Die Pleiten, Pech und Pannen sind inzwischen vergessen, nach den guten Testeindrücken fiebert man beim in Lotus F1 Team umbenannten Rennstall von Gerard Lopez dem Saisonstart in Melbourne entgegen.
«Letztes Jahr waren wir Fünfte, das war nicht gut», so Gerard Lopez gegenüber dem Tageblatt. «Es war ein Katastrophenjahr mit dem Unfall von Robert Kubica und der Auspuffgeschichte (die FIA verbot das System noch vor dem Saisonstart, was das Team entscheidend zurückwarf, d. Red.). Nochmal Fünfter wäre definitiv eine Enttäuschung“, gibt der Chef die Marschrichtung vor. Angepeilt wird Platz 4 in der WM-Wertung, „alles darüber nehmen wir auch gerne mit», so Lopez.
Starke Leistungen bei den Tests
Die Voraussetzungen dafür scheinen gut. In den Testfahrten vor der Saison war man stets vorne mit dabei. Formel-1-Rückkehrer Kimi Räikkönen fuhr beim Testauftakt und beim Testfinale die schnellste Zeit, was sogar den amtierenden Weltmeister beeindruckte: «Die scheinen wirklich gut zu sein», so Sebastian Vettel über Lotus. Selbst das Auslassen der mittleren Testsession wegen Probleme mit dem Chassis scheint das Team nicht sonderlich gebremst zu haben. Pilot Nr. 2, Romain Grosjean, jedenfalls ist voll des Lobes über den E20: «Er ist in allen Phasen berechenbar und benimmt sich im Grenzbereich immer gleich», sagt der Franzose.
Im vergangenen Jahr waren Red Bull, McLaren, Ferrari und Mercedes dem Lotus deutlich überlegen, doch das Blatt scheint sich ein wenig gewendet zu haben. Zumindest Ferrari und Mercedes sollten 2012 in Reichweite der Lopez-Mannschaft sein. Zumal das Fahrerduo stärker daherkommt als im Vorjahr. Damals hatte die Nr. 1 des Teams, der Pole Robert Kubica, großes Glück, dass er nach einem schweren Rallyeunfall mit dem Leben davonkam. An Formel 1 war aber nicht mehr zu denken. Die restlichen Fahrer, ob Witali Petrow, Nick Heidfeld oder Bruno Senna, erfüllten die in ihnen gesetzten Erwartungen nur selten.
Richtige Mischung
Jetzt aber ist man überzeugt, mit Ex-Weltmeister Räikkönen und Nachwuchspilot Grosjean die richtige Mischung gefunden zu haben. Gerard Lopez erklärt: «Beide haben den nötigen Speed, und der eine hat auch noch die nötige Erfahrung. Für den Teil ‹jung› der Paarung hatten wir wenig Auswahlmöglichkeiten. Wir haben eben nicht wie Red Bull dahinter ein Toro-Rosso-Team, wo man junge Fahrer während der Saison testen könnte.
Blieben also Witali Petrow, Bruno Senna und Romain Grosjean. Dass wir nun Grosjean eine Chance geben, ist kohärent mit unserer bisherigen Herangehensweise, was die Auswahl junger Fahrer angeht. Er hat eine neue Chance verdient.»
Lopez: «Schon ein wenig stolz»
Wobei schlussendlich nur die Leistung zählt, denn als Talentschmiede versteht man sich nicht unbedingt bei Lotus, schließlich will man Gerard Lopez zufolge 2015 oder spätestens 2016 in der Lage sein, um den Titel mitzufahren: «Wenn man sich die Geschichte von Enstone (der Firmensitz, d. Red.) ansieht, dann stellt man fest, dass dort 1994/1995 und 2005/2006 Weltmeistertitel gefeiert werden konnten. Offensichtlich gibt es einen 10-Jahres-Rhythmus, den wir fortsetzen möchten. 2012 geht es also darum, diesem Ziel einen Schritt näher zu kommen.»
Das soll vor allem mit, im Vergleich zum Vorjahr, wesentlichen Verbesserungen in der Aerodynamik realisiert werden und vor allem mit einem Bremssystem, was schon früh in der Vorbereitung die Konkurrenz auf den Plan rief. «Man ist schon ein wenig stolz, wenn andere sich den Kopf zerbrechen über unsere Entwicklungen. Aber das Bremssystem ist nur Teil eines Gesamtkonzepts. Wir machen nicht mehr den Fehler wie beim Auspuff vergangene Saison, das Auto zu viel auf ein einziges Element aufzubauen.»
An Selbstvertrauen fehlt es bei Lotus jedenfalls vor dem Saisonauftakt nicht. Im Vergleich zum Vorjahr kann es schließlich fast nur noch bergauf gehen.
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