Tageblatt: Sie könnten noch in diesem Monat auf Platz 10 der Rekordspieler der Luxemburger Nationaldivision vorrücken. Was braucht es, um fast 400 Spiele auf höchstem nationalem Niveau zu bestreiten?
Tom Schnell: Ich denke, dass das allerwichtigste Element einer langen Karriere das Glück ist. Ich bin, abgesehen von einem Kreuzbandriss, immer verletzungsfrei geblieben. Ich habe vor Jahren damit begonnen, vorbeugend und präventiv im Fitnessstudio daran zu arbeiten. Das hat sich nach dem Kreuzbandriss noch mal deutlich intensiviert. Es gibt viele Spieler, die viel Arbeit reinstecken, aber nicht das gleiche Glück im Leben hatten und so lange dabei sein konnten. Ich bin mir schon bewusst, dass ich gut davongekommen bin.
Im Sommer sah es fast nach einem Karriereende aus, als Sie Ihren Vertrag beim Swift Hesperingen nicht verlängerten. Wie lange mussten Sie überlegen, bevor Sie das Angebot der UNA Strassen angenommen haben?
Ich stand bis Ende Juni in Hesperingen unter Vertrag und konnte vorher auch nirgendwo anders unterschreiben. Das ist auch der Grund, warum es so lange gedauert hat. Es gab ein paar Angebote von Vereinen, die eine schnellere Entscheidung wollten. Das ging aber nicht. Ich habe eine gute Wahl getroffen. Ich bin in Strassen aufgewachsen, meine Eltern leben noch immer hier und mein Sohn spielt mittlerweile auch im Verein.
Sie haben die Option auf ein weiteres Jahr bei der UNA. Werden Sie noch ein weiteres Jahr dranhängen?
Ich würde gerne, ja. Bislang kam ich, mit Ausnahme von ein paar Wehwehchen, ohne größere Probleme durch die Saison. Ich kann mir also vorstellen, dass es noch weitergehen wird.
Am Sonntag treffen Sie, nach dem Duell gegen Hesperingen letzte Woche, auf einen anderen Ex-Klub, mit dem Sie Geschichte geschrieben haben. Was verbinden Sie heute noch mit dem F91?
Ich lebe in Düdelingen, aber viel mit dem Verein habe ich nicht mehr zu tun. Ich habe damals die größten Erfolge mit dem Klub gefeiert. Wir haben damals alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Es ist also ein besonderes Aufeinandertreffen für mich. In der Hinrunde gab es die Konstellation schon einmal, sprich, dass wir an zwei aufeinanderfolgenden Spieltagen auf Hesperingen und Düdelingen getroffen sind. Damals hatte ich mich im Spiel gegen Swift verletzt und fehlte gegen den F91. Für Strassen ist es nicht unbedingt glücklich, innerhalb von sieben Tagen gegen den Leader und den Tabellenzweiten zu spielen.
Wie stark schätzen Sie den Meister derzeit ein?
Hesperingen ist im Moment sehr stark und macht sogar aus dem Nichts Tore. Das haben wir letztes Wochenende selbst erlebt. Unserer Verteidigung sind zwei Fehler unterlaufen und dann stand es auch sofort 0:2. Sie haben keinen Treffer aus dem Spiel gelandet, sondern haben unsere Pannen ausgenutzt. Da sieht man, dass sie derzeit in der Lage sind, alle Möglichkeiten voll auszunutzen. Düdelingen dagegen befindet sich in einem Loch. Das heißt aber nicht, dass sie nicht mehr an den Titel glauben können, der noch immer in Reichweite bleibt. Ich denke aber, dass Hesperingen ihnen einen Schritt voraus ist.
Was bedeutet das für Ihr Duell am Sonntag?
Für uns geht es darum, uns zurückzukaufen. Nach zwei Niederlagen gegen Düdelingen zu spielen, ist nicht unbedingt die einfachste Ausgangslage. Wir müssen das Beste daraus machen und unsere Chancen nutzen. Wir dürfen uns keine individuellen Fehler erlauben und nicht zu viel Respekt an den Tag legen. Letzte Woche haben wir es in der ersten Hälfte nicht geschafft, zu zeigen, dass wir in der Lage sind, Fußball zu spielen. Wir haben das in der Vergangenheit schon bewiesen, können es aber nicht immer umsetzen.
Unter Trainer Arno Bonvini gab es eine Serie von vier Siegen. Es folgten zwei Pleiten. Was muss UNA Strassen tun, um wieder in die Erfolgsspur zurückzufinden?
Wir müssen aufhören, uns zu verstecken. Wir waren defensiv stark, aber verpassen es dann, die wenigen Offensivgelegenheiten auszunutzen. Deswegen stehen wir auch dort, wo wir stehen. Unsere Chancenverwertung ist nicht gut.
Was hat sich seit der Ankunft des neuen Coachs auf der Strassener Trainerbank verändert?
Wir sind defensiv stabiler geworden und wir haben auch weniger Gegentore kassiert. Unser Spiel war nicht so offen wie zuvor. Durch eine gute Defensive kann man viele Punkte holen. Es kam uns zugute, dass wir das System angepasst haben. Wir müssen auf dieser Basis, die wir in den ersten drei Spielen hatten, weiterarbeiten.
Sie tragen seit Dezember die Kapitänsbinde. Warum wurde Ihnen diese Aufgabe zugeteilt?
Gauthier Bernardelli ist verletzt, seitdem der neue Trainer da ist. Er wird die Kapitänsbinde wieder übernehmen, sobald er wieder fit ist.
Steckbrief
Tom Schnell
Geboren am 8. Oktober 1985
Position: Innenverteidiger
Bisherige Vereine: Union Luxemburg, Eintracht Trier (D), RFCU Lëtzebuerg, Fola Esch, F91 Düdelingen, Swift Hesperingen, seit Sommer bei UNA Strassen
Statistisches: 387 Spiele in der BGL Ligue (4 Spiele fehlen, um in der Rekordliste an Laurent Pellegrino – Platz 10 – vorbeizuziehen). Sein Debüt gab er am 10.11.2002. Bestritt 48 Länderspiele für die FLF-Auswahl.
Größte nationale Erfolge: fünfmal Luxemburger Meister (1x Fola, 4x F91), dreimal Pokalsieger (F91)
Größte internationale Erfolge: Bestritt zweimal die Europa-League-Gruppenphase mit Düdelingen und stand bei allen sechs Spielen auf dem Platz. Insgesamt stand Schnell bei 43 Europapokalspielen in der Startelf.
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