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«Der bitterste Tag meiner Karriere»

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"Das war wohl einer der schlechtesten Tage meiner Karriere", lautete das Fazit von Gilles Muller (ATP 53) nach seiner Auftaktniederlage in Wimbledon gegen Julien Benneteau (Frankreich, 32/Nr. 29).

«Das war der bitterste Tag meiner Karriere», war eine weitere Aussage eines geknickten Gilles Muller, der nach zwei Stunden mit 2:6, 5:7 und 6:7 (4) ausgeschieden war. Benneteau bekommt es in Runde zwei mit Michael Russell (USA, 112) zu tun.

Der Auftakt des Luxemburgers war gleich schlecht. Auch wenn er bei eigenem Aufschlag im ersten Spiel mit 40:0 führte, musste er gleich das erste Break hinnehmen. «Aber jetzt nach einzelnen Momenten im Match zu suchen, hat keinen Sinn. Es war eine schlechte Leistung. Zum Schluss bekam er wohl einen schweren Arm. Da spielte ich etwas besser.» Doch viele positive Punkte zu finden, fiel dem 29-Jährigen am Montag schwer: «Ich habe zu viele Fehler gemacht, mich schlecht bewegt. Das einzige, was einigermaßen funktionierte, war der Aufschlag. Wäre dieser ebenfalls ausgefallen, wäre es das schnellste Match in der Geschichte Wimbledons geworden.»

Dieses schnelle Aus, verbunden mit der schlechten Leistung, kommt überraschend, wie der FLT-Spieler auch zugibt. Die Vorbereitung auf Rasen verlief eigentlich zufriedenstellend. Vor allem das Rasenspiel ließ sich sehen. «Irgendetwas hat nicht geklappt. So kurz nach dem Match hat es keinen Sinn nach Ursachen zu suchen.»

Unverständlich

Was Gilles Muller bereits in diesem Jahr einige Male an sich bemängelt hatte, erwähnte der Linkshänder auch gestern wieder: «Ich bin immer noch auf der Suche nach der Lockerheit aus dem vergangenen Jahr. Das zieht sich jetzt schon durch die ganze Saison. Die heutige (Montag, d. Red.) Niederlage lässt sich mit der Niederlage bei den Australian Open in Runde eins gegen Mardy Fish vergleichen. Vielleicht löst die Niederlage gegen Benneteau irgendetwas aus, dass ich lockerer werde. Für mich ist unverständlich, wie mein Niveau innerhalb von drei, vier Tagen so unterschiedlich sein kann.»

Die letzte Aussage ist tatsächlich etwas besorgniserregend. Sie lässt sich aber vielleicht mit dem Wesen des besten luxemburgischen Tennisspielers erklären. Gilles Muller stellt sich dauernd selbst infrage, wie es auch sein Coach Benoît Carelli im «T»-Interview während der French Open feststellte. Der Schifflinger hat zwar schon sensationelle Comeback-Spiele absolviert. Manchmal verfällt er aber während eines Matchs in eine Negativ-Spirale, aus der er schwer wieder herauskommt. Dann wird der Arm schwer und er «steht nicht mehr so über dem Ball», wie sein Talent ihm das eigentlich ermöglicht. Unbestritten ist die spielerische Klasse von Muller. An der Basis geht es ja nicht darum, dass er z.B. keine Vorhandvolley oder keine Rückhand entlang der Linie schlagen kann. Er kann sein Potenzial einfach nicht zu jedem gewünschten Moment abrufen. Muller weiß natürlich um seine Qualitäten, ohne diese arrogant nach außen zu posaunen. Leider stellt er diese Qualitäten und/oder sich selbst zu oft, zu viel infrage. «Er muss sich ständig neue Ziele setzen. Das Haus ist stabil, aber es gibt immer die Gefahr eines Windstoßes», hatte Carelli dem Tageblatt vor etwa einem Monat gesagt.

Gilles Muller ist sich der Gefahr dieser Situation bewusst, reagiert aber sehr abgeklärt: «Diese Niederlage muss jetzt erst einmal einige Tage sacken. Ich muss dann den Kopf wieder aus dem Sand ziehen und nach vorne marschieren. Ich bin überzeugt, dass wieder bessere Tage kommen.»

Mentaler Negativtrend

Spielt Muller unter seinen Möglichkeiten? Sicherlich hat er das Potenzial für die Top 30, 20. Er wäre der Erste, der dem zustimmen würde. Wer Muller kennt, weiß aber, dass er nicht zu sehr auf das Ranking schaut (auch wegen des bereits erwähnten Drucks). Momentan geht es sowieso darum, dass sich der ehemalige Junioren-Weltmeister wieder wohl auf dem Platz fühlt. Und das ist vor dem bestens gefüllten Sommer mehr als notwendig. Denn aus dem Vorjahr hat Muller 380 Punkte – nach Wimbledon bis Metz Anfang September – zu verteidigen. Wie hatte es Benoît Carelli ausgedrückt: «Tennis ist ein frustrierender Sport.» So muss es sich wohl für Gilles Muller momentan anfühlen. Es bleibt dem zweifachen Vater zu wünschen, dass er den Weg aus dem mentalen Negativtrend hinausfindet.

Am Dienstag (26.06.12) versucht es Mandy Minella (WTA 83) in Runde eins (4. Spiel nach 11.30 Uhr Ortszeit (12.30 MESZ) auf Platz 10 gegen Anastasia Yakimova (Weißrussland, 110) besser zu machen.