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Amerikaner trauen dem Dollar nicht mehr

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Inflationspanik treibt US-Politiker zu ungewöhnlichen Forderungen. Sie wollen Gold als Zahlungsmittel zulassen. Für die Notenbanker ein Schlag ins Gesicht.

Bald reicht ein Dollar womöglich nicht mal mehr aus, um beim Händler an der Ecke ein paar Gramm Jelly-Belly-Süssigkeiten zu kaufen. Die US-Bevölkerung fürchtet sich vor der Inflation – und dies nicht unbegründet. Das Haushaltsdefizit der USA hat im Februar mit 222,5 Milliarden Dollar einen monatlichen Rekordwert erreicht; der gesamte Schuldenberg beträgt mittlerweile mehr als 14,3 Billionen Dollar.

Wegen des Inflationsgespensts greifen US-Politiker zu ungewöhnlichen Massnahmen. So hat das Parlament im konservativen Bundesstaat Utah Gold und Silber als Zahlungsmittel legalisiert. Die Stimmung hat sich aber nicht nur im konservativen Mormonenstaat gegen den Dollar und die expansive Geldpolitik von US-Notenbankchef Ben Bernanke gewendet.

Bestrebungen für die Legalisierung von Gold und Silber als Währung gibt es in 13 Bundesstaaten, darunter Colorado, Oklahoma, Tennessee und Washington. Die Gesetzesentwürfe sind unterschiedlich, die Absicht dahinter ist dieselbe: Man traut der Notenbank und ihrer Geldmengenausweitung nicht mehr über den Weg und will sich auf eine eigene, harte Währung verlassen.

US-Geldpolitik unterwandert

«Die Bestrebungen nach der Einführung von Gold als Zahlungsmittel sind ein Schlag ins Gesicht des Fed», sagt ZKB-Währungsökonomin Susanne Toren zu 20 Minuten Online. Mit einer Parallelwährung würde die US-Geldpolitik unterwandert, eine vernünftige Geldpolitik sei danach fast unmöglich.

Verlangen Händler plötzlich, in Gold statt in Dollar bezahlt zu werden, tritt für die USA ein Worst-Case-Szenario ein. «Wegen dieses Vertrauensverlusts würde der Wert des US-Dollars massiv sinken», sagt Toren. Das dürfte das ganze Währungsgefüge durcheinanderwirbeln. US-Staatsanleihen, die vorab von China und Japan gehalten werden, würden massiv an Wert verlieren. Zudem müssten die USA für neue Anleihen plötzlich grosse Risikoaufschläge zahlen.

Silberlinge statt Bankkonto

Ob ein US-Bauherr sein Häuschen in Salt Lake City bald in Gold bezahlt, ist aber höchst ungewiss. Noch kann in Utah – wo das «Gold-Gesetz» am weitesten fortgeschritten ist – der Gouverneur sein Veto einlegen. Ein Teil der Einwohner hat die Vorbereitungen aber längst getroffen. Die «Salt Lake City Tribune» berichtete von einem Gold- und Silberrausch und wie Bewohner in ihren Häusern Silbermünzen versteckten, statt das Geld auf Bankkonten zu horten.

Für Währungsexpertin Toren ist klar, dass sich das Fed gegen die Tendenzen, Edelmetalle als offizielle Zahlungsmittel zuzulassen, wehren wird. «Die Anti-Inflationsbemühungen werden verstärkt», sagt Toren. Notfalls müsste das Fed seine expansive Geldpolitik eher und bestimmter als beabsichtigt zurückschrauben. Eine Inflationspanik hält die Ökonomin aber für übertrieben. Bis auf Weiteres übten die US-Löhne stark preisdämpfenden Einfluss aus.

Gold als heimliche Währung

Dass sich Gold zur heimlichen Währung mausern kann, zeigt das Beispiel Vietnam. Laut der Vietnam Gold Traders Association befinden sich in den Händen Privater 400 Tonnen Gold. Die Bürger horten das Edelmetall, weil sie das Vertrauen in ihre Landeswährung Dong verloren haben. Das kommt nicht von ungefähr: Im März erreichte die Teuerung mit über 12 Prozent ein Zwei-Jahres-Hoch.

Von solchen Werten sind die USA noch weit entfernt. Die US-Notenbank hat aber jüngst betont, die Teuerungsentwicklung genau im Auge behalten zu wollen. Der Grund: Die Inflationserwartungen sind jüngst auf 4,5 Prozent und darüber geschnellt. Die Befürworter von Gold und Silber als Zahlungsmittel dürften sich in diesen Prognosen bestärkt sehen.