Nach den Parlamentswahlen im Sommer 2009 und der anschließenden Neubildung der Regierung übernahm LSAP-Mann Romain Schneider von seinem Parteikollegen Jeannot Krecké das „Département ministériel des sports“. Sportminister ist Schneider wie Krecké (Wirtschaft) allerdings eher im „Nebenjob“ (siehe Kasten). / Claude Clemens
In seiner Funktion als Sportminister wird der 47-jährige Schneider am Samstag erstmals vor dem sogenannten „Parlament des Sports“, dem ordentlichen Kongress des nationalen Olympischen Komitees COSL, reden. Das Tageblatt unterhielt sich im Vorfeld mit dem „Debütanten“.
Tageblatt: Herr Minister, Ihr Vorgänger sagte bei seinem letzten COSL-Kongress, er sei dort bei Freunden. Mit welcher Einstellung gehen Sie nach neun Monaten Amtszeit am Samstag zu Ihrem ersten COSL-Kongress?
Romain Schneider: „In diesen neun Monaten gab es schon sehr viele Kontakte mit der Welt des Sports. Die Chemie war gut, es stimmte fachlich und menschlich. Im Dezember hatte ich die letzte größere Zusammenkunft mit dem COSL. Ich würde mal sagen, ich gehe noch nicht zu Freunden, aber zu guten Bekannten und Gleichgesinnten.“R. SCHNEIDER STECKBRIEF
o Name: Romain Schneider
o Geboren am: 15. April 1962 in Wiltz
o Regierung: Seit dem 23. Juli 2009 Landwirtschafts- und Sportminister sowie delegierter Minister für „économie solidaire“
o Parlament: 2004 im Bezirk Norden erstmals als Abgeordneter gewählt
o Kommunalpolitik: Im Wiltzer Gemeinderat ab 1994; Bürgermeister von 2000 bis 2009
o Partei: Seit 1981 LSAP-Mitglied; Generalsekretär seit 2004, wird am Sonntag auf dem Landeskongress offiziell aus dieser Funktion ausscheiden
o Beruf: Seit 1980 bei der ADEM; von 1989 bis 2004 Leiter der Wiltzer ADEM-Agentur
o Sport: Fußballer; Spieler des FC Wiltz 71, später u.a. auch Trainer, von 2002 bis 2009 Präsident; heute Hobby-Radfahrer, für das Laufen zwickt das verletzte Knie zu sehr
„T“: Aufgeregt?
R.S.: „Nein, nicht als Politiker auf diesem Niveau. Außerdem komme ich aus dem Sport und kenne jetzt alle Dossiers. Aber ich werde mich schon anders vorbereiten, der Wichtigkeit angemessen. Und dann gleich noch einmal, für Sonntag, für meinen letzten Kongress als Partei-Generalsekretär.“
„T“: Wir machten vor kurzem eine ausführliche Bestandsaufnahme aller zu bauenden Sportstätten (siehe Tageblatt vom 26. Februar). Dabei angeschnitten wurde das Dossier Sportlycée. Wie sieht es hier mit dem Gesetzestext aus, damit das Lyzeum endlich eine rechtliche Basis hat?
R.S.: „Das Gesetz ist so gut wie fertig, diese Woche war eine der letzten gemeinsamen Sitzungen von Sport und ‹éducation nationale›. Das Konzept musste aus der bestehenden Praxis in Gesetzesform umgeschrieben werden, das bedurfte einiger Feinarbeit. Dann muss es auf den Instanzenweg.“
„T“: Das Sportlycée ist eines der wichtigsten Projekte von Jeannot Krecké gewesen. Ihr Vorgänger hat, nach einer Flaute, viel bewegt. Ist für Sie noch Platz für eigene Initiativen, oder gilt es „nur“ weiterzuführen und fertigzustellen?
R.S.: „Jeannot Krecké sagte auf dem letzten COSL-Kongress, es sei noch viel zu erledigen. Und in kurzer Zeit wurde nun schon vieles abgehakt. In Stichworten: Sportlycée, „Oeuvre Grande-Duchesse Charlotte“ und COSL, die erste Liste des Fünfjahresplans für Sport-Infrastrukturen, Ehrenamt, Luxemburg als Sitz großer internationaler Verbände, der Sport im Lissabon-Vertrag etc. Im Regierungsprogramm steht über Sport eigentlich nicht so viel, das muss nun mit Leben erfüllt werden. Für meine Tätigkeit als Minister sehe ich vier wichtige Sockel, auf denen der Sport stehen muss: die absoluten Top-Sportler, der Sport auf einem internationalen oder europäischen Wettkampf-Niveau, der Amateursport in Luxemburg, und schließlich der Freizeit- und Schulsport, der Sport unter seinem gesundheitlichen und vorbeugenden Aspekt. Meiner Meinung nach der wichtigste Sockel, der Grundgedanke des Sports. Nicht nur gesunde Finanzen sind wichtig für ein Land, sondern auch gesunde Bürger! Und die Elite-Sportler sind die Lokomotiven für den Breitensport.“
„T“: Im Kontext Schule: Es sind bekanntermaßen zu viele Sportlehrer „auf dem Markt“. Es gab die Idee, diese im Sportunterricht in der Grundschule einzusetzen. Wie weit ist diese Idee fortgeschritten?
R.S.: „Es gibt eine inter-ministerielle Arbeitsgruppe Sport – Bildung, die sich mit vielen Themen befasst. Auch mit diesem. Der Bedarf in der Grundschule ist da, das ist klar, der angesprochene Überschuss ist auch eine Realität. Wie ein ‹Zusammenführen› beider Probleme in der Praxis aussehen könnte, darüber wird in der Tat weiter nachgedacht.“
„T“: Sie bekleiden „zweieinhalb“ Ministerposten. Wie viel Zeit bleibt Ihnen für den Sport? Genug Zeit?
R.S.: „Die Landwirtschaft mit allem, was dranhängt, ist die Hauptsache, die beiden anderen gehen nebenher. Der Anfang meiner Amtszeit mit der Milchkrise war schwierig, aber mit guten Mitarbeitern ist das zu bewältigen. Ich reserviere einen Tag der Woche ganz dem Sport, dazu kommen dann fast alle Wochenenden mit dem praktischen Kontakt zur Sportwelt.“
„T“: Viel Zeit widmeten Sie auch dem Streit Coque – Marathon. Eine (Zwischen-)Bilanz?
R.S.: „Der Streit hat den Minister eigentlich schon zu viel Energie gekostet – er ist nicht der Organisator. Da ich neu war, wollte ich aber noch einmal versuchen, zu vermitteln.“
„T“: Fischen wir noch zwei Punkte aus dem Regierungsprogramm heraus, über die bisher kaum bis gar nicht geredet wurde: die Revision der gesetzlichen Bestimmungen betreffend den „congé sportif“, bzw. die Revision des Gesetzes von 1988 „portant organisation de la structure administrative de léducation physique et des sports“. Was hat es damit auf sich?
R.S.: „Eher Routine. Es wird festgehalten, wie viel ‹congé sportif› momentan bewilligt wird, ob dies genug ist, wo noch Bedarf herrscht. Auch bei der Eneps (Ecole nationale de léducation physique et des sports, d.Red.) wird eine Art ‹Ist-Zustand› erhoben, das Funktionieren der Institution analysiert. In beiden Bereiche gilt es, zu sehen, wie sie funktionieren, und gegebenenfalls Verbesserungen vorzunehmen.“
„T“: Drei Stichworte in eine Frage gepackt, da sie zumindest entfernt zusammenpassen: „chèques-service accueil“ (CSA), Ehrenamt, neues Asbl-Gesetz …
R.S.: „Zu Letztgenanntem: Anpassungen sollen vorgenommen werden, aber ich meine, dass es bereits in der aktuellen Form nicht zu viele Änderungen für den Sport geben wird (das Interview wurde vor der Biltgen-Pressekonferenz dieser Woche geführt, d.Red.). Ich sehe eher Chancen für den Sport. Man muss das jetzt weiter verfolgen.
Die CSA sind eine Riesen-Chance für den Sport zu einer Qualitätssteigerung in der Betreuung. Viele Vereine haben die Möglichkeit auch schon ergriffen. Es ist eine Anerkennung und eine Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements. Im Bereich Benevolat gab es schon zwei konkrete Maßnahmen: die teilweise Rückerstattung vom Ministerium der Beiträge für Kasko-Versicherungen an die Vereine sowie als moralische Unterstützung sozusagen die Aktion ‹bénévole de lannée›. Die Bekanntgabe der Preisträger erfolgt im April. In den nächsten Monaten wird zudem eine Kampagne für verstärktes ehrenamtliches Engagement gestartet werden.“
„T“: Ein weiteres Stichwort, quasi obligatorisch: Doping.
R.S.: „Ich glaube, dass wir da in Luxemburg gut aufgestellt sind. Die ALAD macht gute Arbeit, hat gute internationale Kontakte und ist immer auf dem Laufenden über die neuesten Entwicklungen. Die richtigen und die nötigen Kontrollen werden durchgeführt. Als Prinzip gilt natürlich weiterhin: null Toleranz.“
„T“: Mit dem Lissabonner EU-Vertrag, wo der Sport erstmals seinen Platz hat, dürfte es in Zukunft auch formelle Sportminister-Treffen auf EU-Ebene geben. Dasjenige vom 20./21. April ist noch informell. Wie siehts in diesem Dossier aus?
R.S.: „Der Sport soll seine eigene Politik machen, seine eigenen Ausrichtungen verfolgen. So steht es im Vertrag. Nun gibt es aber z.B. in der EU-Kommission keinen eigenständigen Kommissar für Sport … Hier muss noch vieles definiert werden, sowie eine ganze neue technische Organisation – Arbeitsabläufe, Arbeitsgruppen, vorbereitende Konferenzen, wie soll ein ‹richtiger› Sportminister-Rat überhaupt funktionieren etc. – aufgebaut werden. Das alles soll in Madrid auf der Tagesordnung stehen.“
„T“: Zum Abschluss kann ein Thema in diesen Zeiten nicht ausbleiben: das Geld. Muss auch der Sportminister sparen?
R.S.: „Jedes Ministerium wird seinen Obolus leisten müssen. Auch wir müssen unsere ‹frais de fonctionnement› und Investitionen überprüfen. Der Vorteil: Unser Budget ist ohnehin klein. Und unser Ministerium investiert nicht viel, sondern subventioniert vor allem, über den Fünfjahresplan für Sportstätten. Da muss dann der Sportminister, und nur er, seine Prioritäten setzen.“
COSL: Der Kongress
Die Bühne für die „Antrittsrede“ von Sportminister Romain Schneider ist der ordentliche Kongress des nationalen olympischen Komitees COSL am Samstag ab 15.00 Uhr im „Tramsschapp“ auf Limpertsberg.
Auf die beiden wichtigsten Punkte der Versammlung war das Tageblatt an dieser Stelle bereits einmal eingegangen (siehe „T“ vom 3. März):
a) Rob Thillens, Präsident der Vereinigung der Sportprofessoren APEP, ist Kandidat für den einzigen freien Posten im Verwaltungsrat.
b) Der Verwaltungsrat um Präsident Marc Theisen muss dem Kongress ein Defizit von 466.315,77 Euro erklären. Dabei hätte es noch schlimmer kommen können, der Haushalt 2009 hatte sogar ein Minus von 550.000 vorgesehen. Auch wenn von der „Oeuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“ (Glücksspiel-Einnahmen) ab 2010 wieder mehr Geld in die Kassen des COSL fließen wird, so mussten die Reserven nun doch zum wiederholten Male angegriffen werden.
Die Finanzen dürften demnach ein Hauptthema des Kongresses werden. Auch wenn 2010 „billiger“ werden wird. 2011 sind wieder JPEE, 2012 ist wieder Olympia und außerdem 100 Jahre COSL, und 2013 sind die JPEE im eigenen Land.Ansonsten stehen die üblichen Berichte auf dem Kongress-Programm, außerdem wird der „Trophée Fair-play Prosper Link“ verliehen – und zwar gleich doppelt. Die Laureaten kommen aus dem Handball- und dem Tischtennis-Verband.
clc
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