Die EM stand für die einzige luxemburgische Teilnehmerin unter keinem guten Stern: Marie Muller war in Runde zwei die bessere Kämpferin, wurde aber vom Schiedsrichter benachteiligt. / Marc Biwer
Statt der angekündigten 303 Judokas hatten sich am Ende 299 Judokas in der österreichischen Hauptstadt eingefunden, 185 Männer und 114 Frauen. Von den 45 angekündigten Nationen sagte lediglich Andorra ab. Damit hatte das Flugchaos um den Vulkanausbruch wenig Einfluss auf die Judo-EM in Wien.
Marie Muller startete bereits am gestrigen ersten Wettkampftag, in der mit 22 Teilnehmerinnen am stärksten besetzten Gewichtsklasse -52 kg. Die Luxemburgerin hatte bei der Auslosung Glück und durfte mit einem Freilos beginnen. Allerdings wurde sie als Letzte in die letzte Gruppe (Pool D) gelost und durfte erst nach langer Wartezeit zum 14. Kampf dieser Kategorie antreten: „Ich sehe keinen Nachteil darin so spät in den Wettkampf zu kommen. Ganz im Gegenteil, dann konnte ich mich noch ein bisschen ausruhen. Und mit dem Druck kann ich gut umgehen.“.
Muller musste in der zweiten Runde gegen die zwei Jahre jüngere Lucie Chytra antreten. Die tschechische Meisterin (2008 und 2007) hatte überraschend in der ersten Runde die portugiesische Meisterin (der letzten drei Jahre) aus dem Turnier befördert. Joana Ramos war die Nummer 7 der Setzliste und 13. im Weltranking. Als Nummer 32 der Welt war die Luxemburgerin Favoritin gegen die 22-jährige Chytra. Es war das erste Aufeinandertreffen der beiden Judokas. Muller war die EM voller Hoffnungen auf einen Podiumsplatz angegangen (siehe „T“ von gestern). Leider sollte es ganz anders kommen.
„Marie fand nur schwer in den Kampf und musste schon nach 30″ eine Yuko-Gegenwertung einstecken“, analysierte ihr Trainer Ralf Heiler das Geschehen. Für die 24-Jährige war dies aber das Signal, das Heft in die Hand zu nehmen, und Marie Muller bekam die Tschechin immer besser in den Griff. Jedenfalls agierte Chytra immer defensiver und wurde zu Recht wegen Passivität bestraft. Zudem konnte die Luxemburgerin einen Yuko werfen und ausgleichen. „Wir waren zu diesem Zeitpunkt eigentlich ganz guter Dinge und haben auf einen zweiten Wurf oder einer zweite Verwarnung gewartet.“ Beides blieb aber aus, obschon die Dritte der U23-EM nichts zum Kampf beitrug. Damit ging man in die Verlängerung. „Auch hier war Marie dominant, zeigte die größere Aktivität und Angriffslust.“ Wie zuvor reagierte die Tschechin nur, ohne eigene Aktionen. Als Muller dann für 20″ eine Verschnaufpause einlegte, wurde sie sofort mit Shido bestraft. Eine Ungerechtigkeit sondergleichen, da mit zweierlei Maß gerichtet wurde. Zwar war die Judoka des KSV Esslingen auch weiterhin sehr ehrgeizig, allerdings auch mit den Kräften am Ende. Chytra stieß so auf „golden score“ in die nächste Runde vor.
Neue Techniken
„Marie Muller hat hier bei der EM die neuen Techniken versucht“, erklärte Heiler. „Es war der erste Einsatz auf diese Art. Die zweite Strafe folgte wegen eines angeblichen Scheinangriffs. Während ihre Gegnerin nicht für ihre Passivität bestraft wurde. Ich will keine Unterstellungen machen, aber die Rückmeldungen aus der Halle sagen klar aus, dass wir ungerecht beurteilt wurden. Eigentlich hätte die Tschechin viel früher bestraft werden müssen, und dann wäre es erst gar nicht zur Verlängerung gekommen. Aber das spielt jetzt alles keine Rolle, man kann nichts mehr an der Situation ändern. Schade, denn mit einem Sieg wäre Marie erst mal unter den letzten acht gelandet, mit berechtigten Chancen auf einen weiteren Sieg gegen Ilse Heylen. Man darf aber nicht vergessen, dass Marie am Wochenende erkältet war und immer noch Schnupfen hatte.“
Die Tschechin schied im Finale der Vorrunde gegen die 33-jährige belgische Mitfavoritin Ilse Heylen aus, womit Marie Muller die zweite Chance über die Trostrunde versperrt blieb. Die Überraschung dieser Kategorie war die Italienerin Rosalba Forciniti (WR 96), die u.a. mit einem Sieg über die Topfavortin Ana Carrascosa (ESP, 2) ins Finale gelangte. Die Titelverteidigerin Natalia Kuzyutina (RUS, 3) konnte dieses Finale aber nach 3’28» auf Ippon gewinnen. Bronze ging an Heylen und an die Französin Penelope Bonna (11).
Bei Marie Muller war die Enttäuschung nach der Niederlage natürlich groß: „Ich bin schon ziemlich niedergeschlagen. Im ersten Moment ist man auch sehr verärgert. Aber dann habe ich zunächst einmal die Schuld bei mir selbst gesucht. Im Nachhinein weiß man immer, was man hier und da hätte besser machen können. Aber dann sieht man all die Fehlentscheidungen und alles ist umso enttäuschender. Es hat eben nicht sollen sein.“
Zu Demaart
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