Nairo Quintana hat in 105 Jahren Giro d’Italia als erster Kolumbianer die zweitwichtigste Rundfahrt der Welt gewonnen. Nach 21 Etappen und 3445 Kilometern verwies der 24 Jahre alte Senkrechtstarter, der die große Radsportbühne im Vorjahr auf Platz zwei der Tour de France betreten hatte, seinen Landsmann Rigoberto Uran (+2:58) auf den zweiten Platz. Die Ehre der Gastgeber bei der 97. Italien-Rundfahrt rettete Newcomer Fabio Aru (+4:04). Die letzte Etappe am Sonntag in Triest gewann nach 172 Kilometern im Massensprint der Slowene Luka Mezgec vor dem Italiener Giacomo Nizzoli.
Quintana steht an der Spitze der neuen Radsport-Generation aus Kolumbien, die den Giro gehörig durcheinanderwirbelte. Er fühlte sich in den über drei Giro-Wochen wegen einer Erkältung eigentlich nie bei 100 Prozent seines Vermögens. Manche Pressekonferenz hatte er mehr mit Husten als mit Reden verbracht.
Fit
Die Beschwerden konnten den Sohn eines Obstverkäufers aus der 2800 Meter hoch gelegenen Andenstadt Tunja aber nicht davon abhalten, die umstrittene Königsetappe und das Bergzeitfahren zum Monte Grappa am Freitag zu gewinnen. Dabei machte Quintana oft noch den Eindruck, als spiele er mit seinen Gegnern. «Ich versuche, bei den Etappen gut zu sein, aber niemals die letzten Reserven anzugreifen», sagte er.
Genau diesen Eindruck hinterließ der zierliche Südamerikaner bei seinem Zeitfahrsieg. Was er zu leisten vermag, wenn er tatsächlich zu 100 Prozent fit ist, scheint er gegenwärtig selbst nicht zu wissen. Unterschwellige Doping-Verdächtigungen konterte er: «Ich habe meine Grenzen und kenne Erschöpfung. Ich bin kein Übermensch». Wo seine Grenzen liegen, ist eine spannende Frage für die Zukunft.
Eusebio Unzue, sein Chef im Valverde-Rennstall Movistar und in den 90er Jahren auch der Mann hinter dem Aufstieg des fünffachen Toursiegers Miguel Indurain, hält ihn für fähig zum Toursieg. «Er hat das Zeug dazu», sagte Unzue. Quintana bringe neben seinen körperlichen Voraussetzungen auch die mentalen mit: «Er ist trotz seiner Jugend schon jetzt ein Leader».
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