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J-3: „Spiele der Armut“ – 2:1 für die Verlierer: Olympia mal anders

J-3: „Spiele der Armut“ – 2:1 für die Verlierer: Olympia mal anders

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Bei den „Spielen der Armut“ gibt es keine Gewinner. „Mit den sechs Milliarden Dollar, die für die Olympischen Spiele ausgegeben wurden, hätte man das Problem der Obdachlosigkeit in ganz Kanada auf einen Schlag lösen können“, sagt Wendy Pederson.

Die resolute Dame ist Organisations-Chefin der „Poverty Olympics“ – der ganz und gar anderen Wettkämpfe in Vancouver. Sie veranstaltet unter anderem einen „Slalom der gebrochenen Versprechen“. Ihr Ziel: Die dunkle Seite der Olympiastadt ans Licht bringen, Aufmerksamkeit schaffen für die Obdachlosen, die sozial Abgestürzten.

Vancouver, Downtown Eastside. Wer hier durchfahren muss, der tritt aufs Gaspedal, um diesen heruntergekommenen Stadtteil schnell hinter sich zu lassen. Ein Schandfleck, eine andere Welt, nur zehn Minuten zu Fuß vom schicken Vergnügungsviertel „Gastown“ entfernt. Rund 16.000 Menschen leben hier, oder besser: Sie vegetieren meist nur vor sich hin. Die Rate der HIV-Infizierten ist höher als jene von Botswana.
Von den 2.000 Obdachlosen, die im Großraum Vancouver ums Überleben kämpfen, sind alleine in Downton Eastside (DTES) 700 auf der Straße, in Hauseingängen, neben Mülltonnen zu finden. Richard Bonner gehört ebenfalls zu den Veranstaltern der „Spiele der Armut“.

Gerade ist der Fackellauf durch DTES zu Ende gegangen, Richard Cunningham hat seine selbst gebastelte Fackel in das proppenvolle Gemeindezentrum, die „Japanese Hall“, getragen, jetzt folgt die offizielle Eröffnungsrede. „178 Millionen Dollar für eine Eisschnelllaufbahn“, ruft Bonner in den Saal. „Mit dem Geld hätten 890 neue, dringend benötigte Wohnungen gebaut werden können.“ Das erwähnte Oval, umgerechnet etwa 120 Millionen Euro teuer, steht im Stadtteil Richmond. 26 Prozent der Menschen dort gelten als arm.

Leere Versprechungen

Was Wendy Pederson und Richard Bonner so wütend macht: Es hat von den Stadtvätern und von den Olympia-Organisatoren Versprechungen gegeben. Die einzige Zusage, die eingehalten wurde: Ankauf von 800 Wohneinheiten, die den sozial Schwachen zugänglich gemacht werden sollen. „Das ist nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Wendy Pederson, die wie Mitstreiter Bonner auch keinen Hehl daraus macht, dass sie die echten Olympischen Spiele am liebsten gar nicht in Vancouver gesehen hätte.

Sechs Milliarden Dollar: „Damit hätten sie die Armut in Vancouver auslöschen können“, behauptet Bonner. Immerhin: Wenige Tage vor Beginn der Olympischen Spiele sind die dritten „Poverty Olympics“ ein gelungener Publicity-Stunt. Die Medien sind da, aus aller Welt. Die Show der Armen ist gut, voller pfiffiger Ideen. Es gibt, natürlich, drei Maskottchen: eine Wanze, eine Kakerlake, eine Ratte – die täglichen Begleiter beim Kampf um ein Bett, die nächste Mahlzeit. Richard Cunningham entzündet das „Beendet-die-Armut-Feuer“.

„Armut ist kein Spiel“

Der „Poverty Olympics“-Chor singt, mit Inbrunst, recht schräg und mit zahnlosem Grinsen, die umgetextete kanadische Nationalhymne: „Oh Canada, wir schämen uns für dich.“ Dann beginnen die „Wettbewerbe“.
Der absolute Höhepunkt: ein Eishockeyspiel. Die Mannschaft des Olympia-Organisations-Komitees, die „Vanoc Predators“, gegen eine Truppe der Armen, die „Pigeonhole Eagles“. Die Anzugträger gehen in Führung, der Schiedsrichter ist parteiisch, er schickt „Gordie Homeless“ in die Kabine. Die „Adler“ aus den „Ablagefächern“ kämpfen unverdrossen weiter, angefeuert vom Publikum. Das „Miracle on Ice“, das Wunder auf dem Eis, das vor 30 Jahren den US-Eishockeyspielern gegen Russland gelang, wiederholt sich: zwei Treffer, die „Räuber“ des Vanoc verlieren 1:2. Der Saal tobt, doch Wendy Pederson bleibt nachdenklich. Auf T-Shirts hat sie einen Spruch drucken lassen, den sie nur allzu gern wiederholt: „Armut ist kein Spiel.“ Dafür gibt es in Vancouver auch zu viele Verlierer.

INTERNET www.povertyolympics.ca