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Formel 1 ändert ihr Frauenbild

Formel 1 ändert ihr Frauenbild

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In der Formel 1 übernehmen immer mehr Frauen Schlüsselstellen. Ein Rennstall wird bald von einer Teamchefin geführt. Nur eine Stammfahrerin ist vorerst nicht in Sicht.

Von wegen nur Boxenluder: Die Männerwelt Formel 1 entdeckt eine neue weibliche Seite. Zwei Rennställe haben Testfahrerinnen engagiert, drei der fünf deutschen Piloten lassen sich von Frauen beraten und bald wird es in Monisha Kaltenborn bei Sauber erstmals eine Teamchefin geben. «Das Frauenbild in der Formel 1 hat sich schon geändert», sagt Michael Schumachers Managerin Sabine Kehm. «Mehr Akzeptanz» stellt sie fest, «wie sich auch das früher sehr patriarchalische Gefüge der Formel 1 der heutigen Gesellschaft angeglichen hat».

Nur eine Fahrerin hat es in der 62-jährigen Geschichte der Formel 1 bislang in die Punkteränge geschafft. Lella Lombardi fuhr 1975 beim Großen Preis von Spanien auf Rang sechs und ergatterte damit einen halben Zähler. Insgesamt trat die Italienerin für March und Brabham bei zwölf Grand Prix an.
Als erste Pilotin in der Formel 1 gilt Maria Teresa de Filippis. Die Rennfahrerin aus Neapel steuerte 1958 einen Maserati auf Rang zehn in Spa-Francorchamps, damals gab es für diese Platzierung jedoch noch keine WM-Punkte. Insgesamt bestritt sie drei Grand Prix, kam aber nur einmal ins Ziel.
Dagegen verpasste Giovanna Amati im Jahr 1992 ganz knapp einen Start in der Formel 1. Die Italienerin war von Brabham zwar für die Rennen in Südafrika, Mexiko und Brasilien gemeldet worden, scheiterte aber jeweils in der Qualifikation. Danach wurde sie vom späteren Weltmeister Damon Hill ersetzt. Amati war die bislang letzte Frau, die für einen Grand Prix gemeldet war. (dpa)

Die frühere Journalistin Kehm hat sich im Macho-Geschäft Formel 1 durchgesetzt. Wer etwas von Rekordweltmeister Schumacher will, muss zuerst Kehm überzeugen. Titelverteidiger Sebastian Vettel indes lässt seine Interessen von Britta Roeske vertreten. «Wir lernen, uns mehr durchzuboxen», erklärt Roeske. «Du musst einen guten Job machen, erst dann wirst du richtig akzeptiert. Das gilt bei Männern zwar auch, aber bei uns Frauen noch verstärkter», berichtet die studierte Betriebswirtin aus Essen von ihren Erfahrungen im PS-Zirkus. Neben Schumacher und Vettel setzt auch Timo Glock auf eine PR-Beraterin.

Eine Frau als Team-Leiterin

Schon fast bis an die Spitze hat sich Monisha Kaltenborn gekämpft. Teamgründer Peter Sauber hat sie zu seiner Nachfolgerin ausgerufen. «Sie ist seit 13 Jahren bei uns, von jeher in führenden Rollen. Ich bin überzeugt, dass sie auch diese Aufgabe sehr gut machen wird», sagt der 69 Jahre alte Schweizer. Der genaue Zeitpunkt des Stabwechsels ist noch offen, aber mit 70 wollte Sauber eigentlich nicht mehr an der Boxenmauer stehen, hat er mehrfach betont.

Die 40 Jahre alte Juristin Kaltenborn vertritt Sauber schon jetzt bei fast allen wichtigen Meetings an der Rennstrecke. Die in Indien geborene Österreicherin ist mit einem Deutschen verheiratet und zweifache Mutter. Als «blitzgescheit» beschreibt sie ein Mitarbeiter – und als schlichtweg logische Nachfolgerin für Formel-1-Veteran Sauber. «Es würde mir Freude bereiten, wenn die Konsequenz daraus wäre, dass andere Frauen, die ein Interesse an unserem Sport hegen, durch dieses Beispiel in ihrer Zielsetzung bestärkt werden», meint Kaltenborn selbst.

Die Qualitäten der Frauen

Gerade an den Schaltstellen abseits der Strecke können die Frauen mit ihren Qualitäten zunehmend punkten. «Wir Frauen sind gut in der Organisation, in der Kommunikation und im Zwischenmenschlichen», sagt Britta Roeske. Und Sabine Kehm ergänzt: «Frauen arbeiten häufiger zielgerichtet, weniger Ego-gerichtet.»

Doch während es im Weltmeister-Team von Red Bull in Gill Jones sogar eine Ingenieurin gibt, die für die Elektronik von Vettels RB8 verantwortlich ist, bleibt die Rennpiste vorerst eine Männer-Domäne. Die Verpflichtung der Testpilotinnen Susie Wolff bei Williams und Maria de Villota bei Marussia wurden eher als PR-Maßnahmen abgetan. Beide dürfen bei den anstehenden Tests in Mugello nicht ins Auto, sondern sollen zunächst eher im Simulator Entwicklungsarbeit machen.

Dabei hat es in der Grand-Prix-Geschichte schon Frauen am Steuer gegeben. Schumacher-Managerin Kehm sieht durchaus Chancen für eine Formel-1-Fahrerin. «Ich glaube, dass der Sport leichter auszuüben ist als früher, weil er inzwischen körperlich weniger anstrengend ist», sagt sie. Problem: «Es fehlt noch immer die breite Masse, aus der man eine Topfahrerin herausfiltern könnte.»