„Ohne eine weitere Auszahlung von Mitteln vor Mitte Juli sehen wir uns der realen Gefahr einer ersten ungeordneten Zahlungsunfähigkeit in der Eurozone gegenüber“, schrieb Schäuble in dem Brief. Zudem werde wohl ein neues Programm für das hochverschuldete Land nötig. Darin müsse eine „faire Lastenverteilung“ zwischen den Steuerzahlern und den privaten Investoren hergestellt werden.
Griechenland sollte laut Schäuble mit dem IWF das Mandat erhalten, die privaten Bankengläubiger zu einen freiwilligen Tausch von Alt- in Neuanleihen zu bewegen. Da diese eine längere Laufzeit hätten als die im Umlauf befindlichen Papiere, käme dies einem Zahlungsaufschub für das Land gleich. Das sollte dem Land eine siebenjährige Atempause bei Anleiherückzahlungen geben.
Das deutsche Finanzministerium ergänzte, die privaten Anleihe-Halter könnten mit Anreizen bewegt werden, darauf einzugehen. Gedacht wird offenbar an bessere Absicherungen neuer Anleihen.
Schäubles Ansatz einer Beteiligung von Privatanlegern an neuen Griechenland-Hilfen findet in den Koalitionsfraktionen Unterstützung. So ist in einem Entwurf einer Resolution der Fraktionen, die morgen im Bundestag verabschiedet werden soll, nach Informationen des Handelsblatts davon die Rede, neuen Finanzhilfen nur zuzustimmen, „wenn zum einen eine finanzielle Beteiligung des IWF an den Hilfen auch künftig gesichert ist und zum anderen ein angemessener Beitrag privater Gläubiger“.
Frankreich gegenUmschuldung
Bundeskanzlerin Angela Merkel stützt das Werben von Finanzminister Wolfgang Schäuble für neue Finanzhilfen an Griechenland unter Beteiligung der privaten Gläubiger.
Frankreich ist jedoch gegen eine Umschuldung Griechenlands. „Die französische Linie war bislang die Ablehnung einer Umschuldung Griechenlands und wir weichen nicht von dieser Linie ab, egal welche Bedingungen vorgeschlagen werden“, sagte Haushaltsminister François Baroin nach einem Kabinettstreffen. Damit geht der Minister auf Konfrontationskurs zu den Vorschlägen Schäubles.
Doch die französische Großbank Credit Agricole würde eine Verlängerung der Laufzeit griechischer Staatsanleihen unterstützen, sagte Unternehmenschef Jean-Paul Chifflet zu Reuters. „Ich bin sehr dafür.“ Ein solcher Schritt würde Griechenlands Wirtschaft helfen.
Bankenkompromissbereit
Auch andere internationale Großbanken schwenken auf eine Kompromisslinie ein. Die seit Tagen in der Politik diskutierte Verlängerung der Laufzeiten für griechische Staatsanleihen sei ein durchaus gangbarer Weg, sagten Vertreter von JP Morgan, Credit Suisse und RBS gestern auf einer Branchenkonferenz in Königstein bei Frankfurt. Voraussetzung sei allerdings, dass dies auf freiwilliger Basis geschehe.
„Die Banken und Gläubiger müssen mitmachen“, sagte JP-Morgan-Banker Karl-Georg Altenburg. Eine Laufzeitverlängerung alleine reiche jedoch nicht aus. Gefragt sei vielmehr ein Gesamtpaket, das Griechenland selbst nicht aus der Verantwortung entlasse und künftigen Krisen in der Eurozone einen Riegel vorschiebe.
Seine Kollegin Ingrid Hengster von der Royal Bank of Scotland pflichtete ihm bei: „Eine Laufzeitenverlängerung scheint mir persönlich das plausibelste“, erklärte sie. „Wir alle sind große Verfechter des Euroraums. Es geht darum, Ruhe reinzubekommen in die Diskussion.“
Die deutschen Großbanken hatten am Dienstag noch deutlich zurückhaltender argumentiert. Der Bankenverband erklärte zwar, die Institute würden sich einer Verlängerung der Laufzeiten für Griechen-Bonds am Ende nicht verweigern. Der Zeitpunkt für eine solche Beteiligung privater Gläubiger sei aber noch nicht gekommen.
Der sozialistische griechische Regierungschef Giorgos Papandreou kommt unterdessen auch in den eigenen Reihen verstärkt unter Druck: Arbeitsministerin Louka Katseli machte sich zur Wortführerin von Abgeordneten des Regierungslagers, die den scharfen Sparkurs wegen sozialer Härten für ärmere Bevölkerungsschichten nachjustieren möchten. „Die Abgeordneten verlangen, dass die Lasten auf die Schultern verlagert werden, die sie besser tragen können“, forderte die Ministerin im Fernsehen.
Steuerfreibeträgedoch nicht kürzen
Medienberichten zufolge erwägt die Regierung, Steuerfreibeträge nun doch nicht zu kürzen, um die unzufriedenen Hinterbänkler im Parlament ruhigzustellen. Um den Sparkurs einzuhalten, müsste die Regierung das Geld dann aber an anderer Stelle hereinholen.
Griechenland wird seit einem Jahr mit Notkrediten seiner Euro-Partner und des IWF in Höhe von 110 Milliarden Euro gestützt. Ursprünglich war geplant, dass sich Athen ab 2012 wieder Geld am Kapitalmarkt borgt. Wegen der noch immer hohen Zinsen ist das aber nicht absehbar. Deshalb soll das Finanzloch nun mit einem zweiten Hilfspaket gestopft werden. Die Rede ist von 65 bis über 100 Milliarden Euro.
Das Mittelmeerland erwartet zugleich die Auszahlung der nächsten Tranche, die allerdings von dem Prüfbericht der Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission abhängig ist
Zu Demaart
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