Samstagmorgen, nur wenige Minuten hinter der luxemburgisch-deutschen Grenze: Jeunesse Esch bereitet sich auf die Rückrunde der BGL Ligue vor. Luxemburgs Rekordmeister lässt nichts unversucht, um seine Konkurrenten auf den Meistertitel weiter auf Distanz zu halten und wenn möglich nach 26 Spieltagen und erstmals seit der Saison 2003/04 wieder feiern zu dürfen. / Christophe Junker (Texte), Gerry Schmit (Fotos)
Auf dem Spielfeld klappt das Vorhaben bereits recht gut; vornehmlich mit kraftraubender Abwehrarbeit, welche im modernen Fußball bereits in vorderster Linie beginnt. Bekanntlich werden Meisterschaften in der Defensive gewonnen.
Auch spezifische Leistungstests werden seit einigen Jahren angeboten. Jeunesse arbeitet seit drei Jahren in diese Richtung. „Wir haben vorher mit Mario Onorato, der nun fest von Anderlecht eingestellt wurde, gearbeitet. Deshalb kommen wir jetzt hierhin. Und ich muss ehrlicherweise zugeben, dass hier das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Solch ein Angebot bekommst du in Luxemburg nirgends. In der Halle hier ist einfach alles“, erklärt Jacques Muller die „Flucht“ über die Grenze. Was der Jeunesse-Coach mit alles meint, hängt er im folgenden Satz mit dran: „Wir können Ausdauer, Schnelligkeit und Kraft trainieren. Wo würden wir im Winter sonst hingehen? Wir müssten schon die Coque mieten, und das ist einfach zu kostspielig.“
Daher überlegt sich Jacques Muller – obwohl sein am Saisonende auslaufender Vertrag noch nicht verlängert wurde – bereits über diese Saison hinaus, weiter die in Kenn angebotenen Möglichkeiten zu nutzen: „Für kommende Saison hat man uns ein Package angeboten, um acht Tests im Laufe der Saison zu machen. Wir müssen nicht unbedingt hierher kommen, sie kommen auch mit ihrem Material zu uns. Wir wollen einen Test am ersten Tag der Vorbereitung machen, dann nach drei, sechs und zehn Wochen, zu Beginn der Winterpause und sechs Wochen nach Beginn der Winterpause. Wenn keine Verbesserung feststellbar ist, hat der Spieler ein Problem, weil er sein Programm nicht eingehalten hat. Sein Körper ist sein Kapital, daher muss auch die Lebenshygiene stimmen.“
Gründe, das (Trainings-)Pensum anzuheben, nennt Jacques Muller auch: „Die Konkurrenz schläft nicht. Solche Tests werden sich nur minimal auswirken, das kann am Ende aber den Unterschied ausmachen. Der F91 hat mit Claude Origer zusammengearbeitet, der Racing mit Yannick Bianchini und Grevenmacher mit einem Franzosen. Wir müssen einfach professioneller werden. Wenn man sich die Gehälter der Spieler anschaut, kann und darf man auch etwas von den Spielern verlangen. Wenn es darum geht, mehr zu trainieren, heißt es, wir sind Amateure. Wenn es aber darum geht, Verträge auszuhandeln, sind wir im semi-professionellen Bereich angelangt. Wir müssen gezielter arbeiten, irgendwann muss nämlich das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen.“
Jacques Muller hält jedoch nicht allzu viel von Leistungstests, welche Anfang Januar gemacht werden. „Die meisten Spieler haben während der Feiertage nicht viel gemacht. Sie waren in Urlaub, haben viel gegessen und getrunken. Mit Laktattests zu arbeiten, wie es die FLF tut, davon halten wir nicht viel. Diese Tests sind nicht schlecht, wenn man individuell mit einem Athleten trainiert. In einer Mannschaft ist das meiner Ansicht nach aber reine Utopie.“
Egal wie, wann und wo Tests stattfinden, der Schweiß läuft immer und schweißt ein Team bestenfalls auch noch zusammen. Wie am Samstag in Kenn, denn: „Wir verbinden den Tag hier mit einem Essen und Spielen auf den drei Soccerfeldern“, sagt Jacques Muller abschließend.
4 FRAGEN AN Michael Lofy
Tageblatt: Wie lange besteht euer Leistungszentrum und was bietet es?
Michael Lofy: „Seit August vergangenen Jahres. Das Zentrum bietet allen professionellen, semi-professionellen und Amateursportlern im Ballsportbereich und im Leichtathletik-Bereich die Möglichkeit, sich hier auf Wettkämpfe vorzubereiten und den körperlichen Zustand feststellen zu lassen sowie Defizitanalyse zu betreiben. Wo sind meine Schwächen, warum stagniere ich, was kann ich dagegen tun und wer hilft mir? Es ist ein Zentrum der kurzen Wege. Bei uns kann man Ausdauersport betreiben, da wir eine rund laufende Tartanbahn, eine 100-m-Sprint- und 50-m-Kunstrasenbahn haben. Außerdem haben wir ein integriertes Fitnessstudio und eine integrierte Physiotherapie. Zudem haben wir ein Mini-Labor, um Laktattests zu machen. Wir können gleich die Werte präsentieren, ohne dass der Sportler tagelang auf seine Resultate warten muss.“
„T“: Wer nimmt diese Tests vor?
M.L.: „Die werden von einem dem Zentrum angeschlossenen Arzt vorgenommen. Das geht nach Termin. Wir können auch kurzfristig diese Tests anwenden wenn z.B. ein Spieler nach langer Verletzung wieder ins Training einsteigt. Wir können auch zehn Spieler gleichzeitig kardiovaskulär überwachen und so hat der Trainer sofort die Auswertung: Wo arbeitet der Spieler? Wann? In welchem Bereich? Aerob, anaerob?“
„T“: Wer betreibt das Zentrum?
M.L.: „Nikki Wagner (u.a. ehemaliger Jeunesser) und ich. In der Berufssportakademie in Saarbrücken habe ich ein Studium gemacht zum Trainer für Sport und Rehabilitation und zum Trainer für Kardiofitness. Nikki (Foto/r.) hat sein Studium in Düsseldorf beendet. Er hat auch ein Studium zum Trainer für Sport und Rehabilitation sowie zum Ernährungs- und Rückentrainer absolviert. So sind wir gut genug ausgebildet.“
„T“: Was erwartet ihr euch von Luxemburg?
M.F.: „Durch den Umfang und die Preise, die wir bieten und durch Jeunesse Esch werden auch andere Vereine, die etwas auf sich halten, aufmerksam.“
LEISTUNGSZENTRUM
Spitzstraße, 12 in D-5344 Kenn
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