Tageblatt: Scott Thiltges, letzten Sonntag hat es erneut nicht mit dem Gewinn des Heimrennens auf dem „Holleschbierg“ geklappt. Was hat gefehlt?
Scott Thiltges: Eigentlich hat nicht viel gefehlt. Vielleicht hatte ich mich etwas zu viel unter Druck gesetzt. Es sollte halt nicht sein.
Haben Sie Ihren Leistungszenit vielleicht zu früh erreicht?
Nein, das glaube ich nicht. Es ist eher so, dass Loïc (Bettendorf), der jetzt einen Lehrgang absolviert hat, sich noch etwas steigern konnte. Ich bin eher froh, dass ich, nach meinem schwierigen Saisonbeginn, so früh in Form gekommen bin. Die drei Siege im Dezember sind für mich ein riesiges Plus und ich bin froh, dass mir das in meiner letzten Saison gelungen ist.
Wie sah die Vorbereitung auf das Rennen am Samstag aus?
Ich bereite mich genauso vor wie für jedes andere Rennen auch. Auf der Strecke war ich nicht mehr. Den Parcours werde ich mir am Samstag anschauen. Danach entscheide ich mich, mit welchen Reifen und mit welchem Luftdruck ich fahren werde.
Bei der Generalprobe hatten Sie Ihre bislang beste Vorstellung geboten und die starke ausländische Konkurrenz nach einer Solofahrt deutlich distanziert. Welchen Rennverlauf werden wir am Samstag erleben?
In Ettelbrück bin ich eins der besten Rennen meiner gesamten Karriere gefahren. Darauf bin ich auch stolz. Am Samstag werden wir einen schnellen Start erleben. Da es sowohl um den Titel bei der Elite als auch um den Sieg bei den U23 geht, haben die stärksten Espoirs ebenfalls ein Interesse daran, das Feld gleich zu Beginn auseinanderzuziehen. Dies wird besonders dann der Fall sein, wenn der Parcours durch die äußeren Umstände schwer zu fahren sein wird.
Wen sehen Sie als Ihre stärksten Konkurrenten an?
Das sind Ken Conter und Raphaël Kockelmann. Ich werde versuchen, insgesamt ein gutes Rennen zu fahren, auch im Vergleich mit den starken Espoirs.
Welche Rolle kommt der langen Sandpassage zu?
Die Sandpassage war schon im Trocknen schwer zu fahren. Sie befindet sich gleich im Anschluss an einen Streckenabschnitt, wo man sich nicht erholen kann. Insbesondere bei schweren Bodenverhältnissen kann man die Konkurrenz dort in Schwierigkeiten bringen. Auf der steinigen Start-und-Ziel-Geraden gilt es aufzupassen, um sich keinen Plattfuß einzufangen.
Im Gegensatz zu Ihrem Titelgewinn 2017 in Schengen gehen Sie diesmal als Topfavorit an den Start. Wie groß ist der Druck?
Der Druck ist nicht so groß, da ich ja bereits einen Titel gewonnen habe. Dennoch besteht bei der Meisterschaft – das gilt für sämtliche Starter – immer ein gewisser Leistungsdruck. Es wäre super, wenn zum Abschluss der zweite Titel herausspringen würde.
Wie sind Sie zum Cyclocross gekommen und was macht für Sie den Reiz der Disziplin aus?
Mit Tennis habe ich angefangen. Ich bin durch meinen Vater, der seit jeher im Alzinger Verein aktiv ist, zum Radsport gekommen. Bei einem Grillfest hat mich Fernand Jäger, der damalige Jugendtrainer, überredet, einmal am Cross-Training teilzunehmen. Zu der Zeit war ich schon viel mit meinen Freunden auf dem Mountainbike unterwegs. Fernand Jäger hat eine ganze Reihe von Talenten in sämtlichen Altersklassen hervorgebracht. Durch das Studium im Ausland haben leider viele aufgehört. Mein erstes Rennen bin ich in Contern im Alter von 14 Jahren bei den Débutants gefahren und wurde überrundet. Im darauffolgenden Jahr lief es bereits weitaus besser. Der Cross lag mir besser als die Straßenrennen, sodass ich mich darauf spezialisiert habe. Hinzu kommt, dass Cyclocross und Mountainbike ehrliche Disziplinen sind, wo nur die Stärksten vorne mitfahren.
Was nehmen Sie aus all den Jahren an Positivem, vielleicht auch an Negativem mit?
Der Radsport hat mir immer nur Türen aufgemacht. Ich habe viele Länder gesehen und viele interessante Leute kennengelernt. Praktisch alle meine Freunde kommen aus dem Radsport. Der Sport fördert die Disziplin und den Ehrgeiz bei den Jugendlichen. Daraus kann man später in vielen Bereichen Nutzen ziehen.
Was sind Ihre Beweggründe, die Cross-Karriere recht früh zu beenden?
Ich bin mit meiner Verlobten dabei, unser Haus zu renovieren, was viel Zeit in Anspruch nimmt. Als passionierte Skifahrer wollen wir unserem Hobby nachgehen. Wegen des Trainings musste ich das Büro über den Winter bereits um 16.00 Uhr verlassen. Es geht einfach darum, mehr Zeit für all dies zu haben. Seit 2006, dem Beginn meiner ersten Cross-Saison, konnte ich von Oktober bis Januar nie wegfahren. Hinzu kommt, dass ich in sportlicher Hinsicht alles erreicht habe. Über mein Leistungsniveau komme ich nicht hinaus, außer vielleicht mit noch mehr Training. Es ist kein definitiver Abschluss mit dem Sport. Vielleicht werde ich ja irgendwann bei den Masters wieder mitfahren.
Eine WM-Teilnahme kommt also nicht in Frage?
Zu der Zeit bin ich im Skiurlaub, was seit langem abgestimmt ist. Um ehrlich zu sein, ergibt es keinen Sinn, einen Elitefahrer in die Vereinigten Staaten zu schicken. Anders sieht es für Christine Majerus und Marie Schreiber aus, die vorne mitfahren können.
Was war das bisherige Highlight Ihrer Karriere?
Das Highlight war mein Titelgewinn 2017 und die anschließende Teilnahme an der WM in Beles im Rot-Weiß-Blauen Trikot. Die WM in Beles, vor diesem begeisterten Publikum, wird immer das Highlight bleiben. Ich hoffe, dass noch andere Fahrer die Möglichkeit bekommen werden, das mitzuerleben.
Ein Wort zur Rolle Ihres Vaters, mit Sicherheit Ihr größter Fan?
Ohne meinen Vater wäre ich schon lange nicht mehr dabei. Er ist jedes Wochenende da, bereitet das ganze Material vor und steht mit dem Kärcher am Materialposten. Neben zwei Rädern bringt er quasi noch ein drittes Rad, in Einzelteilen, mit. Durch seine Zeit als ehemaliger Motorradrennfahrer ist er immer bestens ausgerüstet. Ich kann mich ganz aufs Rennen konzentrieren. Abends packt er alles wieder ein und putzt das ganze Material. Cyclocross ist zudem kein billiger Sport. Um vorne mitzufahren, kannst du beim Material keine Abstriche machen. So kostet ein Reifen, wenn du keine Sponsoren hast, zwischen 80 und 100 Euro. Ich glaube, dass er nicht unglücklich darüber ist, dass ich aufhöre. Jetzt werden wir zusammen an der „Buvette“ anstoßen können, während die anderen fahren.
Werden Sie dem Radsport in irgendeiner Art und Weise erhalten bleiben?
Ich bin Vorstandsmitglied im Alzinger Verein und kann mich jetzt mehr einbringen, wie bei der Organisation unseres Cyclocross. Gerne würde ich auch etwas von dem, was ich über die Jahre gelernt habe, an die Jugend zurückgeben. So könnte ich mir vorstellen, samstags mit einigen Nachwuchsfahrern auf einer Strecke zu trainieren und dabei Tipps zu geben, wie ich sie seinerzeit von den Routiniers wie Gusty Bausch erhalten habe. Im Sommer werde ich weiter Mountainbike-Rennen fahren und den einen oder anderen Wettbewerb auf der Straße bestreiten.
Wie schätzen Sie die derzeitige Entwicklung im Cyclocross hierzulande ein?
Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Der Skoda Cross Cup lockt eine ganze Reihe starker ausländischer Fahrer nach Luxemburg. Das derzeitige Leistungsniveau ist beachtlich. So ist Thomas Verheyen, der regelmäßig an den Rennen in Luxemburg teilnimmt und sich am Sonntag in Hesperingen durchgesetzt hat, im vergangenen Jahr bei der belgischen Meisterschaft der Amateure aufs Podium gefahren.
Nach Hochwasser in Ettelbrück: Landesmeisterschaften können stattfinden
Das Hochwasser der Alzette hatte am Dienstag für Fragen bezüglich der Austragung der Cyclocross-Landesmeisterschaften gesorgt. Die Regenfälle ließen den Fluss übers Ufer treten, sodass auch die Cyclocross-Strecke komplett unter Wasser stand. Am Mittwochnachmittag gab es Entwarnung von Nico Scheier, Präsident der UCN Ettelbrück. „Es gibt keine Bedenken mehr, das Wasser ist mittlerweile abgeflossen“, sagte er gegenüber dem Tageblatt. „Sollte es nicht wieder ähnlich stark regnen, steht einer Austragung nichts im Weg.“ Auch der Sand-Abschnitt habe keine Schäden vom Hochwasser davongetragen. Am Mittwochnachmittag befanden sich bereits die ersten Fahrer zum Trainieren wieder auf der Strecke.
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