Katars „Familie“ ist bereit, auch ohne eingekaufte Brasilianer. „Alles ist möglich“, sagt Nationaltrainer Felix Sanchez vor dem WM-Debüt des Gastgebers aus der Wüste, der von einem Coup träumt und doch als krasser Außenseiter gilt. Die Stunde der Wahrheit schlägt nach der skurrilsten Vorbereitung der WM-Geschichte am Sonntag im Eröffnungsspiel vor 60.000 Fans gegen Ecuador (17.00 Uhr).
Als „Familie“ bezeichnet sich Katars Auswahl gerne, und ihr Patriarch ist Sanchez. Seit Juni hat der Spanier seine Spieler in einer Art Blase um sich geschart – doch eigentlich läuft die Vorbereitung schon seit zwölf Jahren. Denn mit dem WM-Zuschlag im Dezember 2010 stellte sich auch die Frage: Wie nur bekommen wir bis 2022 eine schlagkräftige Mannschaft?
Die vermeintlich einfachste Lösung, der Einkauf von Brasilianern, scheiterte an der FIFA. Ailton, Dede und Leandro waren schon 2004 nach Doha gereist, um gegen massig Geld ihre Nationalität zu ändern. Doch der Weltverband verschärfte seine Statuten – anders als im Handball, wo Katar bei der Heim-WM 2015 mit einer Art Weltauswahl bis ins Finale marschierte.
Also setzte Katar ganz auf sein „UFO“ am Rande von Doha: In der schon 2004 eröffneten Aspire Academy werden Talente geformt, der beim FC Barcelona ausgebildete Sanchez lehrt dort schon seit 2006. Mit ungeahntem Erfolg: Sanchez führte Katars U19 2013 zur Asienmeisterschaft, 2019 gewann er dann mit einem Großteil jener Mannschaft auch bei den „Großen“ sensationell den kontinentalen Titel, durch ein 3:1 im Finale gegen Japan.
Kein Wunder, dass seither die WM-Träume in den Himmel wachsen. Auch, weil Katar nahezu auf jedem Kontinent als Gast an Turnieren teilnehmen durfte: In Südamerika gab es bei der Copa America 2019 nur einen Punkt, in Nordamerika reichte es beim Gold Cup 2021 für das Halbfinale (0:1 gegen die USA), und sowohl in Europa als auch in Asien durfte Katar in der WM-Qualifikation mitmachen.
Zuletzt aber folgten ernüchternde Ergebnisse wie das 0:1 gegen den nordirischen Erstligisten Linfield im Juni. In der Gruppe mit Ecuador, dem Senegal und den Niederlanden wird es vor allem auf den mit Akram Afif und Almoez Ali durchaus gut besetzten Sturm ankommen. Findet das Duo, das wie alle Spieler bei Klubs aus Katars „Stars League“ spielt, nicht in Form, wird es schwer.
Das weiß auch Sanchez. „2019 war es kaum vorstellbar, dass Katar Asienmeister werden kann. Aber wir haben es geschafft“, sagt der 46-Jährige, um schnell anzufügen: „Natürlich spreche ich jetzt nicht davon, dass wir Weltmeister werden.“
Aber wer weiß, vielleicht läuft es ja wie 1981 bei der U20-WM. Zehn Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes war schon Katars Teilnahme in Australien eine Überraschung. Dann folgten plötzlich Siege gegen Brasilien und England, erst im Finale wurde der Außenseiter von der deutschen Elf mit 0:4 gestoppt. 12.000 Kilometer entfernt in Doha waren die Machthaber begeistert – und bekamen Lust auf mehr. Eine WM im eigenen Land, zum Beispiel.
Luxemburg Teil der Katarer WM-Vorbereitung
Zur Erinnerung: Katar nahm zur Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft im eigenen Land an der europäischen WM-Qualifikation teil. Die Mannschaft von Nationaltrainer Felix Sanchez spielte in der Gruppe A mit, in der auch die luxemburgische Fußballnationalmannschaft vertreten war. Die FLF-Auswahl musste sich am 24. März 2021 in einem ersten Aufeinandertreffen auswärts im ungarischen Debrecen mit 0:1 gegen Katar geschlagen geben. Das zweite Testspiel am 7. September im Stade de Luxembourg endete mit einem 1:1-Unentschieden. Das Tor für die FLF-Auswahl erzielte damals Yvandro Borges.
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