Die Angst geht um im Hunsrück. Legt der flügellahme Airport Hahn eine Bruchlandung hin? Gehen Tausende Jobs verloren? Befürchtungen und Hoffnungen, Neuigkeiten und Spekulationen, alles mischt sich in der Region. Geht der Flughafen pleite, verliert er seine begehrte Nachtfluggenehmigung, endet er als Gewerbepark? «Das würde meine Familie und mich hart treffen, wenn keine Passagiere mehr kommen würden», sagt Taxifahrer Viktor Keksel vorm Terminal B. «Ich habe mich mit einem Geschäftspartner selbstständig gemacht. Wir haben zwei Angestellte. Es ist hier sehr schwer, den Mindestlohn von 8,50 Euro zu zahlen.»
Der Flughafen Hahn gehört zum Großteil dem Land Rheinland-Pfalz und zum kleinen Teil Hessen. Seit Jahrzehnten schreibt er rote Zahlen. Ein erster Verkaufsversuch platzte im Juli wegen mutmaßlichen Betrugs eines chinesischen Investors. Nun gibt es einen zweiten Anlauf mit 13 Bietern. Von nächster Woche an sollen Gespräche mit ihnen laufen, bis es um verbindliche Angebote der Interessenten geht.
«Es muss weitergehen»
Günter Simon klaubt vorm Terminal B Abfall vom Boden. Der Mitarbeiter der Flughafengesellschaft versucht, sich selbst Mut zu machen: «Wenn sie hier zumachen, dann stehen so viele Leute auf der Straße. Das geht nicht. Es muss weitergehen.» Er bleibe trotz allem optimistisch.
Auch sein oberster Chef, Hahn-Geschäftsführer Markus Bunk, versichert: «Ich bin grundsätzlich optimistisch.» Er verweist auf die kürzlich unterschriebene Vertragsverlängerung mit dem Billigflieger Ryanair und die jüngste positive Prognose von Wirtschaftsprüfern für den Verkauf. Nach derzeitigem Stand könnte der Flughafen auch ein staatliches 34-Millionen-Euro-Darlehen als Zwischenlösung abrufen.
Bunk rechnet nach eigenen Worten in diesem Jahr mit einem leichten Minus bei der Zahl der Passagiere. «Von 2015 auf 2016 wird es einen kleinen Rückgang geben. Wichtig ist, dass wir nicht um zehn Prozent abstürzen. Das ist im Moment nicht ersichtlich.» Zuvor war der Trend leicht positiv: Auf 2,45 Millionen Passagiere im Jahr 2014 folgten 2,67 Millionen im vergangenen Jahr.
Flughafen Luxemburg
Der Platzhirsch im Hunsrück, Ryanair, will von Ende Oktober an auch erstmals den nur 100 Kilometer entfernten Flughafen Luxemburg in sein Programm aufnehmen. Im Gegenzug verringern die Iren am Airport Hahn nach Bunks Aussage wohl geringfügig ihr Angebot. «Das belastet uns natürlich.» Zudem baue die Airline ihren Standort Köln/Bonn massiv aus – werde dort aber auch sehr viele Neukunden anlocken.
Zugleich wachse am Hahn jedoch die ungarische Airline Wizz Air mit Routen vorrangig gen Osten bei der Passagierzahl, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau. «Der Anteil von Ryanair an unserem Passagiergeschäft beträgt nicht mehr wie vor einigen Jahren 95 Prozent, sondern mittlerweile nur noch 83 Prozent», erklärt Bunk. Deutlich eingebrochen ist derweil aber das Frachtgeschäft.
Im nahen Lautzenhausen berichtet Michael Willwerth, er habe in seine zwei Hotels und andere Unternehmen Millionen investiert. «Für uns ist der Flugbetrieb existenziell. Natürlich habe ich Angst.» Der Hahn habe aber auch seine Stärken. «Vieles ist hier größer als bei anderen kleinen Flughäfen», sagt der Unternehmer in einem seiner Hotels, einer einstigen Dorfschule. Die Politik müsse endlich das Potenzial des Airports besser vermarkten. «Ich traue der (regierenden) SPD nicht zu, den richtigen Bieter rauszusuchen.» Das habe schon das frühere Finanzdebakel am Nürburgring in der Eifel gezeigt.
Optimistisch gibt sich Michael Gorges, Mitarbeiter einer Autovermietung am Flughafen: «Der überwiegende Teil der Bieter plant eine Fortsetzung des Flugbetriebs.» Diese würden im zweiten Anlauf sehr genau geprüft. Er selbst übernähme schlimmstenfalls einfach woanders eine andere Filiale seines großen Unternehmens.
Ähnlich äußert sich eine Hotel-Rezeptionistin am Flughafen, die ungenannt bleiben will: «Schlimm ist es hier für die, die investiert haben und Kredite zurückzahlen müssen. In meinem Fall würde ich nur in ein anderes Hotel unserer Gruppe wechseln.» Mit Blick auf den gescheiterten Verkauf des Flughafens an eine obskure Firma in Schanghai mit einem mutmaßlich gefälschtem Bankbeleg kann die Angestellte nur den Kopf schütteln: «Das war Blödsinn. Ich verkaufe doch auch kein Auto, ohne zu wissen, ob der Käufer Geld hat.»
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