der Gläubiger haben diesem Kompromiss zugestimmt. Yvette Hamilius: „Wir verzichten damit auf 200 Millionen Euro.“ Allerdings wäre diese Summe von den privaten Schuldnern wohl kaum einzutreiben gewesen. Es hätte in einem Immobilienmarkt in Frankreich, der stagniert, und in einem zusammengebrochenen spanischen Markt eine Welle von Zwangsversteigerungen gegeben, die erhebliche Werte vernichtet hätten.
Frankreich: Angebot findet kaum Zuspruch
Perplex ist die Konkursverwalterin allerdings über die Reaktion in Frankreich. Von 80 Fällen haben das Angebot nur zehn Schuldner angenommen. Das heißt, dass nun 70 erheblich höhere Forderungen ausstehen, darunter des besagten Sängers, der nach Tageblatt-Informationen nun statt einem Dutzend Millionen Euro vor einer zweieinhalb Mal so hohen Forderung steht. In Spanien, so die Konkursverwalterin, ist die Situation anders. „Dort gibt es eine hohe Bereitschaft, das Angebot anzunehmen.“ Zu Zwangsversteigerungen will die Juristin noch nicht schreiten. „Wir müssen erst alle Gerichtsverfahren abgeschlossen haben, bevor wir uns damit beschäftigen.“
Gegenklage von Yvette Hamilius
In Luxemburg ist die Situation allerdings dabei, zu eskalieren. Der Rechtsbeistand der Konkursverwalterin wird in zwei Strafverfahren gegen die beiden Rechtsanwälte vorgehen, die vor einem Monat Strafanzeigen unter anderem gegen Yvette Hamilius erstattet hatten. Anwalt Rosario Grasso wirft den beiden Berufskollegen vor, seine Mandantin verleumdet zu haben.
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