Muller-Coach Benoît Carelli hatte guten Grund zum wiederholten, zufriedenen Kopfnicken gestern: Sein Schützling zeigte eine astreine Leistung. Gegen den aufschlaggewaltigen Kanadier stand bislang ein Sieg zu Buche: Raonic hatte in Wimbledon 2012 nach einigen Spielen verletzt aufgeben müssen.
Muller spielte dann am Mittwoch so, wie man gegen den großgewachsenen, manchmal etwas ungeschickt wirkenden Kanadier agieren muss: Der Aufschlag war eine sichere Bank (62% erste Aufschläge im Feld, 87% Punkte), die Grundschläge waren aggressiv und die Netzangriffe durchdacht und konsequent. Dazu kamen gute Returns, die zwar nicht immer sofort den Punkt brachten, aber den Luxemburger des Öfteren in eine sehr gute Ausgangsposition. „Punkto Return habe ich sicherlich ein sehr gutes Match gemacht. Vor allem bei seinem zweiten Aufschlag habe ich sofort sehr viel Druck ausgeübt. Es ist mir das ganze Spiel über sehr gut gelungen, seinen Aufschlag zu lesen“, so Muller dem Tageblatt gegenüber.
Dominant
Der Luxemburger blieb während der ganzen Matchdauer am Drücker, verpasste das Break in Satz beim 2:1 nur knapp (viel Risiko beim Return nach einem zweiten Aufschlag). Beim 6:5 befreite sich der 29-Jährige selbst aus einer misslichen Lage. Etwas später profitierte Muller von einem Fehler Raonics, um den ersten Satz mit 7:5 zu holen.
Das Bild setzte sich in Satz zwei fort. Gilles Muller war der dominierende Spieler auf dem Platz und schaffte es, den gefährlichen Kanadier und sein druckvolles Spiel mit dem Aufschlag und von der Grundlinie in Schach zu halten. Die Konsequenz: Muller zwang sein Gegenüber zu leichten Fehlern. Einer führte zum Break (5:3). Doch bei eigenem Aufschlag agierte der FLT-Spieler dann etwas zu überhastet und brachte Raonic mit Fehlern insgesamt vier Breakbälle; den letzten nutzte die Nummer acht der Setzliste, die kurz darauf zum 5:5 ausglich. „Ich habe mich selbst in Gefahr gebracht. Da waren sicherlich die Nerven im Spiel“, so Muller.
„Wichtiger Sieg“
Bereits einige Male hatte Muller in dieser Saison beklagt, dass er ein Match nicht zumachen könne, so wie am letzten Samstag im Halbfinale von Wien gegen Del Potro. Doch am Mittwoch blieb er nicht nur ruhig, sondern zog seinen Matchplan weiter durch. Im Tiebreak kamen die Returns wieder gut und vor allem sehr nahe an die Grundlinie, was den Gegner unter Druck setzte. Das Mini-Break zum 2:1 schien Milos Raonic gebrochen zu haben. Muller machte dann fünf Punkte in Folge und schloss nach knapp 100′ zum Matchgewinn ab. „Das war ein wichtiger Sieg für das Selbstvertrauen, auch weil ich nach einem kleinen Down noch gewinnen konnte. Außerdem ist mir ein Sieg gegen solch einen Spieler schon lange nicht mehr gelungen“, erklärte der Schifflinger.
Gegen einen Top-20-Vertreter gab es 2012 einen Erfolg: Mardy Fish gab in Runde zwei von Atlanta auf. Den letzten „richtigen“ Sieg gab es 2011 beim Turnier in Metz gegen Richard Gasquet.
Nächster Gegner ist Alexandr Dolgopolov (Ukraine, 21). Es wird das erste Duell werden. Der Ukrainer ist ein unangenehmer Gegner, der auf dem Platz immer mal wieder unerwartete Bälle spielt. „Das wird ein völlig anderes Match. Er spielt sehr gut von der Grundlinie und er returniert besser als Raonic. Sein Aufschlag ist nicht so stark wie der des Kanadiers. Sollte ich so gut returnieren wie heute (Mittwoch, d. Red.), warum sollte ich nicht auch gegen Dolgopolov gewinnen? Ich bin in einer guten Phase“, blickt Gilles Muller voraus.
Aus für Minella
Für Mandy Minella (WTA 79/Nr. 3) ist die Saison 2012 beendet. Die Nummer eins der FLT unterlag am Mittwoch in Ismaning (Deutschland/75.000 $+H) zuerst im Einzel und etwas später auch im Doppel. Im Einzel gab es ein 6:7 (4) und 4:6 gegen Karolina Pliskova (Tschechien, 111).
Im Doppel unterlagen Minella und Elina Svitolina (Ukraine) dem Duo Hana Birnerova/Eleni Daniilidou (Tschechien/Griechenland) in drei Sätzen.
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