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RepressalienFamilie von Irans Fußball-Ikone Daei wird aus Flieger geholt

Repressalien / Familie von Irans Fußball-Ikone Daei wird aus Flieger geholt
Ali Daei gilt im Iran als Fußball-Ikone Foto: AFP/Toshifumi Kitamura

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Die Ehefrau und die Tochter von Irans Fußball-Ikone Ali Daei durften nach öffentlicher Unterstützung der Proteste gegen die Regierung nicht ausreisen. Seine Familie wurde beim Verlassen des Irans aus dem Flugzeug geholt.

Selbst die Einschüchterung durch die nächste Eskalationsstufe der Repressalien brachte Regimekritiker Ali Daei nicht zum Schweigen. Nach der filmreif vereitelten Ausreise seiner Familie hat Irans Fußball-Ikone in mehreren Medien sowie per Instagram-Botschaft „an das iranische Volk“ das bizarre Vorgehen der Sicherheitskräfte angeprangert.

„Ich weiß wirklich nicht, was der Grund für diese Entscheidung ist. Niemand hat mir eine Antwort darauf gegeben“, kommentierte der iranische Rekord-Nationalspieler, der sich in den vergangenen Monaten mehrfach kritisch zur Regierung geäußert hat, das aufsehenerregende Vorgehen der Behörden gegen seine Frau und seine Tochter.

Laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA wurde ein Linienflug der Mahan Air von Teheran nach Dubai kurz vor dem Ziel auf die iranische Insel Kisch umgeleitet. Dort musste Daeis Familie die Maschine verlassen. „Meine Tochter und meine Frau wurden aus dem Flugzeug geholt, aber sie wurden nicht verhaftet“, wurde Daei zitiert: „Wären sie mit einem Ausreiseverbot belegt worden, hätte das System der Passpolizei dies anzeigen müssen.“ Seine Frau habe legal ausreisen wollen. „Was soll das Ganze, das war doch nur ein Kurztrip und beide wollten nächste Woche wieder zurück“, sagte der frühere Fußball-Profi.

Unter Berufung auf Justizkreise berichtete IRNA, Daeis Ehefrau habe sich verpflichtet, die zuständigen Behörden zu informieren, bevor sie das Land verlasse, nachdem sie „mit den Gruppen gegen die islamische Revolution und den Aufständischen in Verbindung stand und zu Streiks aufgerufen hatte“.

Der frühere Bundesligaprofi Daei (Bayern München, Hertha BSC, Arminia Bielefeld) hatte zuletzt immer wieder über Drohungen berichtet. Als Grund nannte der 53-Jährige seine Unterstützung der Proteste, die durch den Tod von Mahsa Amini ausgelöst wurden. Ende September hatte Daei die Regierung dazu aufgerufen, „die Probleme des iranischen Volkes zu lösen, anstatt Repression, Gewalt und Verhaftungen anzuwenden“.

Daei von Behörden drangsaliert

Seitdem drangsalieren die Behörden den einstigen Stürmer offenkundig. Im Oktober hatte Daei gegenüber der Nachrichtenagentur AFP erklärt, dass sein Reisepass bei seiner Rückkehr aus dem Ausland von der Polizei beschlagnahmt worden sei, erst einige Tage später habe er ihn zurückerhalten.

Anfang Dezember wurden Daeis Juweliergeschäft und sein Restaurant in Teheran geschlossen. Lokale Medien berichteten anschließend, dass die Maßnahme wegen „der Zusammenarbeit mit antirevolutionären Gruppen im Cyberspace zur Störung des Friedens und der Geschäfte auf dem Markt“ angeordnet wurde.

Der Iran wird seit Monaten von heftigen Protesten erschüttert. Ausgelöst wurden sie durch den Tod der Kurdin Amini am 16. September. Die 22-Jährige war nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei wegen eines nicht ordnungsgemäß getragenen Kopftuchs gestorben. Bei den Protesten wurden nach iranischen Angaben mehr als 200 Menschen getötet. Menschenrechtsorganisationen gehen allerdings von mehr als 450 Toten aus. Tausende wurden festgenommen.

Auch der Fußball ist in die Auseinandersetzungen involviert. So wurde zuletzt der ehemalige Nationalspieler Ashkan Dejagah laut Medienberichten mit einem Ausreiseverbot belegt. Der 36-Jährige werde bestraft, weil er bei Protesten in Deutschland gesehen worden sei.

Zuvor war der Profi Amir Nasr-Azadani offenbar zum Tode verurteilt worden. Nasr-Azadani soll bei Unruhen Mitte November verhaftet und wenig später des „Hochverrats“ beschuldigt worden sein. Die ehemaligen Bundesligaprofis Ali Karimi und Mehdi Mahdavikia hatten daraufhin die Rücknahme der Hinrichtung gefordert. Beide setzen sich gegen die Unterdrückung von Demonstranten ein.

Bei der zurückliegenden WM-Endrunde in Katar hatten die Nationalspieler für Aufsehen gesorgt, als sie vor dem ersten Gruppenspiel gegen England (2:6) die Hymne nicht mitgesungen hatten und damit ein Zeichen der Solidarität an die Regime-Kritiker sendeten. Auch damals gab es Berichte über anschließende Drohungen. (SID)