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NationalmannschaftUngarns Nationaltrainer Marco Rossi: „Luxemburg ist kein einfacher Gegner“

Nationalmannschaft / Ungarns Nationaltrainer Marco Rossi: „Luxemburg ist kein einfacher Gegner“
Marco Rossi hatte viel Lob für die FLF-Auswahl übrig Foto: Imago/Gribaudi

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Nach dem überwältigenden 4:0-Sieg gegen England Anfang des Jahres in der Nations League sagte Ungarns Nationaltrainer Marco Rossi: „Eines Tages, wenn ich sterbe, was hoffentlich nicht so bald sein wird, denke ich, dass ich in den ungarischen Stadien eine Schweigeminute bekommen werde.“ Der 58-jährige Italiener hatte bisher noch nie die Chance, in seinem Heimatland auf höchstem Niveau zu arbeiten. Vielleicht ist es Schicksal, dass er seine Erfolge in einem Land mit den gleichen Nationalfarben wie Italien feiert. Im Vorfeld des Testspiels gegen Luxemburg (Donnerstag, 20.00 Uhr) nahm sich der Coach Zeit für ein Exklusivinterview mit dem Tageblatt.

Tageblatt: Als Adam Szalai seine internationale Karriere beendete, sagten Sie, dass Ungarn seine wahre Führungspersönlichkeit verlieren würde. Wie werden Sie dieses Problem lösen?

Marco Rossi: Es stimmt, dass es ein Problem ist, aber ich hoffe und glaube, dass wir es lösen werden. Im Moment haben wir noch nicht über den neuen Kapitän entschieden (Vize-Kapitän Peter Gulacsi ist verletzt, d.Red.). Zunächst möchte ich mit meinem Trainerstab und den Spielern sprechen. Ich werde meine Meinung kundtun. Ich halte mich für einen demokratischen Anführer, die endgültige Entscheidung liegt jedoch bei mir. Auf jeden Fall war Adam ein sehr wichtiger Spieler. Er hat viele Stärken gezeigt und war immer ein Teamplayer.

Das ungarische Nationalteam wird immer besser. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Abgesehen davon, dass wir mit viel Wissen arbeiten und mit taktischer Disziplin spielen, ist die Hauptsache, dass wir immer als Team auftreten. Man hat immer das Gefühl, dass wir alle im selben Boot sitzen. Wir sind sowohl auf als auch neben dem Platz eine Einheit. Es ist in allen Mannschaftssportarten das Wichtigste, ein Team zu sein. Ein gutes Beispiel ist die aktuelle serbische Nationalmannschaft. Sie hatte auch früher individuell starke Spieler, sie haben aber nicht gut als Einheit funktioniert. Jetzt, unter Dragan Stojković, spielen sie als Team.

Die ganze Fußballwelt blickt in diesen Tagen auf Katar. Glauben Sie, dass ein Mangel an echter Motivation ein Problem für die kommenden Testspiele gegen Luxemburg und Griechenland sein könnte?

Ich hoffe sehr, dass ein möglicher Motivationsmangel kein Problem sein wird. Meine Botschaft ist immer, dass es für uns keine Freundschaftsspiele gibt. Ungarn hat eine stolze Geschichte im europäischen Fußball und wann immer unsere Spieler das Trikot mit den Nationalfarben tragen, müssen sie das Land auf bestmögliche Weise repräsentieren. Sie müssen ihr Bestes geben und Verantwortung zeigen; und ich glaube, das wird auch in den kommenden Spielen so sein.

Wie gut kennen Sie die luxemburgische Nationalmannschaft und wie schätzen Sie sie ein?

Wir haben uns ihre letzten drei Spiele angesehen und es besteht kein Zweifel daran, dass sie sich stark verbessern und ihre Qualität zunimmt. Sie haben mehrere eingebürgerte Spieler (mit Anthony Moris und Maxime Chanot wuchsen nur zwei Spieler aus dem aktuellen Kader nicht in Luxemburg auf. Beide haben jedoch Vorfahren aus Luxemburg, Anm. d. Red.) und spielen mit einem gemischten Fußballstil. Sie sind nicht passiv. Sie verteidigen nicht nur und warten auf Konter, sondern sie spielen aggressiv, pressen hoch und greifen gerne an. Luxemburg spielt mit einem modernen Fußballkonzept und ich denke, dass unser Spiel ein offenes Spiel werden wird.

Was sind die Stärken und Schwächen des Gegners?

Vorne haben sie schnelle und individuell starke Spieler. In der Abwehr haben sie ein bisschen Probleme, vor allem bei Flanken. Soweit ich weiß, konnten sie im letzten Spiel aber keine richtigen Innenverteidiger aufstellen, sondern eher defensive Mittelfeldspieler, die als Innenverteidiger spielten. Auf jeden Fall werden wir sie in den nächsten Tagen, nachdem wir ihren Kader kennengelernt haben, erneut analysieren.

Wie bewerten Sie das 3:3-Unentschieden der Luxemburger in der Türkei? 

Luxemburg hat das Unentschieden verdient, aber ich muss sagen, dass die Türkei einige große Fehler in der Verteidigung gemacht hat. Vielleicht waren sie nicht voll konzentriert. Auf jeden Fall hat auch dieses Spiel gezeigt, dass Luxemburg keineswegs ein leichter Gegner ist.

Wer sind Ihrer Meinung nach die stärksten Spieler?

Luxemburg hat einige interessante Spieler. Die besten sind für mich Gerson Rodrigues, Yvandro Borges, Leandro Barreiro und auch die Gebrüder Thill.

Wussten Sie, dass Ungarn im November 2017, also einige Monate vor Ihrer Ernennung zum ungarischen Nationaltrainer, ein Freundschaftsspiel gegen Luxemburg bestritten und 1:2 verloren hat?

Ja, ich weiß. Ich erinnere mich an diese Niederlage. Es war diese Art von Spielen gegen Mannschaften, die als Außenseiter gelten, aber in Wirklichkeit sind sie es nicht. Vielleicht waren sie vor 30, 40 Jahren Underdogs. Aber heute nicht mehr. Trotzdem wissen das viele Leute nicht. Wenn Sie heute zehn Leute in Budapest fragen würden, würden neun sagen, dass Luxemburg ein leichter Gegner sein wird. Aber wir wissen, dass es nicht so ist. Es wird ein offenes Spiel und ein guter Test für uns für die Spiele, die wir nächstes Jahr bestreiten werden.

Zum Schluss noch eine Frage, die vielleicht ein bisschen schmerzhaft ist. Sie sind in Ungarn sehr erfolgreich, aber in Ihrem Heimatland Italien haben Sie nie einen Erstligisten trainiert. Was können Sie dazu sagen?

Ich muss sagen, dass ich mit ziemlicher Sicherheit auch in Zukunft keinen Serie-A-Verein trainieren werde. Der Grund dafür ist klar. In Italien dreht sich alles um Italien und niemanden kümmert es, dass ich zehn Jahre lang erfolgreich in Ungarn gearbeitet habe. In Italien wäre ich immer eine „scommessa“ (Wette). Wenn ich in Italien einen Trainerjob bekäme, würde man wetten, dass ich nach drei Monaten entlassen würde. Ihre Frage ist nicht schmerzhaft. Ich bin darüber weder traurig noch frustriert. Ich bin nicht mehr jung, aber ich fühle mich viel jünger und ich versuche, mich jeden Tag zu verbessern, neuen Tendenzen zu folgen und meine Arbeit so gut wie möglich zu machen. Ich bin sehr glücklich in Ungarn, wo ich von allen respektiert werde. Ich bin den Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, sehr dankbar, vor allem Sandor Csanyi, dem Präsidenten des ungarischen Fußballverbandes. Wenn ich eines Tages woanders arbeiten sollte, würde ich nicht nach Italien gehen. Mein Traum ist es, in England zu arbeiten, denn England ist die Nummer eins im europäischen Fußball. In den 1990er-Jahren war Italien die Nummer eins, aber jetzt ist es England und ich denke, das wird auch in Zukunft so bleiben.