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US-Bank in Erklärungsnot

US-Bank in Erklärungsnot
(Justin Lane)

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Die US-Großbank Wells Fargo scheffelt fast jedes Quartal Milliardengewinne. Allerdings wurden dabei nicht immer die Regeln eingehalten, wie sich nun herausstellt.

Wells Fargo gilt als Musterknabe unter den US-Großbanken – bisher. Das auf Hypotheken spezialisierte Geldhaus ist weit weg von der Wall Street, was nicht nur daran liegt, dass es seinen Hauptsitz in San Francisco hat. Lange ging das Klischee in etwa so: hier die Vorzeigebank mit dem harmlosen Massengeschäft für Kleinsparer und Häuslebauer, dort die Zocker der Investmentbanken mit ihren dubiosen Finanzwetten für Großverdiener.

Doch dann kam diese unangenehme Sache mit den Scheingeschäften. Mitarbeiter haben über Jahre hinweg mehr als zwei Millionen unautorisierte Spar- und Kreditkarten-Konten für Kunden eröffnet. Das ist das Ergebnis einer internen Untersuchung. Damit hat nun auch Wells Fargo seinen eigenen Skandal am Hals. Und der wirft gar kein gutes Licht auf die vermeintlich so vorbildliche Unternehmenskultur. Inzwischen soll sogar die US-Justiz ermitteln, wie das «Wall Street Journal» (Donnerstag) unter Berufung auf Insider berichtet.

Zuvor hatte sich bereits Finanzminister Jack Lew eingeschaltet. «Diese Verhaltensmuster müssen abgestellt werden», sagte der US-Spitzenpolitiker am Dienstag bei einer Konferenz in New York. Dass Firmen oder Einzelpersonen sich durch Betrug an ihren Kunden bereichern, sei «inakzeptabel». Vor wenigen Tagen erst hatten US-Behörden Wells Fargo eine Strafe über 185 Millionen Dollar (aktuell rund 165 Mio Euro) aufgebrummt. Zudem sollen fünf Millionen Dollar als Entschädigung an die betroffenen Kunden fließen.

«Diese Verhaltensmuster müssen abgestellt werden»

Die Konten seien heimlich fingiert worden, «um Verkaufsziele zu erreichen und Boni einzustreichen», sagte Richard Cordray, Direktor der US-Verbraucherschutzbehörde Consumer Financial Protection Bureau (CFPB). Wegen der «Schwere der Vergehen» müsse Wells Fargo die höchste Strafe zahlen, die das CFPB je verhängt habe. Nun wird in den USA diskutiert, wie hoch der Leistungsdruck eigentlich sein muss, damit Mitarbeiter in großem Stil zu solch krassen Methoden greifen.

Etwa 5.300 Angestellte sind im Zuge des Skandals bereits gefeuert worden. «Es gab keine Anreize, schlechte Dinge zu tun», betont Vorstandschef John Stumpf indes. Die Unternehmenskultur sei intakt. Doch die Praxis war so verbreitet, dass viele Beobachter an dieser Darstellung zweifeln. Zumal US-Medien wie die «LA Times» schon vor Jahren über die Machenschaften berichtet hatten.

Im Zentrum der Affäre steht eine als «cross selling» bekannte Verkaufsstrategie, die nicht nur bei Banken sehr verbreitet ist. Die Idee ist simpel: Kunden, die bereits ein Konto haben, werden zum Kauf anderer Finanzprodukte gedrängt. Oft geht es darum, die Leute aus den für Banken ertragsarmen Standardangeboten wie Giro- und Sparkonten oder Kreditkarten in profitablere Bereiche wie Hypotheken oder Fonds zu locken. Im Nachhinein scheint es kaum ein Zufall zu sein, dass Wells Fargo in dieser Disziplin über Jahre große Erfolge hatte.

Zinsmanipulationen bis hin zu Geldwäsche

Verglichen mit den Milliarden-Strafen, die Großbanken in den letzten Jahren für diverse krumme Geschäfte – von Hypothekenschwindel vor und während der Finanzkrise über Zinsmanipulationen bis hin zu Geldwäsche – zahlen mussten, kommt Wells Fargo glimpflich davon. Das sorgt für Kritik, das Magazin «The New Yorker» bewertet das relativ geringe Bußgeld wegen seiner fehlenden Abschreckungskraft sogar als Aufsichtsversagen. Die Bank zahle nur einen kleinen Bruchteil dessen, was sie dank der aggressiven Verkaufsmethode verdient habe.

Für Wells-Fargo-Boss Stumpf hat der Fall allerdings noch weitere Konsequenzen. Der Mann, der letztes Jahr vom Analysehaus Morningstar und 2013 vom Branchendienst Euromoney zum «Banker des Jahres» gekrönt wurde, muss am 20. September vor dem US-Senat aussagen. Der Bankenausschuss um die in der Finanzbranche gefürchtete Demokratin Elizabeth Warren ist erzürnt. «Wie kann es sein, dass über 5000 Mitarbeiter mehr als fünf Jahre lang Kunden anschwindeln konnten?», fragen sich die Politiker. Bankchef Stumpf hat einiges zu erklären.