Katar positioniert sich andererseits als Finanzzentrum am Arabischen Golf und sucht die Kooperation mit Luxemburg, schreibt die arabische, englischsprachige Tageszeitung „Gulf Times“.
Luxemburg findet derzeit wirtschaftlich in Katar statt. Eine Delegation mit 60 Mitgliedern aus Finanz und Wirtschaft stellt das Großherzogtum in Katar vor. Das ist bereits die zweite Delegation, nachdem im November vergangenen Jahres Wirtschaftsminister Jeannot Krecké und Erbgroßherzog Guillaume Katar einen Kurzbesuch abgestattet hatten. Während allerdings der Wirtschaftsminister von Dubai aus seinen Abstecher nach Katar machte, fliegen Finanzminister Luc Frieden und Nachhaltigkeitsminister Claude Wiseler von Katar aus zu einem Abstecher nach Dubai, um am heutigen Dienstag dann wieder in Luxemburg einzutreffen.
Ein Abkommen zur Kooperation
Im vergangenen Jahr hatten Luxemburg und Katar ein Abkommen unterzeichnet, wonach beide Länder enger zusammenarbeiten wollten und diese Zusammenarbeit auch nach außen darstellen wollten. Ein Seminar zu Investitionsmöglichkeiten in beiden Ländern am vergangenen Sonntag in Doha, Katars Hauptstadt, war die erste Verwirklichung dieses Abkommens. Dabei wurde deutlich, dass Katar deutlich mehr mit Luxemburg verbinden will als nur Abkommen zur Kooperation. Das Scheichtum am Persischen Golf befindet sich in einer anderen Entwicklungsphase als Luxemburg, sagte der Direktor der „Katar Finanz- und Wirtschaftsagentur“, Abdulrahman al-Saibi.
Die Ziele des Scheichtums seien in einem „Plan 2030“ niedergelegt, der die Entwicklung in wirtschaftlicher Hinsicht, aber auch als Finanzzentrum beschreibe. Auf industrieller Ebene will Katar in den kommen zehn Jahren 25 Milliarden US-Dollar in die petrochemische Industrie investieren.
Katar hat mit Luxemburg nicht nur ein generelles Abkommen zur Kooperation geschlossen, sondern unter anderem auch eines der beiden Zentralbanken zur Kooperation und weitere Abkommen.
Ausländische Investoren
Finanzminister Luc Frieden sagte während des Seminars am Sonntag, dass man großes Interesse ausländischer Investoren an Luxemburg sehe. Er hoffe, dass es Interesse an weiteren Investments, besonders aus der (arabischen) Gegend gäbe.
Die Beziehungen zwischen Luxemburg und Katar hätten sich in den vergangenen beiden Jahren positiv entwickelt. Er könne feststellen, dass es eine Reihe luxemburgischer Investoren gebe, für die Luxemburg das Zentrum ihrer europäischen Aktivitäten sei. Auf Nachfrage gab Frieden zu, dass man derzeit allerdings in eine Phase der Konsolidierung eingetreten sei.
Derzeit sind Luxemburg, Belgien und Katar dabei, die beiden wesentlichen Einkäufe der Kataris in Luxemburg in Verträge zu gießen.
Zu der Delegation gehörten der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Dexia BIL, Frank Wagener, der Vorstandsvorsitzende François Pauly und Vorstandsmitglied André Lecoq. Bisher gibt es zum Verkauf der BIL an die Kataris nur eine verbindliche Kaufabsicht. Noch gehört die BIL also der Dexia. Nicht geklärt zwischen Kataris und der BIL sind derzeit das Geschäftsmodell oder etwa Personalfragen. Es fehlt derzeit auch die Zustimmung der Regulatoren in Belgien und in Luxemburg. Und auch die EU-Kommission wird noch ihr Wort zu sagen haben. In Doha soll es daher zu Verhandlungen hinter der Kulisse gekommen sein.
Verkauf der BIL und der KBL
Auch der andere Luxemburger Fall ist noch nicht geregelt. Hier hatten die Kataris mit der belgischen Finanzgruppe KBC zu verhandeln, die von der EU-Kommission die Auflage erhalten hat, 25 Prozent der Bilanzsumme abzustoßen. Das entspricht der KBL, die von den Kataris übernommen werden soll.
Der Vorstandsvorsitzende der KBL war ebenfalls in Doha, um mit seinem zukünftigen Aktionär zu reden. Im Falle der KBL ist die Situation noch schwieriger als bei der BIL. Die KBL ist die Luxemburger Zentrale für Privatbanken in acht europäischen Ländern. Der Verkauf der KBL braucht daher die Zustimmung der Regulatoren in Luxemburg, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Niederlande Spanien, Schweiz, Belgien und Monaco.
Der erste Versuch, die KBL an eine indische Familie zu verkaufen, scheiterte am Widerspruch des deutschen Regulators Bafin, und der luxemburgischen Finanzaufsicht CSSF. Es gibt also genügend Diskussionsbedarf zwischen beiden Ländern.
Indirekt ist Luxemburg auch von dem betroffen, was sich derzeit in der Türkei abspielt. Die Deniz Bank, wie die BIL eine Tochtergesellschaft der Dexia, steht zum Verkauf. Nach dem Rückzug der HSBC als Interessent gibt es nun nur noch Katar als Interessenten. Sollten die Kataris die Deniz Bank wirklich übernehmen, bräuchten sie eine Holding-Struktur zur Führung ihrer europäisch-asiatischen Bankengruppe. Zu klären wäre auch, welche Strategie Katar bei den beiden luxemburgischen Banken einschlägt.
Luftfahrt
Es gibt einen weiteren Berührungspunkt zwischen Luxemburg und Katar. Dabei handelt es sich um die Luftfahrt. Qatar Airways hält 35 Prozent am Kapital der Cargolux. Die BIL hält 13 Prozent am Kapital der Luxair. Was wird das werden?
Die Beziehungen zwischen Katar und Luxemburg sind in den vergangenen beiden Jahren intensiv geworden. Aber erst nach und nach wird deutlich, wie tief sie mittlerweile sind. Man darf davon ausgehen, dass es in der Zukunft eine Reihe von Geschäftsreisen zwischen Luxemburg und dem Scheichtum am Persischen Golf geben wird.
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