Nokia in Not: Der langjährige Handy-Weltmarktführer hat zum Jahresbeginn einen gewaltigen Verlust von 929 Millionen Euro erlitten. Bei Smartphones kann Nokia trotz aller Anstrengungen bisher nicht annähernd mit dem iPhone und Android-Geräten mithalten. Zudem verschlang der verlustreiche Netzwerkausrüster Nokia Siemens Networks erneut jede Menge Geld. Mit insgesamt 82,7 Millionen verkauften Mobiltelefonen verlor Nokia möglicherweise sogar die Krone des weltgrößten Handy-Herstellers nach vielen Jahren an Samsung. Der bisherige Verkaufschef Colin Giles geht.
Im ersten Quartal 2011 hatte Nokia noch schwarze Zahlen von 344 Millionen Euro geschrieben. Jetzt schlug allein die Sanierung von Nokia Siemens Networks operativ mit 772 Millionen Euro ins Kontor. Der Umsatz sackte im Jahresvergleich um 29,3 Prozent auf 7,35 Milliarden Euro ab, wie das finnische Unternehmen am Donnerstag mitteilte.
Aktie fiel um 4 Prozent
Die Aktie fiel bis zum Nachmittag um rund vier Prozent. Seit Nokia vor einer Woche erstmals schlechte Zahlen für das erste Quartal in Aussicht gestellt hatte, verlor das Unternehmen damit knapp ein Viertel seines Börsenwerts.
Die Zahlen zum Kerngeschäft mit Mobiltelefonen fielen quer durch die Bank schwach aus. Der Umsatz brach im Jahresvergleich um 40 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro ein. Der durchschnittliche Preis eines Nokia-Mobiltelefons sackte um 22 Prozent auf 51 Euro ab.
Schwaches Smartphone-Geschäft
Besonders alarmierend ist die andauernde Schwäche im Smartphone-Geschäft. Von Nokias Hoffnungsträger – den im Herbst eingeführten Lumia-Telefonen mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone – wurden gut zwei Millionen Geräte verkauft. Das reichte bei weitem nicht aus, um den Absatzeinbruch bei der betagten eigenen Plattform Symbian auszugleichen. Insgesamt halbierte sich der Smartphone-Absatz auf 11,9 Millionen Geräte. Und gerade die Computer-Telefone sind der Geldbringer, mit dem Konkurrenten wie Apple oder Samsung ihre Kassen füllen. Nokia hatte schon das vergangene Jahr mit einem Verlust von 1,16 Milliarden Euro abgeschlossen.
Es gab weltweit keine Region, in der Nokia die Erlöse wenigstens stabil halten konnte. Am ehesten gelang es noch mit einem Minus von drei Prozent in Lateinamerika. Im Stammgebiet Europa fiel der Umsatz dagegen im Jahresvergleich um 35 Prozent, im boomenden Wachstumsmarkt China brachen die Einnahmen sogar um 70 Prozent ein.
Nur 600 000 Telefone pro Jahr
Die Absatzzahlen sprechen eine noch klarere Sprache. In Nordamerika etwa, wo es für Nokia schon seit Jahren nicht gut läuft und mit den Lumias ein Comeback gelingen soll, wurden nur noch 600 000 Mobiltelefone verkauft – halb so viele wie vor einem Jahr.
Konzernchef Stephen Elop Stephen räumte ein, dass sich das Geschäft mit einfachen Handys, mit denen Nokia bisher noch in den Wachstumsmärkten der Entwicklungsländer punkten konnte, massiv verändere. Rraditionelle Tastentelefone bekämen jetzt auch im Billigbereich Konkurrenz von Touchscreen-Geräten. Es ist Teil einer Entwicklung, die Branchenanalysten schon lange vorhergesagt haben. Mit neuen Bauteilen können selbst Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android immer billiger produziert werden und höhlen den Markt für günstige Handys aus.
Verkaufschef Giles werde Ende Juni das Unternehmen verlassen, um «näher bei seiner Familie zu sein», kündigte Nokia an. Der Verkauf soll jetzt verschlankt werden. Zum neuen starken Mann in dem Bereich wird jetzt Niklas Savander, dem die einzelnen Vertriebsmanager unterstehen werden.
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