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Kollege Roboter

Kollege Roboter
(dpa/Tobias Hase)

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Jobverlust. Höhere Anforderungen an Arbeitnehmer. Geht es um Digitalisierung, werden Schreckensbilder beschworen. Dabei kann der Fortschritt dem Menschen auch nutzen.

Der Kollege – ein Roboter, die Dienstbesprechung am Morgen – ein Online-Formular auf dem Tablet, die Einstellung der Maschine – ein Knopfdruck. Ist von Industrie 4.0 die Rede, wird schnell ein Drohszenario beschworen: Die menschenleere Fabrik. 2016 prognostizierte eine Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) bis 2020 den Verlust von mehr als fünf Millionen Jobs weltweit. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gab hingegen Entwarnung: Nicht weniger, sondern andere Jobs seien die Folge. Sind Roboter und Software in Fabriken also Jobkiller oder nur ein großer Wandel?

Selbst Gewerkschafter räumen positive Seiten ein: «Bei allen Befürchtungen, die auch nicht unbegründet sind, gibt es auch Vorteile», sagt der Landesbezirksleiter der IG Metall in Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger. Aufgaben in ungünstigen Körperhaltungen könnten durch Roboter unterstützt oder übernommen werden. «Wenn Menschen körperliche Einschränkungen haben – durch langes Arbeiten oder eine Behinderung -, können Roboter helfen.»

Roboter erledigen den Kraftakt

Beim Maschinenbauer und Automatisierungsexperten Pilz mit Sitz in Ostfildern bei Stuttgart arbeitet man an solchen Szenarien. «Ein Beispiel ist die Schallisolierung an Autotüren», erklärt Jochen Vetter, der bei Pilz für die Sicherheit zuständig ist, wenn Mensch und Maschine Hand in Hand arbeiten. Die Isolierung werde mit einem fünf Kilogramm schweren Roller angeklebt. «Diese Aufgabe kann nun ein Roboter übernehmen.» Möglich wird das durch bewegungsempfindliche Roboter, die ohne Schutzzaun eingesetzt werden können. «Bei einem Kontakt bleibt der Roboter dann stehen», erklärt Vetter.

Der Pumpen- und Pneumatikspezialist Festo setzt den Roboter «Uschi» ein, der Dichtringe verarbeitet. Ein monotoner Arbeitsgang, der früher einhundert Mal pro Tag mit einer Fußschaltung von einem Mitarbeiter erledigt werden musste und eine besondere Belastung für die Schultern darstellte, sagt eine Sprecherin. Die Mitarbeiter hätten nun neue Aufgaben.

Auch ABB hat solche Roboter entwickelt, die mit Menschen Hand in Hand arbeiten können. «Der Roboter übernimmt stupide repetitive, aber auch körperlich anstrengende Aufgaben», sagt der Chef der Robotersparte, Sami Atiya. «Sobald der Mensch in die Nähe kommt, wird der Roboter langsamer, dann stoppt er vollständig, so dass der Mensch ihm gefahrlos ein Werkstück übergeben kann.» Der Roboter – nicht etwa der Mensch – werde damit immer mehr zur verlängerten Werkbank.

Effizienter und präziser

Fertigung im Sekundentakt, ständig wechselnde Werkstücke, die unterschiedlich bearbeitet werden müssen. Was durch die Digitalisierung möglich wird, wäre für den Menschen nur schwer zu bewältigen, sagt ABB-Manager Sami Atiya. «Menschen können mit Robotern außerdem effizienter und präziser arbeiten und in neue Bereiche vordringen, wie etwa eine Gießerei, wo Menschen aufgrund der hohen Temperaturen nur kurzzeitig arbeiten können.» Ein Roboter könne Gewichte in Sekundenabständen stemmen, ohne zu ermüden. «Speziell in der Logistik gibt es viele solcher Aufgaben, für die Roboter besser geeignet sind.»

Gleichzeitig sei der Einsatz von Robotern eine Chance, dass Produktionsstätten wieder näher an den Verbraucher heranrücken könnten, sagt Atiya. «Das ist wegen der hohen Lohnkosten in Europa, aber zunehmend auch in China, nur mit Robotern möglich.» Also ist die wachsende Digitalisierung tatsächlich kein Schreckensszenario? «Die Arbeitswelt wird sich durch die fortschreitende Digitalisierung weiter verändern», ist der ABB-Manager überzeugt.

Gewerkschafter Zitzelsberger ist bei den Jobs in der Fertigung allerdings noch relativ gelassen. «Die Gefahr, dass Jobs wegfallen, sehen wir vor allem in Verwaltungstätigkeiten – in der Buchhaltung beispielsweise», sagt er. «Umgekehrt entstehen viele spannende Jobs durch neue Dienste.»

Das wichtigste Anliegen der Gewerkschafter ist die Frage, ob ungelernte Kräfte da noch mithalten können. Auch hier kann die Digitalisierung helfen, sagt Zitzelsberger: «Die Vermittlung der notwendigen Kenntnisse kann über Apps geschehen.» Ein Beispiel sei die App «AppSist». Sie soll sich auf den Wissensstand eines Mitarbeiters einstellen und die jeweils notwendigen Informationen zur Verfügung stellen. Für jeden Job muss sie programmiert werden. Noch ist sie ein Forschungsprojekt.

Keine menschenleere Fabrik

Unruhe in der Belegschaft spürt Sicherheitsexperte Vetter deshalb noch nicht. Ein Grund könnte sein, dass noch längst nicht alle möglichen Tätigkeiten an Roboter übergeben wurden. Manuelle Tätigkeiten seien in den Beispielszenarien zu 20 Prozent automatisiert. «20 Prozent sind also von Robotern übernommen. Man hätte auch alles den Robotern überlassen können.»

Die menschenleere Fabrik sieht Vetter deshalb noch nicht. «Überall, wo man kreativ reagieren muss, zum Beispiel bei der Planung und Entscheidungen, sind wir von künstlicher Intelligenz noch meilenweit entfernt.»