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Kuba, neues «El Dorado»?

Kuba, neues «El Dorado»?
(Reuters/Enrique de la osa)

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Seit dem Ende der Eiszeit zwischen Kuba und den USA ist das Interesse ausländischer Geldgeber an dem sozialistischen Karibikstaat gewachsen.

Im fünften Stock des Art-déco-Hauses in Havanna ist noch nicht viel Betrieb. Das Gebäude hat schon bessere Tage erlebt – in der einstigen Firmenzentrale des früheren kubanischen Rumherstellers und heutigen Weltkonzerns Bacardí bröckelt an einigen Stellen der Putz von den Wänden.

Der neue Mieter, das deutsche Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Rödl & Partner, hofft aber bald auf gute Geschäfte in dem sozialistischen Karibikstaat.

Kubanischer Markt öffnet sich

Die Berater setzen auf das wachsende Interesse für den sich öffnenden kubanischen Markt – auch in Deutschland. Denn auf Kuba herrscht gerade Aufbruchstimmung. Die Wende in den Beziehungen mit den USA vor einem Jahr lockt nicht nur amerikanische Firmen auf die Insel, sondern lässt auch Europäer aufhorchen.

Seit Jahren wagt Kuba Stück für Stück immer mehr Kapitalismus – nun scheinen mit der Annäherung an Washington auch die politischen Signale zu stimmen.

Erfahrungen durch die DDR

Rödl & Partner glaubt, mit seiner Erfahrung am richtigen Ort zu sein. Das Unternehmen arbeitete nach dem Fall der Mauer jahrelang in Staaten des ehemaligen Ostblocks, erklärt der Leiter der neuen Niederlassung in der kubanischen Hauptstadt, Andreas Voß.

Man kenne also die Herausforderungen in einem Land, das gerade auf die freie Marktwirtschaft umstelle. Erst im Oktober eröffnete das Unternehmen aus Nürnberg die Außenstelle in der kubanischen Hauptstadt. «Unsere Kunden sind der deutsche Mittelstand», sagt Voß.

Tourismussektor bei Investoren beliebt

Bei ausländischen Investoren ist Kuba seit Jahren vor allem im Tourismussektor beliebt. Die allmähliche Öffnung biete nun weitere Chancen, etwa im Bauwesen oder im Infrastrukturbereich, glaubt Voß. Nach Jahrzehnten der Verwahrlosung besteht in dem Land ein immenser Nachholbedarf.

Hoffnungen setzt Voß auch auf den Bereich der erneuerbaren Energien. Dort seien in Lateinamerika allerdings auch die Chinesen stark im Kommen.

Ende einer Eiszeit

Seit dem Ende der Eiszeit zwischen Washington und Havanna im Dezember 2014 sind auch Dutzende US-Firmenvertreter in das Land gereist. Gouverneure und Wirtschaftsdelegationen aus landwirtschaftlich geprägten US-Bundesstaaten wie Texas oder Arkansas klopften ebenfalls bei den Castro-Brüdern an.

Die Insel kann seit langem ihren eigenen Lebensmittelbedarf kaum abdecken. Reis und Bohnen etwa werden oft teuer aus Brasilien oder Asien importiert.

Noch nicht viel passiert

Trotz des großen Interesses aus dem Ausland ist noch nicht viel passiert auf Kuba. Große Investitionen werden nur zögerlich und oft mit massiven Auflagen zugelassen.

Im Land bereits tätige Auslandsunternehmen dürfen beispielsweise ihr örtliches Personal nicht direkt einstellen – dies erfolgt nur über den kubanischen Staat, der gleich einen beträchtlichen Anteil der bezahlten Löhne für diese Vermittlung einkassiert.

Sonderwirtschaftszone Mariel

Auch in der vor zwei Jahren mit großen Erwartungen aus der Taufe gehobenen Sonderwirtschaftszone von Mariel geht es nur langsam voran. Erst eine Handvoll ausländischer Firmen hat sich in der rund 40 Kilometer westlich von Havanna gelegenen Hafengemeinde niedergelassen.

Zu viel Bürokratie, zu viele Auflagen, beschweren sich viele Interessenten hinter vorgehaltener Hand.
Der zögerliche Fortschritt lässt sich mit alten antikapitalischen Reflexen erklären.

Aus Kommunisten sollen Kapitalisten werden

In der Regierung von Staatschef Raúl Castro gebe es viele, die Widerstand aus ideologischen Gründen leisten würden, aber auch, «um Interessen zu schützen», glaubt etwa Michael Shifter von der US-Denkfabrik «Interamerikanischer Dialog» in Washington.

Ihnen gehe es darum, die Kontrolle nicht zu verlieren.
Und schließlich spiele auch das – trotz aller Annäherung – noch nicht ganz überwundene Misstrauen gegenüber den USA eine Rolle bei vielen kubanischen Funktionären. «Sie versuchen gerade rauszufinden, wie sie auf das große US-Interesse reagieren sollen», vermutet Shifter.