Um 23.04 Uhr reckte Dennis Schröder mit breitem Grinsen die WM-Trophäe in die Höhe, die deutschen Basketballer hüpften im goldenen Konfettiregen von Manila auf dem Siegerpodest wild durcheinander, davor prangte in riesigen Buchstaben: „World Champions“. Das Sommermärchen ist auf den Philippinen mit einem Coup zu Ende gegangen, ein Traum Wirklichkeit geworden. Nach einer erneut bärenstarken Leistung schlug die Mannschaft um Kapitän und Turnier-MVP Schröder Serbien im Finale nach einer weiteren Gala mit 83:77 (47:47) und ist tatsächlich Weltmeister.
Glückwünsche einer Ikone
Kaum war die feierliche Zeremonie vorbei, brachen alle Dämme in der Mall of Asia Arena. „Keine ernsten Fragen!“, forderte Moritz Wagner am Mikro im Überschwang, von Bundestrainer Gordon Herbert war schon nichts mehr zu sehen. Der Baumeister des Erfolges saß allein in den Katakomben auf dem Teppichboden und wischte sich völlig überwältigt die Tränen aus den Augen.
„Weltmeister“, sagte Schröder noch etwas ungläubig, das abgeschnittene Korbnetz trug der Regisseur im Interview mit MagentaSport um den Hals und sprach über das Erfolgsgeheimnis. „Wir sind ein Team, bleiben immer zusammen“, so Schröder, dann gab er den Party-Befehl: „Es wird definitiv gefeiert, zu 1.000 Prozent.“
Zuvor hatte es reichlich Glückwünsche gegeben. „Weltmeister!!! Unfassbar! Was für ein Team!!!!!“, schrieb etwa Dirk Nowitzki bei X (ehemals Twitter). Selbst die deutsche Ikone hat diesen Meilenstein nie erreicht. Der Triumph auf den Philippinen ist der größte der deutschen Verbandsgeschichte.
Nach dem achten Sieg im achten Turnierspiel gegen die Serben gab es kein Halten mehr. 30 Jahre nach dem EM-Triumph von München und gut ein Jahr nach den Feiertagen von Berlin, wo es bei der Heim-Europameisterschaft Bronze gegeben hatte, setzte die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) noch einen drauf. Das Team von Bundestrainer Gordon Herbert übertraf das bislang beste WM-Ergebnis aus der Ära Nowitzki – mit dem Turnier-MVP in seinen Reihen hatte die deutsche Mannschaft 2002 in Indianapolis/USA Bronze gewonnen.
Ungeschlagen waren die Herbert-Schützlinge bis ins Endspiel marschiert, nach dem sensationellen Halbfinalerfolg über Topfavorit USA (113:111) war das Ziel für das größte aller Spiele klar. „So eine Möglichkeit gibt es nicht oft, vielleicht nur einmal im Leben. Lasst sie uns nutzen“, sagte Herbert, und Moritz Wagner betonte: „Wir sind jetzt nicht hier, um das Halbfinale zu gewinnen.“
Die Unterstützung aus der Heimat war beim Highlight enorm. Ob aus Politik oder Sport, Daumendrücken für die Korbjäger war am Sonntagnachmittag angesagt, in vielen deutschen Städten gab es Public Viewings, das ZDF hatte sich kurzfristig die Übertragungsrechte gesichert.
Gegen die körperlich robusten und defensivstarken Serben, die bei der WM auch ohne NBA-Champion und Finals-MVP Nikola Jokic (Denver Nuggets) groß auftrumpften, hieß es: gegenhalten, auch wegen der Kulisse in der Mall of Asia Arena. Es war für das DBB-Team wegen der lauten Fans, die bei Freiwürfen „Auf Wiedersehen“ skandierten, ein Auswärtsspiel.
Die deutsche Mannschaft zeigte sich unbeeindruckt, nutzte ihre vielen Optionen in der Offense – es entwickelte sich ein Duell auf Augenhöhe. Gerade Franz Wagner düpierte die Serben wiederholt, auch Regisseur Schröder, der für das Spiel des Lebens die goldenen Schuhe rausgeholt hatte, agierte stark. Beim Gegner war Starspieler Bogdan Bogdanovic kaum zu stoppen, und so stand es nach völlig ausgeglichenen 20 Minuten 47:47.
Abnutzungskampf
Der Abnutzungskampf ging in der zweiten Halbzeit weiter, das Spiel vor 12.022 Zuschauern in der Mall of Asia Arena war deutlich zerfahrener. Angeführt von Schröder, der immer besser wurde, holte das DBB-Team das erste zweistellige Polster gegen den Vizeweltmeister von 2014 heraus (64:53/28. Minute).
Die Serben kamen noch mal bis auf drei Punkte heran (75:78/39.), doch das deutsche Team blieb cool, auch wenn die Würfe nicht mehr hochprozentig fielen. Schröder (28 Punkte) versenkte 21,4 Sekunden vor der Schlusssirene einen ganz wichtigen Korbleger zum 81:77.
Es gab für den DBB die erst zweite WM-Medaille und die fünfte insgesamt. 1993 war Deutschland unter Pesic Europameister geworden, 2005 gab es EM-Silber, 2022 Bronze. Nächster Höhepunkt sind die Olympischen Spiele 2024, das Ticket für Paris war durch den Halbfinaleinzug eingetütet worden. (SID)
US-Basketballer nach Niederlage gegen Kanada ohne Medaille
Die Basketball-Stars der USA haben zwei Tage nach dem Halbfinal-Aus gegen Deutschland auch die Bronzemedaille bei der WM in Asien verspielt. Im Spiel um Platz drei verlor das Team von Cheftrainer Steve Kerr mit 118:127 (111:111, 56:58) nach Verlängerung gegen Kanada und beendet das Turnier somit als Vierter. Die Kanadier hingegen erspielten sich am Sonntag in Manila, angeführt von Starspieler Shai Gilgeous-Alexander (31 Punkte, zwölf Assists) und Topverteidiger Dillon Brooks (39 Zähler), die erste Medaille bei einer WM überhaupt. So ganz schienen die USA das Bronze-Spiel in der Mall of Asia Arena vor 10.666 Zuschauern nicht mehr ernstzunehmen. Paolo Banchero, Brandon Ingram und Jaren Jackson Jr. kamen aus gesundheitlichen Gründen erst gar nicht zum Einsatz. Hinter Anthony Edwards (24 Punkte) und Austin Reaves (23) überzeugten zu wenige Profis aus dem mit NBA-Profis gespickten US-Team. Dazu agierte die Defensive erneut desolat. Zwei Tage zuvor hatten die USA das Halbfinale mit 111:113 gegen Deutschland verloren und so vorzeitig den angepeilten sechsten WM-Titel verpasst. Für Olympia 2024 sind die Amerikaner mit dem WM-Resultat aber qualifiziert. In Paris wird dann ein anderes Team erwartet. Spekuliert wird über die Rückkehr von Spielern wie Kevin Durant, Devin Booker oder Jayson Tatum. Auch die etwas älteren Superstars Stephen Curry (35 Jahre) und LeBron James (38) könnten für die Olympischen Spiele noch ein Comeback feiern. (dpa)
Herzliche Gratulation nach Deutschland