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Vorfahrt für Talente

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Drei Themen beschäftigen Fußball-England in diesen Tagen: der definitive Bericht zum Hillsborough-Desaster mit 96 Toten vor 23 Jahren in Sheffield, die Rückkehr zum Alltag der Premier League und die Fassungslosigkeit über den dritten Platz Englands in der FIFA-Weltrangliste.

Beim Hillsborough-Bericht kommt die Polizei schlecht weg, in der Meisterschaft Wigan, Reading und Southampton, bei der FIFA-Rangliste derjenige, der diesen Punktemodus erfunden hat. Gut möglich, dass ist es die gleiche Person ist, welche die Computersteuerung der Gepäckausgabe in London-Heathrow oder die Elektronik des Aston Martin Lagonda programmiert hat.

Würde die Tennis-Weltrangliste nach den Rechenvorgaben der FIFA aufgestellt, wäre Björn Borg noch immer Nummer eins, John McEnroe in der „Rock’n’Roll Hall of Fame“ und Steffi Graf hätte eine neue Nase.

Nach dem Sieg über Moldawien, eine Fußballmacht, die bisher noch nie gegen Brasilien oder Argentinien verloren, geschweige denn gespielt hat, und trotz des Unentschiedens gegen die Ukraine hat England selbstverständlich seinen dritten Platz in der FIFA-Rangliste konsolidiert. Der Vierte, vermutlich die Fidschi-Inseln, könnte sich aber mit einem Kantersieg gegen Nordkorea etwas heranarbeiten, was angesichts deren Ernährungsgewohnheiten im Trainingslager – täglich eine Möhre und eine Tracht Prügel – gut möglich ist.

Es fehlt an Klasse

Nicht nur Bobby Charlton weiß es: England fehlt es an Klasse und an guten Nachwuchsspielern. Findet sich einer, landet er für den Gegenwert von 28 Reihenhäusern bei Manchester City auf der Bank, wird dann nach Scunthorpe oder Coventry ausgeliehen und verkommt dort zu einer Lokalgröße im „Black Swan“-Pub an der Ecke. In der ganzen Premier League finden sich genau vier bis fünf Stürmer, die eine seltene Kombination von zwei Qualitäten auf sich vereinigen: Sie können Tore schießen und haben einen englischen Pass.

Michael Owen war mal so ein Star. Jetzt spielt er bei Stoke, mit vielen Engländern und einem Deutschen. Stoke legt Wert auf gepflegte Knochenarbeit gegen Ball und Gegner. Fast alle, die in der Premier League überdurchschnittlich gut spielen, hören auf andere Nationalhymnen. Tragen sie eine Brille, sind es Franzosen und werden als intellektuelle Fußballer angesehen und kämpfen gegen Rassismus und Langeweile.

Föhnen und trainieren

Manchester City hat soeben mit Maicon einen weiteren Weltstar verpflichtet. Sehr passend zur Zukunftsstrategie des Vereins, der für gut 100 Millionen Pfund ein neues Ausbildungszentrum errichten will, zum Wohle Englands und seiner WM-Chancen 2030. Hier will man Talente aus der ganzen Welt zu Top-Spielern ausbilden, um sie dann in die ganze Welt zu verkaufen, wenn bei City kein Platz mehr auf der Bank ist. Schulunterricht ist auch vorgesehen.

Wenn’s mit der Schule nicht klappt, können sie ja immer noch Fußballer werden. Neben Latein, Telefonieren und Haareföhnen steht sogar Fahrtraining auf dem Programm, damit die jungen Stars den Ferrari ihres ersten Monatslohns nicht gleich bei der ersten Spritzfahrt aus der Kurve tragen.