Bernie Ecclestones Verteidiger haben die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft im Münchner Schmiergeldprozess in einem zentralen Punkt attackiert. Aus Sicht der Anwälte des Formel-1-Chefs ist fraglich, ob der frühere BayernLB-Risikovorstand Gerhard Gribkowsky überhaupt öffentlicher Amtsträger im Sinne des Strafgesetzes war, als er eine Millionenzahlung von Ecclestone kassierte. Zudem zweifelte Verteidiger Sven Thomas am Nutzen für das Land Bayern durch die Formel-1-Anteile, die seinerzeit im Besitz des Landesbank waren. «Diese Rennstrecken liegen bekanntlich nicht in Bayern», betonte Thomas am zweiten Prozesstag am Freitag.
Ohnehin zog er als einer der insgesamt drei Rechtsvertreter Ecclestones ein positives Zwischenfazit. «Die beiden Zeugen haben das bestätigt, was wir auch in der Stellungnahme für Herrn Ecclestone vorgetragen haben», sagte Thomas. «Von daher bin ich mit dem Tag sehr, sehr zufrieden.» Er habe zudem auch nicht den Eindruck, dass sein Mandant «irgendwo aufgeregt das Geschehen» verfolge.
Vergebliches Warten auf Antworten
Wie schon beim Auftakt des auf insgesamt 26 Verhandlungstage angesetzten Prozesses wollte Ecclestone im Sitzungssaal keine Fragen zu den Geschehnissen vor allem vor acht Jahren und auch noch davor beantworten. Ecclestone, diesmal auch begleitet von Gattin Fabiana Flosi, bekam abermals jeden Satz durch eine Dolmetscherin neben ihm übersetzt. Weil er selbst nicht reden wollte, hörte Richter Peter Noll Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl und Staatsanwalt Martin Bauer als Zeugen. Sie hatten Ecclestone bei den Ermittlungen im Prozess gegen Gribkowsky vernommen.
Schon damals hatte Ecclestone argumentiert, er habe sich bedroht gefühlt, dass Gribkowsky ihn bei den britischen Steuerbehörden hätte anschwärzen können. Diese Erpressungsversion hatte er auch vor gut einer Woche von seinen Anwälten in einer stundenlanden Erklärung verlauten lassen. Darauf reagierte am Freitag die Staatsanwaltschaft in einem kurzen Statement, in dem sie ihre Bestechungsversion für die 44 Millionen US-Dollar von Ecclestone an Gribkowsky bekräftigte.
«Eigene Machterhaltung»
Das Motiv sei die «eigene Machterhaltung» gewesen, sagte Staatsanwalt Christian Weiß. Durch das Geld wollte Ecclestone laut Anklage sicherstellen, dass Gribkowsky die Mehrheit an der Formel 1, die damals der Bayerischen Landesbank gehörte, an seinen Wunschinvestor CVC verkauft. So durfte er an der Spitze der Rennserie bleiben, die er seit fast vierzig Jahren wie kein zweiter geprägt hat und noch immer mehr oder weniger allein lenkt.
Ecclestones Anwälte bezweifeln aber, dass Gribkowsky damals öffentlicher Amtsträger war. Davon geht die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage aus. Belegen wollen die Juristen von Ecclestone ihre Annahme unter anderem durch Kreditunterlagen der Landesbank.
Haftstrafen für Bestechung
Für den Prozess ist die Frage von großer Relevanz, da das Strafgesetz für die Bestechung eines öffentlichen Amtsträgers bis zu zehn Jahre Haft vorsieht. Für die Bestechung im geschäftlichen Verkehr sind es bis zu fünf Jahre Haft, zudem ist der Vorwurf enger gefasst.
Hinzu käme die Wettbewerbsfrage. «Um die Formel-1-Anteile hat es zu keinem Zeitpunkt einen Wettbewerb gegeben», betonte Thomas. Zudem gilt es weiter zu klären, ob Ecclestone wusste, dass er in Gribkowsky einen öffentlichen Amtsträger vor sich hatte.
«Wenn Sie jetzt nachher rausgehen und sehen da die Herrschaften, die in Uniform gekleidet sind, fällt es schwer, den Vorsatz hinsichtlich der Amtsträgereigenschaft zu verneinen», erklärte Thomas im Justizgebäude in München. «Das ist aber was völlig anderes, wenn Herr Gribkowsky an der Rennstrecke in Shanghai auftritt. Den also noch als Amtsträger zu bewerten, setzt schon eine Menge an Fantasie voraus und vor allen Dingen, dass er Auftrag der Daseinsvorsorge für den bayrischen Bürger tätig ist», sagte der Rechtswanwalt. Der zu achteinhalb Jahren Haft wegen Bestechlichkeit verurteilte Gribkowsky ist am kommenden Freitag als Zeuge gegen Ecclestone geladen.
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