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«Grenzen ausloten und erweitern»

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BRIDEL - "Es geht darum, seine Grenzen zu erkunden und zu erweitern. Und zu zeigen, dass man etwas erreichen kann, wenn der Wille vorhanden ist".

So beschreibt Nathalie Doyen ihre Teilnahme mit Julie Kohlmann an der „Rallye des Gazelles“, die von Mitte bis Ende März dauert. Für diesen Wettbewerb heißt das im Klaren: 150 Frauenteams, Sand und Dünen in der marokkanischen Wüste, Navigation nur per Karte und Kompass.

Geschichte und Regeln

Die «Rallye des Gazelles» gibt es seit 1990. Es ist die einzige Rallye auf der Welt nur für Frauen. Das Rennen wird in der marokkanischen Wüste gefahren. Das Klassement wird nicht auf Zeit angefertigt, sondern welches Team am wenigsten Kilometer benötigt hat. Navigiert wird mit Karte und Kompass; GPS ist nicht erlaubt. Über den Tag verteilt müssen verschiedene Check-Points angefahren werden. Verpasst man einen oder mehrere, gibt es eine Strafe. Die Autos sind jedoch mit Satelliten-Anlagen ausgerüstet, um die Teams zu orten und im Notfall eingreifen zu können. 2012 nehmen 50 Teams aus etwa 30 Nationen teil.

Offizieller Startschuss wird auf dem Trocadero-Platz in Paris sein. Dann geht es Richtung Süden, wo die Teams mit der Fähre nach Marokko übersetzen. Das Rennen findet zwischen dem 21. und 31. März statt. Das Budget haben Nathalie Doyen und Julie Kohlmann zusammen. Alleine die Einschreibung kostet knapp 15.000 Euro.

o Die Rallye im Internet
www.rallyeaichadesgazelles.com
www.desertimpulse.com

Die Begeisterung für den Rallyesport entwickelte sich bei Nathalie Doyen bereits im frühen Alter: «Wir haben auf dem Land gewohnt. Das war zu den Anfängen der Rallye Dakar. Damals startete sie in Paris und fuhr durch ganz Frankreich, um im Süden die Schiffe nach Afrika zu besteigen. Ich stand die ganze Nacht draußen und beobachtete die Karawane vorbeiziehen.»

Mit 20 Jahren kam die gebürtige Französin dann nach Luxemburg. Sie kaufte sich ein Motorrad, reiste jedes Jahr nach Afrika, um an einem Trek teilzunehmen. Oder durchquerte dieses Land zu Fuß: «Ich schlief im Zelt oder unter freiem Himmel.»

Von klein auf abenteuerlustig

Die Abenteuerlust war der 45-Jährigen also schon immer im Blut. Kein Wunder, dass die Lust auf eine Veranstaltung wie die «Rallye des Gazelles» immer auf dem Wunschzettel stand: «Ich habe mir gedacht: jetzt oder nie. Ich wollte diesen Wunsch nicht mehr länger aufschieben.» So begann die Suche nach einer Partnerin: der Ehemann ist nicht Rallye-interessiert, der Bruder wollte, konnte aber nicht. Durch Zufall wurde ihr dann Julie Kohlmann vorgestellt. Das war im Mai 2011. Zwei Monate später stand fest, dass das Duo im März 2012 in einem Landrover Defender durch die marokkanische Wüste fahren würde.

Französinnen, die Luxemburg vertreten

Im Steinbruch in Bridel wechseln Nathalie Doyen und Julie Kohlmann, die nach 2011 zum zweiten Mal an der «Rallye de Gazelles» teilnimmt, ein Rad an ihrem neuen Gefährt, das sich durch die auffällige Lackierung von dem handelsüblichen Jeep unterscheidet. Auf dem Dach prangt der Rote Löwe. Das französische Duo ist zwar als französische Paarung eingeschrieben, aber «wir vertreten Luxemburg und die Luxemburger werden sehr stolz auf uns sein. Ich lebe seit 25 Jahren im Großherzogtum. Ich fühle mich sehr wohl hier und will auch nirgends anders mehr wohnen.»

Unterstützt wird das Duo von dem erfahrenen Rallye-Fahrer Hugo Arellano, Vater des luxemburgischen Rallye-Piloten mit dem gleichen Namen. Es galt nicht nur, den Wagen kennenzulernen, sondern auch die technischen Kniffe, Räder wechseln, Luftdruck konstant verändern, Luftfilter auswechseln etc., zu automatisieren. Vor, während und nach dem Rennen müssen Doyen/Kohlmann sich selbst um diese Handgriffe kümmern. Eine Assistenz gibt es zwar im Biwak, aber das bringt Strafpunkte ein. Genauso wie der Gebrauch von GPS, Telefon oder Fotoapparat, die alle untersagt sind. Einzige Hilfsmittel: das Roadbook, das an jedem Abend verteilt wird, und ein Kompass.

«Wir wollen auch Vorbild sein»

Die Veranstaltung hat also nichts mit Urlaub zu tun, wie Nathalie Doyen versichert: «Es geht darum, unsere Grenzen auszuloten und zu erweitern. Schritt für Schritt. Das ist unsere Motivation dahinter. ‚On ne veut pas se faire mal.‘ Wir wollen auch Vorbild für andere Menschen sein.»

Die Einstellung des Duos wird komplettiert durch Furchtlosigkeit: «Angst haben wir keine. Ich kann auch morgen von einem Auto überfahren werden. Man ist nirgends sicher. Das ist meine Lebenseinstellung. Das Leben ist zu schön, um nicht davon zu profitieren.»