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„Aus den Krümeln muss endlich ein Stück des Kuchens werden“

„Aus den Krümeln muss endlich ein Stück des Kuchens werden“

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Die Sportverbände in Luxemburg haben mit einigen Problemen zu kämpfen. Die Ursachen sind aber meistens die gleichen: zu geringe finanzielle Mittel und immer weniger freiwillige Helfer. Für den DP-Abgeordneten Claude Lamberty, der zudem Präsident des Tennisverbandes ist, muss sich etwas ändern. Ihm zufolge muss der Staat mehr Verantwortung übernehmen. Am Dienstag wird er mit seiner Interpellation in der Chamber versuchen, eine Debatte anzustoßen. Der DP-Politiker will die gesamte Sportpolitik überdenken.

«Der Sport ist weit mehr als die Erfolge unserer Spitzensportler wie zum Beispiel Gilles Muller. Wir haben in Luxemburg rund 100 Elitesportler, aber Zehntausende Hobbysportler, und um die geht es mir», so die Antwort von Claude Lamberty auf die Frage nach dem Beweggrund für seine Interpellation am Dienstag.

Der Abgeordnete hat eigenen Aussagen zufolge in den letzten Monaten bei vielen verschiedenen Sportverbänden nachgefragt, wo der Schuh drückt. «Die Antworten waren immer wieder die gleichen. Es fehlen die finanziellen Mittel und die nötigen freiwilligen Helfer.» Ausgeklammert hat Lamberty lediglich den Fußballverband, der unter anderem auf Gelder der FIFA und der UEFA zurückgreifen kann und im Vergleich zu den restlichen Verbänden in einer anderen Liga spielt.

Arbeit an der Basis

Lamberty kennt die Herausforderungen, die an Sportverbände gestellt werden, aus dem Effeff, immerhin ist er Präsident des Tennisverbandes. «Wenn bei uns im Vorstand drei oder vier ehrenamtliche Mitglieder aufhören würden, dann wäre es unmöglich für uns, die verschiedenen Turniere wie zum Beispiel Meisterschaften zu organisieren. Ohne die FLT würde Gilles Muller zwar immer noch gegen Rafael Nadal spielen, ob wir dann aber in Zukunft einem neuen Gilles Muller zujubeln könnten, steht auf einem anderen Blatt.» Es sei alarmierend, dass der Betrieb in den Verbänden von wenigen Einzelpersonen abhänge. Um den Sport voranzubringen, brauche es starke Strukturen, sprich Verbände. Und genau hier stößt das Bénévolat an seine Grenzen.

«Meines Erachtens nach muss der Staat dafür sorgen, dass die Verbände strukturell gut aufgestellt sind. Zum Beispiel durch die Finanzierung eines hauptamtlichen Direktors oder Koordinators, der die jeweilige Sportart denkt. Es reicht nicht mehr, einen Mitarbeiter einzustellen, der sich nur um die administrativen Aufgaben kümmert. Man braucht einen, der die Verbandsstruktur stärkt und voranbringt.» Lamberty begrüßt Initiativen wie die des Nationalen Olympischen Komitees, das Personal einstellen will, um den Verbänden beim administrativen Aufwand zu helfen. Allerdings seien diese nicht ausreichend. Grundlegende Veränderungen seien nur mit der Hilfe des Staates möglich.

Natürlich geht es hier um das liebe Geld. 2018 investiert der Staat 57.980.119 Euro in den Sport. Das klingt vielleicht nach viel, allerdings macht es bloß 0,39 Prozent des gesamten Staatshaushaltes aus. «Das sind nichts weiter als Krümel, doch wenn uns wirklich etwas am Sport liegt und wir dafür sorgen wollen, dass sich der Sport in Luxemburg entwickelt, dann muss aus den Krümeln endlich ein Stück des Kuchens werden.»

Effektiver und professioneller arbeiten

Dass vergleichsweise wenig in den Sport investiert wird, ist dem DP-Abgeordneten zufolge historisch gewachsen. Er zeigt sich zwar erfreut darüber, dass sich zuletzt im Bereich des Spitzensports einiges getan hat, allerdings sei die Arbeit an der Basis wesentlich. «Ohne breite Basis gibt es auch nicht mehr so viele Spitzensportler, die doch optimale Botschafter für Luxemburg sind.»

Auch wenn Lamberty heute in seiner Rede viel Wert auf die Verbesserung der Verbandsstrukturen legt, so hat er auch Denkanstöße für den Leistungssport mit auf den Weg zu geben. «Auch in dem Bereich kann man noch effektiver arbeiten. Mit dem LIHPS (Luxembourg Institute for High Performance in Sports) haben wir eine Förderstruktur für Spitzenathleten, was begrüßenswert ist.» Aber der Abgeordnete ist der Meinung, dass sich auch diese Struktur über die kommenden Jahre noch verändern könnte. «Vieles spielt sich in der Coque auf Kirchberg ab. Die ‹Maison des sports›, der Sitz vieler Verbände, befindet sich in Strassen. Wäre es nicht sinnvoller, diese auf Kirchberg zu verlegen? Das Gleiche gilt für das Sportlycée.»

Die Ideen des DP-Abgeordneten klingen einleuchtend – ob der Sport allerdings die nötige Lobby hat, damit diese auch umgesetzt werden können, kann zumindest infrage gestellt werden. «Der Großteil der Bevölkerung ist sportbegeistert, wenn es um den Hochleistungssport geht. Im Breitensport geht es um die Gesundheit unserer Gesellschaft, das sollte doch ein Anreiz sein», meint Lamberty. Ob man seinen Vorstoß nun als Wahlkampf wertet oder nicht, ist eigentlich zweitrangig. Eine breite öffentliche Debatte über die zukünftige Ausrichtung der Sportförderung ist jedenfalls begrüßenswert.


Ansätze auf Vereinsebene

Was der Staat für die Verbände sein soll, sollen die Gemeinden für die Vereine darstellen. «Jeder Verein, der verschwindet, ist ein Verlust für die jeweilige Gemeinde. Gibt es keine Vereine mehr, muss die Gemeinde mehr in Jugendhäuser und andere Einrichtungen investieren. Es lohnt sich also, in Vereine zu investieren», so die Auffassung von Claude Lamberty.

In der Hauptstadt hatte sich nach einer Motion des ehemaligen LSAP-Gemeinderats Armand Drews eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Sportvereine und der Gemeinde zusammengesetzt, um Wege auszuarbeiten, wie man die Vereine in Zukunft entlasten kann. Dort war unter anderem die Rede einer «Maison des sports communale», um die Zusammenarbeit zwischen den Vereinen zu stärken und den administrativen Aufwand zu verringern (das Tageblatt berichtete ausführlich). Am Montagabend hat sich die Arbeitsgruppe mit der für Sport zuständigen Schöffin Simone Beissel getroffen.

Ob und wann die Ideen der Arbeitsgruppe im Gemeinderat diskutiert werden, war bis Redaktionsschluss nicht in Erfahrung zu bringen. Aber nicht nur in der Hauptstadt macht man sich Sorgen um das Überleben der Sportvereine. Bei der «Ecole nationale de l’éducation physique et des sports» macht man sich ebenfalls so seine Gedanken. Wie Eneps-Direktor Charles Stelmes im Tageblatt-Interview am 30. November 2017 erklärte, denkt man über ein «Brevet d’Etat» im Bereich Sportmanagement nach, damit die freiwilligen Helfer den Anforderungen im Verein gerecht werden und die Sportklubs professioneller geführt werden können.

koob Pierre
27. Februar 2018 - 20.59

genau so ist es, bin ganz derselben Meinung....kann aber leider nicht so gut formulieren wie Jaybee

JayBee
27. Februar 2018 - 14.08

Herr Lamberty, wieviel Prozent der Bevölkerung machen denn Sport in einem Verein?
Etwa 15-20%.
Was ist denn mit den anderen Leuten, die Freizeitsport oder Informellen Sport oder eine andere Form von nicht organisiertem Sport machen?
Wie sollen diese Leute unterstützt werden?
Warum verlieren die Vereine denn immer mehr Mitglieder?
Hat es vielleicht damit zu tun, dass die Bedürfnisse der Leute in den Vereinen nicht mehr befriedigt werden? Weil die Vereine praktisch exklusiv auf Wettbewerb orientiert sind, dieser Wettbewerb jedoch bei dem Grossteil der sportinteressierten Bevölkerung nicht mehr gewollt ist und dementsprechend auch kein Motivator mehr ist. In anderen Ländern gibt es viele Studien die das belegen, sogar für Luxemburg gibt es Daten dazu. Bei weniger als 10% der Leute die aktiv Sport betreiben ist der Wettkampf der Motivator für Sportaktivität. Das heisst, dass mehr als 90% der aktiven Leute einen anderen Motivator wie den Wettkampf haben. Warum sollten dann die Verbände und Vereine, also der Wettkampf noch mehr unterstützt werden?
Was ist mit der Unterstützung der restlichen 90 %?
Wäre es nicht mal endlich an der Zeit den Sport in der Gesellschaft so anzupassen und so zu unterstützen wie er von dem Grossteil der Gesellschaft auch gesehen und gelebt wird?
Sport ist nicht nur Wettbewerb, sondern Sport ist hauptsächlich noch was anderes: Sport ist Gesunndheit (Physisch wie psychisch), Sport ist Integration, Sport ist Inklusion, Sport ist Mobilität, Sport ist Geselligkeit, Sport ist Entspannung, Sport ist Spass, Sport ist Altersvorbeugung, Sport ist viel mehr wie nur Wettbewerb. Wie soll denn der Sport für den Grossteil der Gesellschaft unterstützt und gefördert werden?

Leonie
27. Februar 2018 - 13.03

@ben P
Genau getroffen .besonders bei tennis und amateurfussball

René Charles
27. Februar 2018 - 11.43

De Staat soll an all Sportveräin Gehälter fir Leiter, also Direkteren, generéiren?
Mir hun 200 Obdachloser, dorënner och vill Lëtzebuerger, an dausende Leit un der Armutsgrenz, dann och nach vill Leit ouni Arbecht, mat oder ouni chômage.

Dohinner sollen d'Gedanken vu Politiker d'éischt goen, a Sport-Idealisten sollen wielen ob se nieft dem Beruf och Verantwortung an der Politik wëllen iwerhuelen, oder léiwer déi Zäit an deen Otem fir hire Sport 'opferen'. Gratis.

Ben P.
27. Februar 2018 - 10.34

Schon lustig wenn ein DP Generalsekretär nach mehr Staat ruft.
Als Präsident des Tennisverbandes ist das aber ganz uneigennützig.