Der Parteienstreit über die Steueraffäre von Bayern-Präsident Uli Hoeneß hält unvermindert an. Opposition und Koalition warfen sich am Mittwoch erneut gegenseitig Versagen im Kampf gegen Steuerbetrug vor. Besonders umstritten blieb, ob Steuerbetrüger durch eine Selbstanzeige an harten Strafen vorbeikommen dürfen. Der Bundestag wollte am Nachmittag in einer Aktuellen Stunde über schärfere Maßnahmen debattieren.
SPD-Chef Sigmar Gabriel bekräftigte, die strafbefreiende Selbstanzeige müsse auf geringe Delikte begrenzt sein und könne nach einer Übergangsfrist abgeschafft werden: «Ich glaube, dass man dem eine zeitliche Frist geben muss», sagte er im Deutschlandfunk. «Jeder muss wissen, in ein bis zwei Jahren läuft der Paragraf aus.»
Harte Linie gegen Steueroasen
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verlangte erneut eine harte Linie gegen Steueroasen. Im ARD-«Morgenmagazin» sprach er sich gegen eine komplette Abschaffung der Amnestieregel aus, wie es die Linkspartei fordert. Aber auch der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner plädierte für eine Abschaffung der Strafbefreiung per Selbstanzeige.
Der Finanzexperte der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, sieht dagegen keinen Reformbedarf. «Die strafbefreiende Selbstanzeige hat sich in Deutschland bewährt», sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Das Gesetz sei gerade erst verschärft worden.
«Ein dicker, fetter Zierfisch»
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), warf SPD und Grünen vor, sich mit der Ablehnung des Steuerabkommens mit der Schweiz an die Seite von Steuerhinterziehern gestellt zu haben. Dem Sender N24 sagte er: «Tatsache ist: Der Fall Hoeneß ist doch nur ein Einzelfall, ein Zierfisch, ein dicker, fetter Zierfisch. Aber der gesamte Schwarm der Steuerhinterziehung, der wird doch durch das Scheitern des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens geschützt.»
Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Volker Wissing, sagte im Deutschlandradio Kultur, die strafbefreiende Selbstanzeige sei aus verfassungsrechtlichen Gründen unverzichtbar.
Ankauf von Steuer-CDs
Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) betonte: «Wir müssen Schluss machen mit der Legende, dass die Folgen eines Ankaufs von Steuer-CDs für Kapitalanleger in der Schweiz schmerzhafter seien als die Wirkung eines rechtsstaatlich einwandfreien Steuerabkommens.» Das Gegenteil sei der Fall. «Nur ein Steuerabkommen würde Kapitalanleger richtig zur Kasse bitten.»
Die Steueraffäre Hoeneß bringt die schwarz-gelbe Bundesregierung nach Ansicht von NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) unter Druck. «Jetzt ist bei CDU, CSU und FDP Feuer unterm Dach», sagte der Minister in einer Aktuellen Stunde im Düsseldorfer Landtag.
Knapp 50.000 Selbstanzeigen
Seit Anfang 2010 haben sich nach einer Umfrage der Wochenzeitung «Die Zeit» in Deutschland 47.294 Steuerbetrüger selbst angezeigt. Sie hätten 2,05 Milliarden Euro ans Finanzamt nachgezahlt.
Auch eine dpa-Umfrage hatte Mehreinnahmen von mehr als zwei Milliarden Euro ergeben, wobei nicht alle Länder genaue Zahlen angaben. Eine neue Welle von Selbstanzeigen nach dem Ende 2012 gescheiterten Steuerabkommen mit der Schweiz zeichnet sich noch nicht ab. Viele Selbstanzeigen waren vor drei Jahren eingegangen.
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