Der Fußball-Weltverband (FIFA) war lange Jahre ein Selbstbedienungsladen. Dies belegen Dokumente der Staatsanwaltschaft Zug, die am Mittwoch nach einem Urteil des Schweizer Bundesgerichts veröffentlicht wurden. Demnach haben der ehemalige FIFA-Präsident Joao Havelange und sein früherer Schwiegersohn Ricardo Teixeira in der Korruptionsaffäre des Weltverbandes Schmiergeld in Millionenhöhe kassiert.
Den Angaben zufolge erhielt der heute 96 Jahre alte Havelange, der von 1974 bis 1998 FIFA-Boss war, im Rahmen von Geschäften mit dem mittlerweile insolventen Medien- und Marketingunternehmen ISMM/ISL im März 1997 1 500 000 Schweizer Franken (heute umgerechnet rund 1,25 Millionen Euro).
Ex-Chef des brasilianischen Verbandes
Der ehemalige brasilianische Verbandschef Teixeira kassierte zwischen August 1992 und November 1997 mindestens 12 740 000 Schweizer Franken (heute rund 10,6 Millionen Euro). Erst im März dieses Jahres war er aus dem FIFA-Exekutivkomitee zurückgetreten. Der heute 65-Jährige hatte den brasilianischen Fußball-Verband CBF 23 Jahre lang geführt.
Havelange und Teixeira verwendeten bei Deals zur Verwertung von Übertragungsrechten mehrfach ihnen «anvertraute Vermögenswerte unrechtmäßig», um sich zu bereichern, wie es in den Dokumenten heißt. Ihnen wurde zudem vorgeworfen, der FIFA Provisionen nicht offen gelegt zu haben und den Verband dadurch geschädigt zu haben.
Verfahren wurden eingestellt
Die Verfahren gegen die beiden früheren Funktionäre waren allerdings nach Zahlung von hohen Geldsummen eingestellt worden. Havelange und Teixeira wiesen die Anschuldigungen stets zurück. Die Unterlagen belegen, dass die Provisionszahlungen der ISMM/ISL-Gruppe bis in die 80er Jahre zurückgehen.
Wie es in dem Dokument weiter heißt, könne nicht infrage gestellt werden, «dass die FIFA Kenntnis von Schmiergeldzahlungen an Personen ihrer Organe hatte». Dem Weltverband «wird die mangelhafte Organisation ihres Unternehmens» vorgeworfen. Es habe «eine strikte interne Reglementierung» gefehlt, um mögliche verbotene Zahlungen offenlegen zu können.
Der heutige FIFA-Chef Joseph Blatter war zur Zeit der Schmiergeldzahlungen Generalsekretär des Weltverbands. 1998 trat er die Nachfolge von Havelange an.
Schweizer Gericht forderte Einsicht
Die Dokumente waren ans Licht gekommen, nachdem das Schweizer Bundesgericht den Anspruch auf Einsicht in die brisanten Akten bestätigt hatte. Wie die Kammer am Mittwoch in Lausanne mitteilte, wurde eine Beschwerde von zwei Funktionären des Fußball-Weltverbandes abgewiesen.
Die Einsicht von Journalisten in die Einstellungsverfügung der Zuger Staatsanwaltschaft sei die Voraussetzung zur Berichterstattung über die in der Öffentlichkeit erhobenen Korruptionsvorwürfe. Die Behörde hatte am 11. Mai 2010 Ermittlungen gegen die FIFA und zwei ihrer Mitarbeiter wegen Korruptionsvorwürfen endgültig beendet. Eine der beteiligten Parteien hatte gegen die Öffnung der Akten Einspruch eingelegt. Zahlreiche weitere hochrangige Funktionäre sollen in den Bestechungsskandal verwickelt gewesen sein.
Das insolvente Schweizer Marketing-Unternehmen ISMM/ISL soll über Jahre FIFA-Funktionäre systematisch bestochen haben. 2008 vor Gericht dokumentiert wurden 138 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet heute rund 114 Millionen Euro), die zwischen 1989 und 2001 gezahlt wurden.
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