Luxemburger Fußballer aus BrasilienZurück zu den Wurzeln

Luxemburger Fußballer aus Brasilien / Zurück zu den Wurzeln
Bernardo Schappo spielt derzeit noch für die U20 von Ituano FC Foto: privat

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Zwei brasilianische Profifußballer sind seit ein paar Monaten im Besitz der luxemburgischen Staatsangehörigkeit. Die Vorfahren von Bernardo Schappo (Ituano FC) und Gustavo Hemkemeier (Toledo CW) wanderten im 19. Jahrhundert nach Südamerika aus. Beide machten Gebrauch von der Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen und hoffen jetzt auf einen Anruf von Nationaltrainer Luc Holtz.

Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts beschlossen einige Luxemburger, nach Brasilien auszuwandern. Im Gepäck war die Hoffnung auf ein besseres Leben. Es waren vor allem Bauern aus dem Norden des Landes, die diesen Schritt wagten. Nicht alle kamen in Südamerika an. 1828 entschied der damalige brasilianische Kaiser Dom Pedro I., keine europäischen Einwanderer mehr aufzunehmen. Mit zerstörten Träumen und ohne Geld kehrten die Luxemburger aus Bremen zurück, wo sie ein Schiff in die neue Heimat hätte bringen können. Von der Luxemburger Regierung wurden diese Rückkehrer in der heutigen Gemeinde Wahl untergebracht. Das neue Dorf wurde „Nei Brasilien“ genannt.

Für die Luxemburger, denen die Überfahrt gestattet wurde, begann ein neues Leben in Brasilien. Zusammen mit den deutschen Auswanderern siedelten sie sich vor allem in den südlich gelegenen Bundesstaaten Santa Catarina, Rio Grande do Sul  und Parana an. Mit der Zeit wurden die Ursprünge vergessen. Aus Luxemburgern wurden Brasilianer. Viele von ihnen gingen später sogar davon aus, dass sie deutscher Abstammung sind.

Das änderte sich 2009, als in Luxemburg ein neues Gesetz gestimmt wurde. Seitdem können Nachkommen in direkter väterlicher oder mütterlicher Linie eines Vorfahren, der am 1. Januar 1900 die luxemburgische Staatsbürgerschaft besaß, die luxemburgische Staatsbürgerschaft wieder erwerben. Der Pass wird ausgestellt, ohne dass dessen Empfänger einen Sprachtest absolviert oder jemals im Großherzogtum gelebt haben muss. Allein 2019 stellten 2.117 Brasilianer einen Antrag auf Erlangung der luxemburgischen Staatsangehörigkeit. In den sozialen Netzwerken sind mehrere Vereinigungen vertreten, die auf die neue Möglichkeit aufmerksam machen und bei den ersten Schritten behilflich sind.

Unter den Antragstellern waren auch die beiden Profifußballer Bernardo Schappo und Gustavo Hemkemeier. Die Vorfahren des Erstgenannten kommen aus Munshausen bei Clerf. Die Großfamilie Schappo hat sogar eine eigene Facebook-Seite. Hemkemeier ist hingegen ein deutscher Nachname. Doch der Stammbaum ermöglichte es auch Gustavo, die luxemburgische Staatsangehörigkeit zu beantragen.

Hemkemeier reiste vor etwas mehr als einem Jahr nach Luxemburg, um sich zusammen mit seinem Vater die neuen Papiere abzuholen. „Wenn ich in Europa Profi werden will, ist die Staatsangehörigkeit ein großer Vorteil. Außerdem eröffnete es mir die Chance, für Luxemburg zu spielen“, sagt der 22-Jährige. Bei der FLF hat sich der technisch starke Spielmacher noch nicht gemeldet. „Das werde ich aber sehr bald tun. Derzeit konzentriere ich mich darauf, mich zu verbessern und mich bei meinem Verein durchzusetzen. Aber ich habe die Ergebnisse der luxemburgischen Nationalmannschaft zuletzt immer verfolgt“, sagt Hemkemeier. Der Zehner wurde u.a. bei Vorzeigeklub Internacional Porto Alegre ausgebildet und trägt derzeit wieder das Trikot seines Heimatvereins Toledo Esporte Clube. Mit dem Klub aus dem Bundesstaat Parana hat er gerade die zweite Division der Regionalmeisterschaft auf dem zweiten Platz abgeschlossen. „Ich war zufrieden mit meiner und der Leistung der Mannschaft.“

Im Mai beginnt für Hemkemeier und Toledo – falls die Corona-Krise sich nicht weiter ausweitet – die Meisterschaft. Der südbrasilianische Verein geht in der Serie D, der vierten Division, an den Start. Die Liga besitzt Profistatus. Hemkemeier hat jedoch ganz andere Ziele. „In Brasilien kann ich wahrscheinlich irgendwann in der zweiten Liga spielen, wenn alles gut läuft. In Europa reicht es für mich derzeit noch nicht für eine Topliga, aber das kann ja noch kommen“, sagt Henkemeier. Ein Klub in Europa würde ihm auf jeden Fall die Annäherung an die FLF-Auswahl erleichtern.

Ich werde mich sehr bald beim luxemburgischen Verband melden

Gustavo Hemkemeier, Spielmacher von Toledo CW

Bernardo Schappo ist 20 Jahre alt, Innenverteidiger und gehört derzeit zu den vielverspechendsten Talenten bei Ituano FC. Beim Verein aus dem Bundesstaat São Paulo, der zurzeit in der dritten brasilianischen Liga spielt, gehört Schappo in der im Mai beginnenden Saison zum Kreis der Profimannschaft. 2019 war er Stammspieler bei der U20 und kam auf 27 Einsätze und vier Tore. Schappo hat die luxemburgische Staatsangehörigkeit beantragt und wird sie in Kürze erhalten. Ein Interview mit dem talentierten Abwehrspieler war geplant. Da die Spieler des Ituano FC wegen des Coronavirus gestern freigestellt wurden und Schappo sofort einen Flug in seine Heimatstadt Biguaçu (Bundesstaat Santa Catarina) nahm, kam das Gespräch jedoch nicht zustande.

Bereits bei der FLF vorgespielt hat der 16-jährige Lucca Andrioli, der momentan bei Esporte Clube Juventude in der südbrasilianischen Stadt Caxias do Sul seine fußballerische Ausbildung erhält. Beim 4:3-Sieg im Testspiel gegen die belgische U16 erzielte der Neu-Luxemburger sein erstes Tor. Es war wahrscheinlich nicht der letzte Treffer eines Auswanderers, der zu seinen Wurzeln zurückfand.

Steckbriefe

Bernardo Schappo
Geboren am 22.3.1999 in Biguaçu (Brasilien)
Größe: 1,91 Meter
Position: Innenverteidiger
Bisherige Vereine: Ituano FC (Brasilien)

Gustavo Hemkemeier
Geboren am 19.7.1997
Größe: 1,77 Meter
Position: Offensives Mittelfeld
Bisherige Vereine: Toledo EC, Internacional Porto Alegre, Toledo EC, Prospera, Brusque FC, Guarani-SC, Toledo EC (alle Brasilien)

Lucca Andrioli
Geboren am 3.3.2004
Position: Mittelfeldspieler
Bisherige Vereine: Esporte Clube Juventude (Brasilien)

Gustavo Hemkemeier ist der Spielmacher des Viertligisten Toledo Esporte Clube
Gustavo Hemkemeier ist der Spielmacher des Viertligisten Toledo Esporte Clube Foto: privat