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Rückenwind aus Frankreich

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Der Weg für Luxemburgs Notenbankchef Yves Mersch ins Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) scheint frei.

Wie Reuters am Dienstag aus französischen Diplomatenkreisen und aus dem Umfeld diverser Notenbanken erfuhr, will Frankreich nun nicht mehr wie ursprünglich abermals einen Spanier, sondern Mersch ab Juni als Nachfolger von José Manuel Gonzalez Paramo in das sechsköpfige Führungsteam der EZB schicken.

Mersch ist seit 1999 und damit seit dem Start der Währungsunion Chef der Notenbank seines Landes und Mitglied des EZB-Rats. Die Luxemburger Zentralbank wollte sich nicht zu den Informationen äußern. Die Entscheidung soll den Kreisen zufolge beim nächsten Treffen der Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel fallen.

Personalrochade

Die Staats- und Regierungschefs könnten der Personalie dann zu einem späteren Zeitpunkt zustimmen. Wie aus Kreisen verlautete, wird die EZB-Personalie von der Politik offenbar als Teil einer umfassenderen Personalrochade gesehen, die auch durch den absehbaren Rückzug von Jean-Claude Juncker als Chef der Euro-Gruppe mit angestoßen wurde. Demnach könne der Finne Jyrki Katainen Nachfolger Junckers als Vorsitzender der Euro-Finanzminister werden und Xavier Musca – derzeit wirtschaftspolitischer Berater von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy – Nachfolger des Deutschen Thomas Mirow an der Spitze der Osteuropabank.

Deutschland könnte unterdessen den Chef des vorläufigen Rettungsschirms EFSF, Klaus Regling, in gleicher Funktion beim permanenten Hilfsfonds ESM platzieren. Spanien, noch bis Mai durch José Manuel Gonzalez Paramo im EZB-Direktorium vertreten, ginge in diesem Szenario völlig leer aus, besetzt allerdings in der Person des früheren Notenbankchefs Jaime Caruana den Chefposten bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, dem weltweiten Dachinstitut der Zentralbanken. Bislang hatte die Regierung in Paris den spanischen Kandidaten, den derzeitigen EZB-Chefjustitiar Antonio Sainz de Vicuna, unterstützt.

Sollte Mersch wie nun zu erwarten das Rennen machen, wäre Spanien – die viertgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion – erstmals nicht mehr im obersten EZB-Führungsgremium vertreten. Das Direktorium leitet die EZB im Tagesgeschäft und bereitet die Sitzungen des für die Geldpolitik entscheidenden EZB-Rats vor. Spanien hatte Anfang des Jahres erneut Anspruch auf den Posten bei der EZB erhoben. Der dritte Kandidat, Sloweniens Europaminister und Ex-Notenbankchef Mitja Gaspari, ist nach Einschätzung von Insidern chancenlos.

Ein Kandidat für Nordeuropa

Der 62 Jahre alte Mersch gilt vielen als gemeinsamer Kandidat der nordeuropäischen Länder. Er steht der stabilitätspolitischen Tradition der Bundesbank nahe. Im Direktorium der EZB würde er damit das Lager der geldpolitischen „Falken“ stärken, das mit dem Rücktritt des früheren Chefvolkswirts Jürgen Stark Ende 2011 de facto nicht mehr besetzt war. Mersch könnte mit einem Wechsel nach Frankfurt seine lange Karriere in Diensten seines Heimatlandes krönen, das er unter anderem bei den Verhandlungen in Maastricht vor dem Start der Währungsunion vertrat.

Neben zahlreichen Stationen etwa im Finanzministerium war er auch beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und bei den Vereinten Nationen (UN). Im sechsköpfigen Direktorium der EZB sitzen neben Präsident Mario Draghi (Italien) und Vize Vitor Constancio (Portugal) noch Chefökonom Peter Praet (Belgien), Benoît Coeure (Frankreich) und Ex-Staatssekretär Jörg Asmussen (Deutschland) als eine Art „Außenminister“.

Kritik

Wegen der Besetzung der beiden wichtigsten EZB-Posten mit einem Italiener und einem Portugiesen gab es seit einiger Zeit Kritik von den kleineren nordeuropäischen Ländern an der Zusammensetzung des Gremiums. Bis zum nächsten Personalwechsel bei der EZB dürfte es, wenn alles normal läuft, lange dauern: Da die sechs EZB-Direktoren jeweils für maximal acht Jahre von der Politik bestimmt werden, muss als nächster Vizepräsident Constancio im Frühsommer 2018 gehen. 2019 folgen Präsident Draghi, der seit vergangenem November amtiert, und Praet, der seit Juni 2011 dabei ist. Zum Jahreswechsel 2019/20 müssen dann Nachfolger für Asmussen und Coeure gefunden werden.

Die beiden kamen wegen der Abgänge von Jürgen Stark und Lorenzo Bini Smaghi Ende vergangenen Jahres außerplanmäßig zur EZB.