„Wir wollten natürlich zeigen, was Stahl alles kann“, meint Lakshmi Mittal gegenüber dem Tageblatt.
Öffentliche Wahrnehmung
„Wir wollten etwas Kühnes entwerfen.“ Mit dieser Erklärung stemmen sich die beiden Entwerfer des „ArcelorMittal Orbit“, Anish Kapoor und Cecil Balmond, gegen die vielen Kritiken.
In der Tat steht Großbritanniens größter Kunstgegenstand seit Monaten in der Kritik der Öffentlichkeit.
„Kolossal und unvollkommen“ sei der Turm, meint etwa der Guardian, und so manche in London und in der weiten Welt fragen sich, ob „Orbit“ nun Londons Eiffelturm oder neuer Schandfleck ist.
Eine Frage, die durchaus Sinn ergibt, denn der Aussichtsturm im Olympiapark soll die Olympischen Spiele überdauern und das neue Londoner Viertel Stratford in den kommenden Dekaden prägen.
„Entweder man mag unsere Skulptur, oder eben nicht. Das ist immer so“, meinte Anish Kapoor anlässlich der Eröffnungsfeier vor einer Woche.
Bei der öffentlichen Präsentation versuchte die Pressestelle von ArcelorMittal, die Diskussion um die Schönheit des Werkes denn auch zu entkräften.
Einst habe Victor Hugo, stellvertretend für die vielen Kritiker, auch Gustave Eiffels Turm in Paris als ein sehr hässliches Gebäude beschimpft.
„Die Wahrnehmung eines Werkes wandelt sich mit der Zeit“, erklärte Anish Kapoor. „Man muss sich immer erst an etwas Neues gewöhnen.“
„Der Turm erfüllt mich allerdings auch mit Stolz, da weltweit die verschiedensten ArcelorMittal-Werke Stahl für den Orbit geliefert haben.“
Die Idee, ein Wahrzeichen für die Olympischen Spiele in London und darüber hinaus zu erschaffen, soll auf ein kurzes Gespräch vor drei Jahren zwischen Lakshmi Mittal und Londons Bürgermeister Boris Johnson in der Garderobe des Weltwirtschaftsforums in Davos zurückgehen. „Der reichste Brite“, wie Lakshmi Mittal des Öfteren bezeichnet wird, hat die Kosten für den Bau des Orbit-Turms übernommen, übergibt den Turm aber jetzt an die Gesellschaft, welche sich um das Vermächtnis der Spiele kümmern soll.
Aushängeschild
Lakshmi Mittal schenkt nicht nur London ein Wahrzeichen. Da während der Spiele Millionen Menschen vor Ort oder vor dem Fernseher den Turm sehen werden, ist der Turm – ob man ihn denn nun schön findet oder nicht – ein Aushängeschild dafür, welche waghalsigen Projekte man mit Stahl erreichen kann. Und – last but not least – Lakshmi Mittal setzt sich selber ein Denkmal in seiner Wahlheimat London.
Der Orbit sorgt seit längerem für Gespräch. Der neueste Aufreger in London ist der Preis von 25 britischen Pfund, den man zahlen muss, um auf den Aussichtsturm hochfahren zu können.
1.500 Tonnen Stahl
Die Konstruktion des Orbit ist nicht nur gewagt, sondern liefert auch einige interessante Geschichten. Ein guter Teil der rund 1.500 Tonnen Stahl des Orbit stammt aus Belval. Dass hunderte Menschen an der Konstruktion beteiligt waren, steht außer Zweifel, doch lediglich vier Arbeiter waren an der Montage beteiligt.
Mat Colli, einer der vier Monteure, sagte dem Tageblatt gegenüber: „Die Montage war deshalb so außergewöhnlich, da wir kein Baugerüst benutzt haben. Am gefährlichsten war es, wenn der Wind blies. Wir mussten ein ums andere Mal die Montage dadurch unterbrechen.“
Um eben jenem Wind standzuhalten, wurde im Turm ein Ausgleichpendel angebracht. „Der Turm schwankt an der Spitze so um die 20 bis 30 Zentimeter, je nach Windstärke“, erklärt Chefingenieur Pierre Engel.
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