Nach der gestrigen 3. Etappe von Paris-Nice, die vom 20-jährigen Peter Sagan gewonnen wurde, streifte Jens Voigt das Leadertrikot über. Für das Saxo-Bank-Team änderte sich dadurch vielleicht die Ausgangslage. Muss Frank Schleck heute im Schlussanstieg in Mende nun Voigt helfen? / Petz Lahure
Heute wird bei Paris-Nice eine erste Vorentscheidung fallen. Auf dem Programm steht die Etappe Maurs-Mende, die schon vor drei Jahren die Spreu vom Weizen trennte. Oben, am Flugplatz der schmucken Stadt im Zentralmassiv, wo die Ankunft 2007 nach einem steilen, 3,1 km langen und durchschnittlich 10,1 Prozent steilen Aufstieg gewertet wurde, klassierte sich Frank Schleck, der Leader des damaligen CSC-Teams, auf dem 6. Platz hinter dem spanischen Sieger Alberto Contador, dem Italiener Davide Rebellin, dem Spanier David-Lopez-Garcia, dem Australier Cadel Evans und dem Slowenen Tadej Valjavec.
Schlecks Rückstand im Ziel betrug 28 Sekunden. Hinter ihm lagen u.a. Topfavorit Levi Leipheimer (auf 33″) und der Italiener Franco Pellizzotti (auf 40″), der das gelb-weiße Leadertrikot an Davide Rebellin abgeben musste. Dieser führte nach der Etappe Maurs-Mende mit 6 Sekunden Vorsprung auf Contador, während sich Frank Schleck mit 42″ Rückstand auf den 8. Rang der Gesamtwertung nach vorn arbeitete.
Paris-Nice wurde damals erst am Schlusstag auf den letzten Kilometern entschieden. Alberto Contador attackierte im Col d’Eze und entthronte Davide Rebellin. Frank Schleck wurde 8., sein Bruder Andy 16. und Benoît Joachim 43.
Diesmal sind die Voraussetzungen ganz andere, zumindest für Frank Schleck. Der Mondorfer büßte gestern im Schlussteil der Etappe nach Aurillac vier weitere Sekunden auf Alberto Contador ein (er wurde 42. mit 6″ Rückstand auf Etappensieger Sagan) und liegt nun als 38. ganze 46 Sekunden hinter dem Spanier. Neu für Schleck ist auch, dass (zumindest auf dem Papier) nicht mehr er, sondern Jens Voigt der neue Leader im Saxo-Bank-Team ist. Voigt sprang gestern im Schlussteil in Contadors Hinterrad und wurde für seine Aufmerksamkeit mit dem Leadertrikot belohnt.
Freiräume?
Wie stark der 38-jährige Deutsche (geb. am 17.9.1971) wirklich ist, muss die heutige schwere Etappe mit fünf Anstiegen zeigen. In den letzten Jahren wuchsen Voigt unter ähnlichen Voraussetzungen beim Critérium International in den französischen Ardennen geradezu Flügel, so dass man abwarten muss, wozu er im Schlussanstieg in Mende, der sogenannten Montée Laurent Jalabert, fähig ist. Ungewiss ist auch, ob Schleck weiterhin Freiräume hat, ob er überhaupt angreifen darf oder ob er Voigt helfen muss. Das alles werden wir erst heute Nachmittag erfahren.
Wie schon des Öfteren in den Jahren zuvor hatte der Winter den Konkurrenten gestern ein Stelldichein bei Paris-Nice gegeben. Wegen Schneefalls und zu gefährlicher Straßen musste der Start von Limoges nach Saint-Yrieix-la-Perche, in den Heimatort des Weltmeisters von 1974, Luc Leblanc, verlegt werden. So blieben den Fahrern 53 Kilometer Rennen und damit die Anstiege der Côte des Cars (3. Kat.) bei km 31 und der Côte de la Croix de Teulet (3. Kat.) bei km 51 erspart. Auf dem Fahrplan standen also nur 155 km.
Für die traditionelle „Flucht des Tages“ sorgten diesmal der Franzose Yann Huguet (Skil) sowie die Belgier Nicolas Maes (Quick Step) und Jürgen Roelandts (Lotto). Die drei Fahrer rissen bei km 33 aus und schafften es fast bis ins Ziel. Zeitweilig betrug ihr Vorsprung auf das Hauptfeld so um die sieben Minuten. Während Maes 23 km vor Aurillac lockerlassen musste, setzten Huguet und Roelandts ihre Fahrt fort. Sie wurden eingefangen, als nur noch fünf km zu fahren waren. In der letzten Steigung rund 3 km vor dem Ziel (Côte de la Martinie, 2. Kat) griff Nicholas Roche an. Ihm konnten nur der junge Peter Sagan, Alberto Contador, Jens Voigt, Tony Martin und einige andere folgen. Obwohl Voigt in der Abfahrt Contador nicht in der Führung ablösen wollte, war er der große Nutznießer des Tages. Während Peter Sagan den Spurt vor Joaquin Rodriguez und Nicholas Roche gewann, wurde Voigt Vierter und streifte gleichzeitig das gelb-weiße Leadertrikot über. Frank Schleck klassierte sich als 42. auf 6″, Laurent Didier als 86. auf 47″.
Der 20-jährige Peter Sagan (geb. am 26.1.1990 in Zilina), der sich bisher vor allem einen Namen im Cyclocross (Vizeweltmeister der Junioren 2008) und Mountainbike (Weltmeister 2008) machte, gewann auf der Straße Etappen bei der Friedensfahrt, der Trofeo Karlsberg und beim Giro della Lunigiana. In Kroatien wurde er Gesamtsieger der Kroz-Istru-Rundfahrt, am Tag vor seinem Etappensieg belegte er hinter William Bonnet den zweiten Rang bei Paris-Nice.
Radsport in Zahlen
68. Paris-Nice, 3. Etappe über 155 km von Saint-Yrieix-la-Perche nach Aurillac: 1. Peter Sagan (Slowakei/Liquigas) 3:44:28 Stunden, 2. Joaquin Rodriguez (Spanien/Katusha), 3. Nicolas Roche (Irland/AG2R), 4. Jens Voigt (Deutschland/Saxo Bank) 0:02 Minuten zurück, 5. Tony Martin (Deutschland/Columbia), 6. Alberto Contador (Spanien/Astana) beide gleiche Zeit, 7. Mirco Lorenzetto (Italien/Lampre) 0:06, 8. Samuel Dumoulin (Frankreich/Cofidis), 9. Xavier Florencio (Spanien/Cervélo), 10. Marco Marcato (Italien/Vacansoleil), … 42. Frank Schleck (Luxemburg/Saxo Bank) alle gleiche Zeit, 86. Laurent Didier (Luxemburg/Saxo Bank) 0:47
Gesamtwertung: 1. Voigt 12:40:26 Stunden, 2. Sagan 0:06 Minuten zurück, 3. Luis Leon Sanchez (Spanien/Caisse d’Epargne) 0:09, 4. David Millar (Großbritannien/Garmin) 0:12, 5. Roman Kreuziger (Tschechien/Liquigas) 0:14, 6. Lars Boom (Niederlande/Rabobank) 0:20, 7. Contador g.Z., 8. Levi Leipheimer (USA/RadioShack) 0:24, 9. Rodriguez 0:28, 10. Xavier Tondo (Spanien/Cervélo), … 38. Schleck 1:06, 75. Didier 2:12
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