Travis T. Tygart, Chef der US-Antidoping-Agentur Usada, hat den Texaner mit seinem Team als zentrale Figur im größten Skandal der Radsportgeschichte entlarvt – und sich dabei selbst von Morddrohungen nicht einschüchtern lassen. Wir haben uns einzig darauf fokussiert, die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen. Weder haben wir uns von der Prominenz der Namen noch von persönlichen Attacken oder politischem Druck beeinflussen lassen. Denn das ist es, was saubere Athleten verdienen und verlangen“, hatte Tygart nach der Veröffentlichung des erschütternden Berichts seiner Agentur gesagt.
Am Montag ist der Radsport-Weltverband UCI der Entscheidung der Usada gefolgt und erkannte Armstrong dessen sieben Tour-de-France-Siege (1999 bis 2005) ab. Der 41-Jährige ist damit als der größte Dopingsünder der Sportgeschichte gebrandmarkt, der Radsport gewinnt ein wenig der verloren gegangenen Glaubwürdigkeit zurück. „Du darfst nicht einknicken und musst die Courage besitzen, die sauberen Sportler zu schützen. Wir machen unseren Job, basierend auf den Beweisen, die wir haben“, sagte Tygart.
Er und sein Team knickten nicht ein. Nicht, als Armstrong öffentlich von einer Hexenjagd und Blutrache sprach und die Integrität der Usada-Ermittler anzweifeilte. Auch nicht, als Armstrong die Hilfe seiner Freunde aus der Politik in Anspruch nahm, um die Usada unter Druck zu setzen. Den Republikaner Jim Sensenbrenner etwa, ein Vertreter des US-Repräsentantenhauses, der der Usada die Verschwendung von Steuergeldern vorwarf und eine Untersuchung forderte. Oder Kay Bailey Hutchison, die Senatorin von Armstrongs Heimatstaat Texas, die mit Vertretern von Armstrongs „Livestrong“-Stiftung über den möglichen Schaden der Ermittlungen diskutierte.
Morddrohungen
Doch der Druck, den Tygart von außen erfuhr, ging noch weiter. Unbekannte hatten dem dreifachen Vater, der einen Abschluss in Philosophie und Jura besitzt, nach eigenen Angaben insgesamt drei Morddrohungen zukommen lassen. „Ich komme klar damit, dass ich bedroht und schlecht behandelt werde. Ich bin das Gesicht der Usada. Bin ich eine Zielscheibe? Das schränkt meine Verantwortung nicht ein“, sagte Tygart.
Für den 41-Jährigen war es nicht der erste Sieg im Kampf gegen Doping. Schon an der Aufdeckung des Balco-Skandals um die frühere Weltklasse-Sprinterin Marion Jones war er maßgeblich beteiligt. 2003 war bekannt geworden, dass zahlreiche Spitzensportler vom amerikanischen Unternehmen Bay Area Laboratory Co-Operative (Balco) mit Steroiden und Wachstumshormonen beliefert worden waren. „Was ich aus der Balco-Affäre gelernt habe, ist, dass Athleten und ihre Helfer einen langen Atem haben, wenn es darum geht, sich aus der Verantwortung zu ziehen.“
So wie auch Lance Armstrong. Dem gibt Tygart den Rat mit auf den Weg, sich zu entschuldigen. „Das wäre ein größeres Vermächtnis als alles, was er je auf dem Rad getan hat.“
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