Getragen von der Euphoriewelle, auf der das Team Großbritannien durch die Sommerspiele in London rauscht, gewann Andy Murray in Wimbledon das erste britische Tennisgold nach 92 Jahren und verhinderte damit den goldenen Karriere-Grand-Slam von Wimbledonsieger Roger Federer. Serena Williams krönte ihre unfassbare Dominanz im All England Club.
Nach nur 1:56 Stunden verwandelte Murray seinen ersten Matchball zum verdienten 6:2, 6:1, 6:4 und feierte damit den größten Erfolg seiner Laufbahn. Bronze ging an Juan Martin Del Potro (Argentinien), der sich 7:5, 6:4 gegen Novak Djokovic (Serbien) durchsetzte.
„Das ist der größte Sieg meines Lebens“, sagte Murray: „Die Unterstützung war bei allen Events unglaublich. Das Momentum, das unser Team in den vergangenen Tagen getragen hat, hat auch mir den letzten Schub gegeben.“
Fairer Verlierer
Federer gratulierte fair. „Andy war heute viel besser als ich. Mein Ziel war eine olympische Einzelmedaille, daher ist es trotzdem ein Sieg für mich“, sagte der 30-Jährige: „Ich war heute ein bisschen langsam und habe ein paar falsche Entscheidungen getroffen.“ Der 25-jährige Murray revanchierte sich für die Niederlage im Finale der Championships. Vor vier Wochen hatte er noch in vier Sätzen gegen Federer verloren und bittere Tränen vergossen. Murray verlor ein Spiel, gewann jedoch die Herzen der britischen Fans – genau diese Erfahrung machte nun den Unterschied. „Nach dem Finale musste ich erst einmal nachdenken, meine Lehren daraus ziehen und schnell darüber hinwegkommen“, sagte Murray. Für den Sieger ebenfalls immens wichtig: Anders als beim Grand Slam in Wimbledon musste er die Last nicht alleine schultern. Die Erwartungshaltung verteilt sich auf das gesamte britische Team. „Ich kann den Fernseher anschalten und höre niemanden über mich reden“, hatte Murray gesagt, und es klang wirklich erleichtert: „In Wimbledon stehe ich dagegen ganz alleine im Fokus.“
Tatsächlich spielte Murray auf dem heiligen Rasen befreit wie selten auf. In seinem ersten Aufschlagspiel wehrte er zwei Breakbälle ab und wurde fortan mit „Andy, Andy“-Rufen nach vorne gepeitscht. Eine solche Stimmung hatte der altehrwürdige All England Club noch nie erlebt. Federer stemmte sich gegen die Niederlage und hatte zu Beginn des zweiten Satzes die Chance, zurück ins Spiel zu kommen. Mit Hilfe des Publikums wehrte Murray jedoch sechs Breakbälle ab und setzte seinen Goldlauf unbeirrt bis ins Ziel fort.
„Sooo irre“
Wimbledonsiegerin Serena Williams fegte derweil im Einzelfinale über die bedauernswerte Maria Scharapowa (Russland) hinweg. 6:0 und 6:1 hieß es nach nur 63 Minuten. Bereits im Halbfinale hatte Williams die spätere Bronzemedaillengewinnerin Victoria Azarenka (Weißrussland) 6:1, 6:2 vom Platz gejagt. „Ich habe niemals besser als heute gespielt“, sagte Williams nach dem Finale: „Ich habe alles gewonnen. Jetzt kann ich ins Disneyland gehen.“ Einen Tag später gewann sie mit Schwester Venus auch das Doppel, zum dritten Mal nach 2000 und 2008. Beide Williams haben nun jeweils viermal Gold gewonnen und sind damit die erfolgreichsten Tennisspielerinnen der Olympiageschichte.
Williams machte damit erst als zweite Spielerin der Tennis-Geschichte einen Karriere-„Golden Slam“ (sie konnte jedes der vier Grand-Slam-Turniere mindestens einmal gewinnen und nun auch die Olympischen Spiele im Einzel) perfekt. „Das ist sooooo irre“, meinte sie überwältigt. Steffi Graf hatte dieses Kunststück im Jahr 1988 sogar in einer Saison vollbracht.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können