Vergangene Saison machte ihm bei den Klassikern ein schwerer Sturz beim Amstel Gold Race einen Strich durch die Rechnung. Wie das damals genau passiert ist, daran kann er sich immer noch nicht erinnern. „Ich lag drei Tage im Bett. Aber das gehört eben einfach dazu“, kommentierte er den Sturz lapidar. Die Flèche Wallonne, wo sein Bruder Zweiter wurde, verpasste er.
Bei Liège-Bastogne-Liège saß er wieder im Sattel, um aus der ersten Reihe zu sehen, wie sein Bruder das nachholte, was ihm ein paar Tage zuvor in Huy noch verwehrt geblieben war: den Sieg. Auch das gehört zu den „vielen guten Momenten“, die das Jahr 2009 Frank Schleck zu bieten hatte.
Für viele davon hat er aber selbst gesorgt. Etappensiege in Kalifornien und Luxemburg, den Gesamterfolg bei der Skoda Tour de Luxembourg und den zweiten Platz bei Paris-FRANK SCHLECK STECKBRIEF
o Geboren: 15. April 1980
o Größe: 1,86 m
o Gewicht: 67 kg
o Profi: seit 2003
o Palmarès: 2005: Luxemburger Meister (Straße), 2. Platz Züri Metzgete, 3. Platz Lombardei-Rundfahrt, 4. Platz Tour de Suisse, 2006: 1. Platz Amstel Gold Race, 15. Etappe der Tour de France (Alpe d’Huez), 6. Platz Tour de Suisse, 10. Platz Tour de France, 2007: 1. Platz Giro dell’Emilia, 4. Etappe der Tour de Suisse, 3. Platz Liège-Bastogne-Liège, 4. Platz bei der Weltmeisterschaft, 2008: Luxemburger Meister, 2. Platz Amstel Gold Race, 3. Platz Liège-Bastogne-Liège und 10. Etappe Tour de France, 5. Platz Tour de France; 2009: 1. Platz 17. Etappe der Tour de France, 3. Etappe und Gesamtwertung der Tour de Luxembourg, 8. Etappe der Kalifornien-Tour, 2. Platz der 6. Etappe und Gesamtwertung von Paris – Nice, 5. Platz der Gesamtwertung der Tour de France Nice.
Und doch. Als die Tour de France kam, wurde vor allem von Andy Schleck gesprochen, der als erster Herausforderer von Alberto Contador galt. Das Ergebnis gab den Auguren recht. Aber Frank Schleck holte auf der schweren Alpenetappe nach Le Grand Bornand den zweiten Etappensieg seiner Karriere. Im Doppelpack mit seinem Bruder hatte er versucht, Alberto Contador loszuwerden, aber der Spanier fuhr gemeinsam mit ihnen über die Ziellinie. Doch sei’s drum. Frank und Andy Schleck hatten das Bild der zwei außergewöhnlichen Radsport-Brüder weiter geprägt.
Als Andy Schleck dann im Finale am Mont Ventoux versuchte, seinen Bruder aufs Podium zu hieven, und damit in den Augen einiger Kommentatoren den möglichen Etappensieg vergab, endete das Verständnis vieler für die Bruderliebe: „Belle montée, mais belle connerie“, zitierte L’Equipe TV-Kommentator Laurent Fignon.
Die Familie Schleck tangierte das im Juli nicht. Und das tut es auch jetzt nicht. Frank Schleck, Fünfter der Tour de France 2009, ist noch nicht am Ende seiner Ambitionen bei der Grande Boucle: „Ich habe noch nicht mit dem Gedanken abgeschlossen, die Tour zu gewinnen“, so Frank Schleck im Januar gegenüber L’Equipe.
Im Trainingslager in Fuerteventura unterstrich er seine Ambitionen: „Dieses Jahr wird interessant. Ich glaube, es ist eine gute Tour für uns“, meinte er auf einer Pressekonferenz. Vom Magazin Road Bike Action gefragt, ob er bei der Tour de France denn für Andy fahren werde, wurde er noch deutlicher: „Ich war zweimal Fünfter. Ich denke, ich kann es noch besser machen. Wenn du in den Top-5 bist, dann kannst du auch aufs Podium. O.k., in diesem Jahr war Contador der Beste. Aber Lance (Armstrong, d. Red.) war Dritter, dann Wiggins. Ich meine, dass ich die zwei schlagen kann. Andy und ich werden ziemlich gleichwertig sein. Wir fahren beide für die Gesamtwertung. Wir werden beide da sein und keiner wird wissen, welche Karte wir spielen werden. Das sind zwei Joker. Ich glaube, das wird interessant.“
Sein Bruder widerspricht ihm da nicht („Er war nah dran“). Zwei Leader in der Tour für Saxo Bank. Und beide heißen Schleck. So zumindest die Ausgangslage. Ähnlich wie letztes Jahr, wo das Rennen allerdings aus Andy Schleck schnell den einzigen wahren Herausforderer von Contador gemacht hat. Vor Frank Schleck, aber auch vor allen anderen.
Doch bis zur Tour 2010 ist es noch weit und im Gegensatz zu Contador sind die Schlecks auch immer gut für einen Klassikersieg. Und wenn Frank Schleck wieder so früh in Form kommt wie 2009, sollten sich die ersten Erfolge 2010 relativ schnell einstellen: „Letztes Jahr ist das ganz gut gelungen“, so Frank Schleck zu seiner Frühform, die ihm die Erfolge in Kalifornien und bei Paris-Nice bescherte.
Dieses Jahr wird allerdings der Auftakt auf Mallorca steigen. Die Schlecks sind übrigens schon seit Montag da, zusammen mit Saxo-Bank-Neuzugang Laurent Didier.„Das Wetter in Luxemburg ließ uns einfach keine Wahl“, so Schleck. An Training war nicht zu denken. Und wer will schon die ganze Zeit im heimischen Wohnzimmer auf dem Hometrainer in die Pedale treten?
Nach Mallorca kommt die Andalusien-Rundfahrt, bevor es ab März ernst wird.
Ab dem 7. März wird Frank Schleck bei Paris-Nice versuchen, den zweiten Platz vom Vorjahr womöglich noch zu überbieten: „Wenn die Form bei Paris-Nice da ist, werde ich wieder versuchen, schnell zu fahren“, so der Mondorfer mit dem ihm eigenen Understatement. Im April folgen dann die Klassiker, wo er immer noch von Liège-Bastogne-Liège träumt.
„Liège-Bastogne-Liège und die Tour de France. Aber da habe ich ein Problem, denn leider sind wir schon zu zweit, die das wollen“, so der Mondorfer zu den sportlichen Wünschen für 2010.
Zeitfahren
Im Weg steht ihm bei den großen Rundfahrten aber ein oft entscheidender Nachteil bei großen Rundfahrten: das Einzelzeitfahren. 3:52 Minuten hat Frank Schleck letztes Jahr auf Alberto Contador alleine im Kampf gegen die Uhr verloren, das Mannschaftszeitfahren ausgenommen. 3:52 Minuten von insgesamt 6:04 Minuten Rückstand in Paris.
„Frank und Andy werden nie die besten Zeitfahrer der Welt werden, aber sie haben große Fortschritte gemacht“, so Saxo-Bank-Teamchef Bjarne Riis in Fuerteventura. Großen Anteil daran hat auch Bobby Julich, „Rider Development Manager“ bei Saxo Bank. Der US-Amerikaner ist öfters in Luxemburg, um an den Zeitfahrqualitäten der Brüder zu feilen.
Minutiös wird an der Sitzposition gearbeitet, damit die Kraft optimal auf die Straße gebracht werden kann: „Ich weiß nicht, wie viel, aber es ist schon noch einiges drin“, so Frank Schleck zu den möglichen Fortschritten im Kampf gegen die Uhr. Aber er weiß auch, dass er nie eine Rundfahrt im Einzelzeitfahren gewinnen wird. Er kann allenfalls dafür sorgen, dass die Abstände nicht ganz so entscheidend sind.
Sein Terrain sind die Berge. Und da dürfte ihm die Tour 2010 mehr als entgegenkommen. Die Hommage an die Pyrenäen, die Tour-Organisator ASO für 2010 ausgerufen hat, ist auch ein Vorteil für Frank Schleck. Und je weniger Kilometer für den Kampf gegen die Uhr angesetzt werden, desto besser.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können