Headlines

«Canci»: Alles für den Titel

«Canci»: Alles für den Titel

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Nach vier Titeln im Zeitfahren will Fabian Cancellara am Sonntag in Florenz endlich auch Weltmeister auf der Straße werden. Der Schweizer aber hat viele Konkurrenten, die dasselbe Ziel anpeilen, allen voran die Italiener, Spanier und Belgier. Luxemburg ist am Wochenende in allen drei WM-Rennen vertreten.

Mit drei Junioren (Tom Wirtgen, Luc Turchi, Larry Valvasori), einer Elitefahrerin (Christine Majerus) und einem Elitefahrer (Bob Jungels) geht der Luxemburger Radsportverband am Wochenende an den Start der Weltmeisterschaftsrennen, die in der Toskana stattfinden.

Christine Majerus könnte das heißeste Luxemburger Eisen im Feuer sein (Bild: Tageblatt-Archiv / Jeff Lahr).

Podien von Freitag

Straßenrennen der U23 in Florenz (173,19 km): 1. Matej Mohoric (Slowenien) 4:20:18 St., 2. Louis Meintjes (Südafrika) 0:03 Min. zurück, 3. Holst Enger (Norwegen) 0:13.

Straßenrennen der Juniorinnen in Florenz (82,85 km): 1. Amalie Dideriksen (Dänemark) 2:32:23 St., 2. Anastasija Jakowenko (Russland) g.Z., 3. Olena Demidowa (Ukraine) 0:03 Min. zurück.

Erfolgsaussichten hegt man dabei keine, doch erhofft man sich ein ehrbares Abschneiden in den drei Wettbewerben.

Die Rennen der Junioren und Frauen werden in Montecatini Terme, dasjenige der Männer in Lucca gestartet. Alle drei Wege aber führen nach Florenz, wo die Weltmeister auf einem 16 km langen, schweren Rundkurs gekürt werden.

Schwieriger Parcours

Auf diesem Parcours gibt es mehrere Anstiege, den ersten in Fiesole (maximal 9%), rund 7 km vom Start- und Ankunftsbereich am Nelson-Mandela-Forum entfernt. Auf dem Rückweg stehen noch zwei Steigungen mit 16 bzw. zehn Prozent im Profil, die letzte nur 2,6 Kilometer von der Ziellinie entfernt.

Die Junioren und Frauen müssen den Rundkurs je fünf Mal bewältigen, die Männer gleich zehn Mal. Dabei passieren die Fahrer und Fahrerinnen auch den Friedhof, auf dem der im Februar 2010 bei einer Autorallye tödlich verunglückte frühere italienische Profi und damalige Nationaltrainer Franco Ballerini begraben liegt.

Laut Organisationspräsident Angelo Zomegnan ist das «der richtige Weg, um an Franco zu erinnern. Er war einer der Menschen, die die erfolgreiche Bewerbung um die Weltmeisterschaften in der Toskana inspiriert haben», so Zomegnan, der den Parcours als einen der schwierigsten überhaupt bezeichnet.

Kommt der Regen?

Am meisten Interesse weckt natürlich das Rennen vom Sonntag, wo bei der Elite der Männer der Nachfolger des abtretenden Weltmeisters Philippe Gilbert gesucht wird. «La liste des favoris est longue», sagte dieser am Freitag auf der Pressekonferenz des belgischen Verbandes.

Und er zitierte in kunterbunter Reihenfolge Peter Sagan, Fabian Cancellara, Daniel Moreno, Joaquin Rodriguez, Alejandro Valverde, Cadel Evans, Alexander Kolobnew, Bauke Mollema, Pieter Weening, Robert Gesink, Thomas Voeckler und Vincenzo Nibali. «Allerdings mit einem Fragezeichen hinter dem letzten Namen», präzisierte Gilbert.

Der Italiener wiederum, der am Sonntag auf den 16,5 km rund um und durch Florenz von annähernd 1,5 Millionen Zuschauern angefeuert wird, gibt sich gelassen und hofft auf Regen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es am Sonntag vom Himmel herab tröpfelt, liegt laut Wetterbericht zwischen 75 und 90 Prozent. Mit 21 Grad soll die Temperatur zwar angenehm bleiben, dafür die Strecke in der Innenstadt schmierig und gefährlich.

Nationalcoach Paolo Bettini hat die Marschroute angekündigt: «Wir rennen niemandem hinterher. Die Gegner sollen uns jagen. Nibali ist nicht nur ein Etappenspezialist, sondern er kann auch Klassiker gewinnen. Das hat er bei Liège-Bastogne-Liège ja schon bewiesen. Nibali ist unser Mann – aber wir haben auch andere Eisen im Feuer», so der zweimalige frühere Weltmeister.

Starke Konkurrenz

Die schärfsten Gegner der Italiener dürften aus dem Lager der Belgier, Spanier und Schweizer kommen. Die Iberer haben mit Valverde, Rodriguez, Moreno und Contador gleich vier heiße Eisen im Feier, die Schweizer setzen vor allem auf Fabian Cancellara, der nicht noch einmal den Fehler machen will wie vor vier Jahren in Mendrisio. Damals wähnte er sich zu stark und nahezu unschlagbar, und dann ging es recht übermütig voll in die Hose.

Dem Ziel, Straßenweltmeister zu werden – einer der wenigen Titel, die in seinem respektablen Palmarès noch fehlen – hat Cancellara diesmal alles andere untergeordnet. «Spezifisches Training war die beste Vorbereitung für das Rennen vom Sonntag. Hier übten wir sehr hohe Intensitäten», verriet Luca Guercilena, der nicht nur Cancellaras Boss im Team RadioShack ist, sondern darüber hinaus das Amt des Schweizer Nationaltrainers ausübt.

Alles für den Titel

Lange Trainings hinter dem Motorrad, bereits vor der Vuelta – und sogar an einem Ruhetag in Spanien –, nichts hat Cancellara unversucht gelassen, um sein Ziel zu erreichen. In Florenz darf «Canci» auf ein sehr homogenes Team zählen. Im neun Fahrer starken Aufgebot stehen unter anderem Cancellaras Teamkollege Gregory Rast, Michael Albasini (Orica-GreenEdge), Martin Elmiger (IAM) sowie Mathias Frank und der Schweizer Meister Michael Schär (beide BMC).

Mit Bob Jungels fährt ein anderer RadioShack-Fahrer diese WM. Der 21-Jährige ist der einzige Luxemburger, der am Start ist, da die bei der FSCL lizenzierten Fahrer im Laufe der Saison nicht genügend UCI-Punkte sammelten, um eine Dreier- oder Fünfermannschaft in den Wettbewerb schicken zu dürfen.

Obwohl er auf sich alleine gestellt ist, sollte einem nicht allzu bange um Jungels sein: «Das Rennen ist zwar über 270 km lang, doch bei der Clasica San Sebastian hätte ich mir auch nicht zugetraut, bis ins Ziel zu fahren. Zum Schluss aber lief es sehr gut, ich kam auf den 15. Platz.»

Ehrenvoll abschneiden

Die Idee, eventuell seinem Teamkollegen Cancellara zu helfen, verneint Bob Jungels: «Ich bin hier in Florenz, um mein Land und nicht die Schweiz zu vertreten. Darum will ich alles tun, um nach dem 33. Rang im Einzelzeitfahren auch ehrenvoll beim Straßenrennen abzuschneiden. Ich versuche, mich möglichst gut im Feld zu ‹verstecken› und von der Führungsarbeit anderer Mannschaften zu profitieren. Mal sehen, was dann dabei herausspringt.»

Auch Christine Majerus, die am Ende einer sehr erfolgreichen Saison steht, möchte beim Straßenrennen auf sich aufmerksam machen. «Sie ist am Samstagnachmittag vielleicht unser bestes Eisen im Feuer», meinte Nationaltrainer Bernhard Baldinger, der sich mit seinem Assistenten Christian Swietlik im Laufe des Morgens ein «sehr anständiges Rennen» von den drei Junioren Tom Wirtgen, Luc Turchi und Larry Valvasori erhofft.