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Bittere Kindheit auf den Kakaoplantagen

Bittere Kindheit auf den Kakaoplantagen
(Tageblatt-Archiv)

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Hinter der süßen Schokolade steckt eine bittere Wahrheit: Hunderttausende Kinder schuften weltweit als Arbeitssklaven ohne jegliche Rechte auf den Plantagen der Großgrundbesitzer, sie werden Opfer von Menschenhändlern und kommen nie in den Genuss auch nur elementarster Schulbildung.

Die Lust auf Schokolade ist in unseren Breiten ungebremst. Gerade im Dezember zu Nikolaus und zu Weihnachten geht der Konsum von Kakaoprodukten in Luxemburg traditionell stark in die Höhe. Doch was viele Konsumenten nicht wissen ist, dass der Kakao oft unter den unmenschlichsten Bedingungen hergestellt wird.

Aus den beiden afrikanischen Ländern Elfenbeinküste und Ghana kommt über die Hälfte der weltweiten Produktion des Schokoladengrundstoffes. Doch gerade in diesen Ländern ist es gang und gäbe, die Rechte von Kindern auf den Plantagen der Großgrundbesitzer mit den Füßen zu treten. Hunderttausende von ihnen werden zu Opfern von Menschenhändlern.

Nach den Zahlen des Luxemburger Vereins für den fairen Handel, TransFair Minka, arbeiteten allein in der Elfenbeinküste im Jahre 2010 rund 270.000 Kinder zwischen neun und 16 Jahren auf den Kakaoplantagen. „Früher haben oft Wanderarbeiter auf den Plantagen gearbeitet“, so Jean-Louis Zeien, Präsident von TransFair Minka. „Heute hingegen werden Kinder für 200 Dollar gekauft und müssen als Sklaven auf den Plantagen arbeiten.“

Schwere Verletzungen mit Todesfolge

Aus den Zahlen von TransFair Minka geht auch hervor, dass 94 Prozent dieser Kinder mit gefährlichen Werkzeugen wie Macheten hantieren, 80 Prozent müssen schwere Lasten tragen. Das führt sehr häufig zu schweren Verletzungen, oftmals sogar mit Todesfolge. Langzeitfolgen sind schwere Verformungen vor allem der Wirbelsäule.

Diesen Kindern wird aber auch ihr Recht auf Schulbildung vorenthalten. Auch das hat schwerwiegende Langzeitfolgen. In diesem Zusammenhang kritisiert TransFair Minka besonders, dass die vor zehn Jahren unterschriebene Absichtserklärung der Kakao- und Schokoladenindustrie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, bislang nur ein leeres Versprechen geblieben ist.

„10 Campaign“

Nach dem Scheitern dieser Absichtserklärung haben verschiedene Nichtregierungsorganisationen die Kampagne „10 Campaign“ ins Leben gerufen, mit der die Kinder- und Zwangsarbeit in der Kakaoproduktion bekämpft werden soll.

Der Kakao und Schokoladenmarkt ist ein riesiger. Allein im Jahr 2010 setzte die Branche nach Angaben von TransFair Minka weltweit fast 80 Milliarden US-Dollar um. Die Nachfrage auf dem Weltmarkt von derzeit 3,5 Millionen Tonnen jährlich dürfte nach Branchenschätzungen bis 2020 auf 4,5 Millionen Tonnen steigen. Grund dafür ist der steigende Appetit nach Schokolade aus den Schwellenländern.

US-Gesetz

Der faire Handel mit Kakaoprodukten versucht der ausbeuterischen Arbeit auf den Plantagen entgegenzuwirken. „Freiwillige Erklärungen haben zu nichts geführt“, so Zeien weiter. „Leider hat vor einem Jahrzehnt massive Lobbyarbeit der Schokoladenindustrie dazu geführt, dass im US-Senat ein Gesetz verhindert wurde, das es den Herstellern verboten hätte, Kakao von Produzenten zu beziehen, die nachweislich auf Kinderarbeit zurückgreifen.“

Beim fairen Handel kommen nur Produzenten zum Zug, die hohe Mindeststandards bei den Menschen- und Arbeitnehmerrechten einhalten. Immerhin sind 40 Millionen Menschen weltweit von der Kakaoproduktion abhängig. Bei fair gehandelten Produkten bekommen die Kleinbauern in den Erzeugerländern eine Fairtrade-Prämie für Investitionen von 200 US-Dollar pro Tonne und einen garantierten Minimalpreis von 2.000 Dollar.

Auch in Luxemburg gibt es fair gehandelte Schokolade im Einzelhandel. Mehr zum Thema gibt es auf der Webseite von TransFair Minka.

(Stefan Osorio-König/Tageblatt.lu)