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Andy Schleck vor der Saison 2010: Der letzte Schritt

Andy Schleck vor der Saison 2010: Der letzte Schritt

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Andy Schleck hat 2009 einen erneuten Leistungssprung gemacht. Es war beeindruckend, wie er u.a. Liège-Bastogne-Liège gewonnen hat. Bei der Tour de France wurde er Zweiter, aber seit 2009 weiß er zumindest, dass er gewinnen kann. Es fehlt nur noch der letzte Schritt. Aber das ist bei großen Rundfahrten oftmals der Schwerste. / Kim Hermes

Eines Tages wird er die Tour de France gewinnen. Das war eine weit verbreitete Meinung in der internationalen Presse bei der Grande Boucle 2009. Aber die Sache hatte bislang einen einzigen Haken: Alberto Contador. Der Spanier war 2009 unschlagbar. Das musste auch Andy Schleck einsehen. Aber das heißt ja nicht, dass das auf ewig so bleiben muss: „Ich bin noch jung. Jünger als er, und ich werde jedes Jahr stärker. Vielleicht bin ich ja nächstes Jahr näher dran. In den Bergen war ich nicht weit weg und vielleicht muss ich ja noch ein bisschen am Einzelzeitfahren arbeiten“, so Andy Schleck am Ende der Tour de France 2009. Das durfte man getrost als Kampfansage an Contador ansehen.

Zudem hat Tour-de-France-Organisator ASO den Mondorfer scheinbar auch erhört. Bei der Tour-Präsentation im Oktober letzten Jahres war das Zeitfahren – 39 Kilometer ANDY SCHLECK STECKBRIEF

o Geboren: 10. Juni 1985

o Größe: 1,86 m

o Gewicht: 67 kg

o Profi: seit 2005 (CSC/Saxo Bank)

o Palmarès: 2004: 1. Platz Flèche du Sud (Gesamtwertung), 2005: Luxemburger Meister Zeitfahren, 2006: Siege bei der 3. und 5. Etappe der Sachsen-Tour, 2007: Zweiter Platz Giro d’Italia und Sieger der Nachwuchswertung (3×3. Etappenplätze), 4. Platz Lombardei-Rundfahrt, 2008: 4. Platz Liège-Bastogne-Liège, 6. Platz Tour de Suisse, 12. Platz Tour de France und Sieger der Nachwuchswertung. 4. Platz im Olympischen Straßenrennen, 2009: 2. Platz Flèche Wallonne, 1. Platz Liège-Bastogne-Liège, 2. Platz und Sieger der Nachwuchswertung der Tour de France, 1. Platz 2. Etappe Skoda Tour de Luxembourg, Luxemburger Meister (Straße)  Mannschaftszeitfahren, wo Schleck/Saxo-Bank 2009 40 Sekunden auf Contador/Astana verlor, mitgerechnet – um 46 Kilometer reduziert und dafür das Hochgebirge, vor allem die Pyrenäen, privilegiert worden. Das Motto „L’éternelle quête des sommets“ dürfte auch Andy Schleck liegen: „Es ist schon richtig, dass diese Tour mir eher entgegenkommt“, meinte er bei der Präsentation in Paris.

Aber ganz ohne Zeitfahren geht es sowieso nicht. So steht 2010 am vorletzten Tag bei der Grande Boucle ein traditioneller Kampf gegen die Uhr über 51 Kilometer an. Auch das kann entscheidend sein. „Die Tour wird sich zwar in den Bergen entscheiden, aber es wird wichtig sein, von Pau nach Pauillac gute Beine zu haben. Ich werde jedes Jahr besser im Einzelzeitfahren“, so Schleck in Paris.

Großen Anteil daran hat auch – ebenso wie bei seinem Bruder Frank – Bobby Julich (siehe „T“ von gestern), der schon länger an den Zeitfahrqualitäten der Schlecks feilt. Zudem stand im Winter spezifisches Fitness- und Krafttraining auf dem Programm und minutiös wurde an der optimalen Zeitfahrposition gefeilt. „Ich werde nie wie Fabian (Cancellara) sein, aber wer ist schon wie Fabian?“, so Andy Schleck in einem Interview mit dem Magazin Road Bike Action auf Fuerteventura. Aber womöglich werden dem 24-Jährigen im Kampf gegen die Uhr nicht mehr entscheidende Sekunden oder Minuten verloren gehen. Die Vorbereitung hat demnach schon begonnen.

Im Frühjahr wird Schleck dann auch die Pflastersteine in Belgien genauer in Augenschein nehmen, die dieses Jahr auch bei der Tour auf dem Programm stehen. Begeistert ist er von diesen Streckenabschnitten zwar nicht („Die einzige Entscheidung, die man mit solchen Streckenabschnitten bei der Tour erreichen kann, dürfte ein Sturz sein. Und das will ja keiner.“), aber Lamentieren hilft erstens nicht und ist zweitens nicht das Ding des 24-Jährigen. Diskret und ohne viel Getöse fährt der nicht mehr so neue Medienliebling an der Spitze des Pelotons. Auch beim ‹Zickenkrieg› zwischen Contador und Armstrong hielt er sich zurück und zog sein Ding durch.

Aber es bleibt dabei, dass ein Contador auf dem Niveau vom Vorjahr das Letzte ist, was Andy Schleck beim Tour-Sieg im Weg stehen könnte. Doch sein Blick geht weiter. Er scheint nicht so richtig an ein exklusives Duell zwischen ihm und Contador zu glauben. Andere Fahrer könnten ein Wörtchen mitreden. Zwar glaubt er offenbar nicht, dass es Comebacker Lance Armstrong sein wird, aber andere kommen ihm schon in den Sinn. „Vielleicht ist Cadel (Evans, d. Red.) ja gut drauf, ich denke, es gibt mehr gute Fahrer. Einer der Favoriten sitzt da drüben“, meinte er bei einer Pressekonferenz am Rande des Trainingslagers in Fuerteventura und nickte mit dem Kopf in Richtung seines älteren Bruders Frank.

Aber am meisten konzentriert er sich auf sich selbst. „Wenn ich zur Tour gehe, bin ich bereit. Die anderen sind mir egal, ich ziehe mein Ding durch.“ Auf den Punkt brachte es sein Teamchef Bjarne Riis: „Wenn du die Tour gewinnen willst, musst du alle anderen schlagen. Es wäre falsch, sich nur auf einen zu konzentrieren.“ Und eben weil Schleck von Jahr zu Jahr besser wird, auch im Zeitfahren, ist es durchaus absehbar, dass seine Zeit bei der Tour de France noch kommen wird. Die Frage ist nur: Wann? Eilig muss er es nicht haben. Erst dieses Jahr wird er der Nachwuchswertung der Tour de France entwachsen sein. Im Juni dieses Jahres wird er 25 Jahre alt. Zwar hat Alberto Contador seine erste Tour im Alter von 24 Jahren gewonnen, aber Rekordsieger Armstrong war „schon“ 27 Jahre alt, als er das erste von insgesamt sieben Mal in Paris auf dem obersten Treppchen stehen durfte. Ebenso Miguel Indurain, der die Grande Boucle fünf Mal gewinnen sollte. Dass Andy Schleck schon in seinem Alter als Sieganwärter gehandelt wird, unterstreicht nur das Talent des Mondorfers.

Dass er aber auch jetzt schon alle anderen schlagen kann, hat er bereits bewiesen. Auch bei großen Rennen, wie Liège-Bastogne-Liège 2009. Spätestens da war ein Champion geboren. Und das ist es auch, was ihn von einem – er sei ein letztes Mal erwähnt – Alberto Contador unterscheidet. Andy Schleck ist ein genau so starker Klassiker- wie Tour-Fahrer. Auch in diesem Jahr werden die Ardennen-Rennen wieder den ersten Saisonhöhepunkt bilden. Allerdings könnte die Gewichtung 2010 leicht anders sein, denn einer der großen Rivalen kommt aus der eigenen Familie. Wobei Rivale für den Bruder nicht das richtige Wort ist. Wenn sie nicht gerade davon träumen, gemeinsam auf dem Podium der Tour de France zu stehen, dominieren die großen Klassiker im Frühjahr die Traumwelten der Schlecks. Und weil immer nur einer gewinnen kann, setzt der Jüngere in diesem Jahr offenbar eher auf das Amstel Gold Race (das Frank 2006 gewinnen konnte). Frank Schleck träumt hingegen immer noch von Liège-Bastogne-Liège, das Andy 2009 im Alleingang für sich entschied.

Dabei war dieser Sieg die Krönung einer verrückten Woche (10. Platz beim Amstel Gold Race, überschattet von einem schweren Sturz seines Bruders, 2. Platz bei der Flèche Wallonne und schließlich der Sieg bei der Doyenne). „Es wird jetzt hart, noch etwas Größeres zu holen“, meinte er damals unmittelbar nach dem Rennen. „Unmöglich“ hat er damals nicht gesagt.