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Qualitätsaktien gegen Niedrigzins

Qualitätsaktien gegen Niedrigzins
(Alain Rischard/editpress)

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Es mag paradox erscheinen. Während an den Börsen die Kurse steigen, befindet sich die Realwirtschaft in einem Winterschlaf. Und während Banken kräftige Gewinne einfahren, fragen sich die Sparer, wohin mit ihrem Geld.

Das Sparbuch jedenfalls bringt keine Zinsen mehr. Bei manchen Staatsanleihen muss man – wenn man die Inflation abzieht – sogar noch Geld drauflegen. Die Zentralbanken insbesondere in den USA haben eine ultra-lockere Geldpolitik eingeführt, und trotzdem will der Wirtschaftsmotor nicht recht anspringen. Guy Wagner, CIO (Chief Investment Officer) der Banque de Luxembourg, wagte am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten eine Analyse. Zum Jahresbeginn veröffentlichen viele Länder Prognosen für ihre Konjunktur, die dann regelmäßig im Jahr nach unten angepasst werden.

Für das ausbleibende Wachstum findet Wagner mehrere Gründe. Zum einen wirke die Verschuldung wie eine Wachstumsbremse. Damit sei sowohl die Verschuldung der Haushalte wie auch die der Unternehmen und der Staaten gemeint.

Aber: «Wenn die Verschuldung in einem vernünftigen Rahmen bleibt, ist sie kein Problem», sagt der Banker. Staaten wie Deutschland etwa können sich derzeit zu «quasi null Prozent» finanzieren und könnten durchaus der Wirtschaft unter die Arme greifen, meint Wagner. Wichtig sei nur, dass Wachstum erzeugt wird um die Schulden später zurück zahlen zu können. «Das klappt nicht so richtig», meint der Finanzexperte in seiner Analyse.

Ein weiterer Grund für das ausbleibende Wachstum sei das Fehlen eines neuen Wachstumsmotors für die Welt. Früher war dies der US-amerikanische Konsum, der erst durch die Ersparnisse, dann durch Schulden gedeckt wurde, abgelöst vom China-Boom, der nun im Rahmen des Wandels von China von der Exportnation zur Konsumnation etwas abflaut.

Auch die zunehmende Ungleichheit in der Bevölkerung (in den USA) bezeichnet der Banker als sehr problematisch. Die Schere zwischen Mittelklasse und Reichen geht immer weiter auseinander. Zeitgleich ist das Durchschnittseinkommen in den USA zuletzt nicht gewachsen. Damit wird die Mittelschicht, die als Treiber der US-Wirtschaft gilt, relativ ärmer.

Wagner kritisiert auch den Euro. «Viele Experten haben zu Anfang gesagt, dass die Eurozone nicht die Kriterien für eine Gemeinschaftwährung erfüllt. Das sieht man jetzt», so Wagner. Das Wachstum der Länder, die den Euro haben, liegt dann auch unter dem der europäischen Länder, die nicht mit der Gemeinschaftswährung bezahlen – Länder wie z.B. Dänemark. Diese Länder seien noch «maître de leurs destins».

Zu viel Planwirtschaft statt Marktwirtschaft

Auch die QE genannte lockere Geldpolitik kritisiert Wagner. «Ich bin der Meinung, dass die Zentralbanken sich auf einen komplett falschen Ansatz versteifen», sagt er. Lieber solle man den Markt frei über den Zins bestimmen lassen. «Wir kommen immer mehr von einer Marktwirtschaft in eine Planwirtschaft.» Die Marktwirtschaft schaffe es aber besser, Wachstum zu generieren. Planwirtschaft könne allerdings dafür sorgen, dass nicht «alles zusammenbreche». Auch wenn das für eine Weile schlechte wirtschaftliche Zeiten bedeuten würde.

Doch warum steigen die Kurse an den Börsen unter diesen Bedingungen? Wagner hat dafür eine Erklärung. Er hat sich die Umsätze der Unternehmen angesehen (also vor Abzug der Kosten) und stellt fest, dass diese sich kaum bewegt haben. «Die Umsätze spiegeln die schwache Wirtschaft wider.» Insbesondere in den USA aber hätten es die Unternehmen geschafft, die Lohnstückkosten zu senken und somit ihre Gewinnmarge zu vergrößern.

Diese Strategie geht allerdings erneut zu Lasten der arbeitenden Mittelschicht, wie Wagner bestätigt. Auch werden die Gewinne nicht reinvestiert. Viele Unternehmen in den USA benutzen ihre Gewinne, um Aktien zurückzukaufen. Auch das lasse den Wert der Aktien steigen – weniger Aktien bedeuten ein größeres Kuchenstück pro Anteilsschein.

Aktien und Anleihen

Die Kurssteigerung an der Börse sei also nicht auf Spekulation zurückzuführen. Diese «Abkopplung» der Börse vom Wachstum könne allerdings nicht lange so weitergehen, sagt Wagner. Die konservative Anlagepolitik der Banque de Luxembourg kennt Aktien und Anleihen. Viele Sparer, erzählt Wagner, würden sehen, dass es auf dem Sparbuch nichts mehr zu hohlen gebe, wagten sich allerdings nicht auf den Aktienmarkt. Sie würden sich für die vermeintlich sicheren Anleihen entscheiden und um ein wenig zu verdienen, dann in risikoreichere Anleihen investieren.

Diesen Plan sieht Wagner eher kritisch. Fällt eine Anleihe aus, dann ist das Geld weg, sagt er. Fällt eine Aktie im Kurs, dann kann sie sich langfristig erholen. Man dürfe allerdings nicht mit dem gleichen Gewinn wie früher rechnen und müsse mehr Volatilität in Kauf nehmen.

Es gelte aber, Unternehmen auszuwählen, die qualitativ gut und die nicht «übermäßig teuer» sind. Er nennt etwa Roche und Nestlé. Wagner grenzt seine Aussage noch weiter ein. Er würde nur in Unternehmen investieren, die sich nicht in einem schwierigen Umfeld bewegen (z.B. Stahl) und die er selber bewerten kann. Banken und Versicherungen zählt der Banker übrigens nicht dazu. Sie hätten «nicht alles in den Büchern», so Wagner.