FussballKevin Wennmacher, ein Luxemburger Fanklub-Leiter bei Real Madrid

Fussball / Kevin Wennmacher, ein Luxemburger Fanklub-Leiter bei Real Madrid
Daumen hoch: Der Luxemburger Kevin Wennmacher fand sich auf dem Instagram-Account von Verteidiger Sergio Ramos wieder Sergio Ramos/Instagram

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Sie ist jung, klein und recht unbekannt: die Real-Madrid-Fansektion aus Luxemburg. Der 25-jährige Kevin Wennmacher wurde vor vier Jahren vom Verein beauftragt, die Zusammenarbeit in den Benelux-Staaten zu koordinieren. Der Mann aus dem Norden des Großherzogtums hat trotz (noch) mangelnder Spanischkenntnisse große Ziele.

Als Toni Kroos mitten in Madrid bei einer roten Ampel anhalten muss, nutzt Kevin Wennmacher die Gunst der Stunde: Der Profi öffnet das Fenster und spricht nur zwei Sätze: „Ihr habt so lange Zeit, bis ich fahren darf. Ich will keines der Fotos in den sozialen Netzwerken sehen.“ Noch heute ist das Selfie mit dem deutschen Nationalspieler eines der Highlights aus dem Fanleben des Luxemburgers, denn der Mittelfeldspieler meidet Online- und Medienpräsenz. Daher wundert es kaum, dass Wennmacher „einer der einzigen Fans der internationalen Sektionen ist, die ein Foto mit ihm besitzen“. 

Begegnungen wie diese gehörten in den letzten sechs Jahren zur großen Herausforderung des Luxemburger Fans. Stundenlang harrte er bei seinen mehrtägigen Trips nach Spanien mit Gleichgesinnten rund um das Trainingsgelände der „Königlichen“ aus. „Wenn man Glück hat, bleibt das Auto vor und nach dem Training stehen. Andere Spieler geben dir gleich ein Zeichen, dass sie nicht anhalten wollen.“ So erkundigte sich Federico Valverde vor einiger Zeit auch scherzhaft beim 25-jährigen Anhänger, ob dieser nicht schon ausreichend Fotos von seinem Gesicht auf seinem Handy gespeichert hätte.

Keine Routine

Dass Begegnungen mit Weltstars allerdings nie zur Routine werden, spürte Wennmacher an dem Tag, als ihm Roberto Carlos in der Cafeteria des Trainingsgeländes über den Weg lief. „Die Tür ging auf, aber er steckte mitten in einem Gespräch am Telefon. Meine Freundin forderte mich gleich auf, ihn anzusprechen.“ Doch der Luxemburger zitterte, wollte nichts überstürzen und wartete das Ende des Telefonats ab. „Ich bleibe immer respektvoll und laufe auch keinen fahrenden Autos hinterher.“

Bei der Präsentation seines Film entstand in Köln ein zweites Foto mit Toni Kroos – diesmal mit der Erlaubnis, geteilt zu werden
Bei der Präsentation seines Film entstand in Köln ein zweites Foto mit Toni Kroos – diesmal mit der Erlaubnis, geteilt zu werden Foto: Privat

Bereits beim ersten Besuch im Santiago-Bernabéu-Stadion, 2014, sei es um das Fan-Herz des Informatikers geschehen gewesen. Doch auch vorher gab es klare Tendenzen: „Meine Tante ist Iker-Casillas-Fan. Das Hauptargument war wohl das Aussehen.“ Ausgerechnet bei der Bernabéu-Premiere kam es zu einer folgenreichen Begegnung auf der Tribüne: In der Spielstätte kam er mit einem Deutschen ins Gespräch, der sich um die Betreuung der Fans aus Deutschland und Österreich kümmerte. Mehrere Monate blieben die beiden in Kontakt. 2016 entstand die Idee, einen Luxemburger Fanklub zu gründen. 2018 wurde die Sektion aufgestockt und als Benelux-Vereinigung von den Real-Gremien in der „Primavera Blanca“-Vereinigung aufgenommen – mit als Wortführer einem Sektionsleiter aus Binsfeld. Der Name: Primavera Fans RMCF Benelux.

„Eine weiße Wand“

Dass überhaupt nach internationalen Fan-Verantwortlichen gesucht wurde, ist älteren Vorfällen zu schulden: „Vor fünf, sechs Jahren standen hinter dem Tor noch die Madrider Ultras. Der Verein schmiss sie wegen politischer Äußerungen und rechtsradikaler Einstellung raus.“ Es entstand ein neues Projekt: eine neue Fanszene frei von Gewalt und Politik. Mittlerweile singen hinter dem Real-Tor Fanblock-Gruppierungen aus Deutschland, Österreich, den Benelux-Staaten, Polen, der Schweiz, Italien, Frankreich und seit 2019 auch Tunesien. Allesamt tragen sie weiße Trikots: das Pflicht-Ouftit im „Blanca“-Block.

Ein weißes Shirt ist im Fanblock Pflicht
Ein weißes Shirt ist im Fanblock Pflicht Foto: Privat

Mit anderen Fansitten hatte Wennmacher dagegen zunächst Probleme. „Du musst die spanischen Fangesänge während 90 Minuten mitsingen.“ Obschon seine Mutter Halb-Spanierin ist, hat der Luxemburger die Sprache nie erlernt – und sich vor fünf Monaten überwunden, einen Kurs zu belegen. Große Probleme hat die Sprachbarriere ihm in Südeuropa nie bereitet: „Ich wurde mit offenen Armen empfangen. Es war den Leuten egal, dass sie mich nicht verstanden haben. Jetzt sind diese Menschen meine Freunde geworden.“ Neben den 6.000 lautstarken Spaniern, die der Primavera-Fangemeinde angehören, kann Real regelmäßig auf 650 Anhänger aus ganz Europa zählen. 

Die Stimmung außerhalb unseres Blocks ist ergebnisabhängig. Liegen wir nicht 3:0 in Führung, ist es etwas traurig.

Kevin Wennmacher, Fan des Real Madrid

„So verrückt wie ich ist allerdings derzeit kein anderer Luxemburger“, sagt Wennmacher. „Es gibt zwei, drei Leute, die mich ab und zu begleiten.“ Stattdessen gehören Videokonferenzen mit den internationalen Sektionsleitern und Freunden zum regelmäßigen Ablauf seiner Tätigkeit. Von Real Madrid bekam der Nordist die Verantwortung, die sozialen Netzwerke auf dem neuesten Stand zu halten (in sämtlichen Landessprachen der Benelux-Staaten), Mitglieder anzuwerben und zu registrieren. Bedingung für die Aufnahme ist lediglich ein Wohnsitz in einem der drei Länder. Zurzeit betreut Wennmacher 25 Mitglieder: „Unser Problem ist die Visibilität.“ 

Dieses Foto mit Isco entstand auf dem Trainingsgelände der Madrilenen
Dieses Foto mit Isco entstand auf dem Trainingsgelände der Madrilenen Foto: Privat

Wennmacher hat konkrete Vorstellungen, in welche Richtung sich seine Fangemeinde entwickeln soll: „Vor drei Jahren war ich in Dortmund beim Champions-League-Auswärtsspiel. Die Gelbe Wand (Stehplatz-Tribüne des BVB) ist beeindruckend und die Stimmung hat mich überwältigt. In ein paar Jahren soll in Madrid eine Weiße Wand zu sehen sein. Wir wollen dem Verein beweisen, dass wir noch mehr Platz im Stadion für unseren Fanklub brauchen.“ Denn jetzt wäre das Bernabéu zwar immer gut ausgefüllt, doch mit vielen „Nussknackern“: Dauerkartenbesitzern, „die sich zwei-, dreimal aufregen, ihre Nusstüte futtern und dann nach Hause gehen. Ich habe die Stadiontour jetzt bestimmt schon zwanzig Mal gemacht. Es ist verrückt, wie es nach dem Spiel aussieht: Da werden die leeren Hülsen kiloweise mit Laubbläsern aus den Rängen entfernt.“ 

Demnach ist auch bei den „Königlichen“ nicht alles Gold, was glänzt. Vor allem die Unterstützung sei ausbaufähig, meint der Luxemburger: „Die Stimmung außerhalb unseres Blocks ist ergebnisabhängig. Liegen wir nicht 3:0 in Führung, ist es etwas traurig.“ Keine Probleme wird es in dieser Hinsicht beim „Clasico“ gegen Barcelona (am 1. März) geben, die nächste Reise des Informatikers. „Natürlich fallen Kosten an und Urlaubstage gehen drauf. Aber dafür sitzt man dann auch mit der Nase auf dem Rasen.“ Bis dahin wird er sich mit Livestreams begnügen müssen – etwas, an das man sich über die Jahre gewöhnt: „Sogar bei Familienessen liegt das Handy während der Spiele auf dem Schoß.“

Das etwas andere Valentinstag-Selfie vom 14. Februar 2018 mit Marcelo entstand letztes Jahr nach dem 3:1-Champions-League-Erfolg gegen Paris Saint-Germain
Das etwas andere Valentinstag-Selfie vom 14. Februar 2018 mit Marcelo entstand letztes Jahr nach dem 3:1-Champions-League-Erfolg gegen Paris Saint-Germain Foto: Privat

Link und Infos:

Facebook: Primavera Fans RMCF Benelux