SchwimmenMonique Olivier: Vom Landesrekord zum Online-Studium

Schwimmen / Monique Olivier: Vom Landesrekord zum Online-Studium
Monique Olivier stehen derzeit noch alle Trainingsmöglichkeiten in Schottland offen Foto: Gerry Schmit

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Am vergangenen Samstag knackte die FLNS-Schwimmerin Monique Olivier in ihrer Wahlheimat Edinburgh gleich zwei ihrer Landesrekorde, die sie im Januar beim Euro Meet aufgestellt hatte. Risikoabwägung bei der Teilnahme am Turnier, die aktuelle Lage in Schottland und die sportlichen Fortschritte waren die Themen unseres Gesprächs mit der 21-Jährigen.

Die Sportwelt stand am Wochenende nicht ganz still. Ein paar Fußballspiele, ein Triathlon in Australien sowie das Edinburgh Swim Meet wurden planmäßig durchgezogen, wenn auch mit ein paar Sicherheitsbedenken: „Es nahmen Athleten aus mehreren Ländern am Wettbewerb teil. Die Organisatoren haben versucht, den Kontakt zwischen Sportlern und Zuschauern erst gar nicht zuzulassen“, sagt die Luxemburgerin Monique Olivier und fügt hinzu: „Das Gute am Schwimmen ist, dass es eine Sportart ohne Körperkontakt ist und man sich in einem Pool mit Chlor und Chemikalien befindet – die hoffentlich die Viren abtöten.“

Die Studentin nutzte einen der letzten Schwimmwettbewerbe, um die eigenen Landesrekorde (die sie erst vor seit Wochen aufgestellt hat) noch einmal deutlich aufzupolieren. Besonders über 400 m Freistil gab es einen enormen Fortschritt im A-Finale: Vor dem vergangenen Wochenende lag die persönliche Bestleistung bei 4:14,15 Minuten. Beim Edinburgh International Swim Meet schlug sie nach 4:11,59 Minuten an: „Ich habe echt gar nicht damit gerechnet. Dieser Rekord war eine sehr schöne Riesenüberraschung. Der Originalplan war eigentlich, diesen Wettbewerb als Vorbereitung für weitere Events im April und Mai anzusehen. Da aber in Großbritannien bis Mai alles abgesagt worden ist, habe ich mir einfach nur vorgenommen, alles rauszuhauen. Und … es hat funktioniert.“

Mit einer Verbesserung von über zwei Sekunden rückt das eigentlich unmögliche Ziel wieder ein Stückchen näher: „Auf dieser Strecke sind zwei Sekunden ein Riesenschritt. Ich kann eigentlich immer noch nicht fassen, dass ich das geschafft habe. Es ist unglaublich. Die olympische Norm ist immer noch drei Sekunden entfernt, aber ich habe mich in den letzten Monaten immer wieder genähert. Es bleibt nach wie vor ein Ziel, auch wenn niemand weiß, wie es weitergehen wird. Die Zeiten sind echt schnell, aber diese Rekorde sind eine zusätzliche Motivation.“

Doppelte Staatsbürgerschaft

Riesig war die Freude bei ihren Eltern, die per Livestream aus Südafrika zugesehen haben. Der Jubel sei so laut gewesen, dass sogar die Nachbarn große Augen machten, berichtet Olivier. Der Großteil der Familie Olivier lebt an der Südspitze des afrikanischen Kontinents, wo in dieser Woche eine Hochzeit gefeiert wird. Ob und wann ihre Eltern nach Luxemburg zurückkommen werden, wusste die Studentin nicht. „Das hängt davon ab, wie sich die Situation entwickelt.“ Ein Jobangebot ihres Vaters hatte damals den Umzug nach Europa zur Folge: „Eigentlich hätten wir nur drei Jahre hier bleiben sollten, doch es hat uns gut gefallen“, erzählt die Sportlerin, die im Besitz beider Staatsbürgerschaften ist, lachend. „Aus meiner Sicht hat sich die Frage, für welches Land ich antreten sollte, nie gestellt. Ich bin in Luxemburg aufgewachsen, dort fühle ich mich zu Hause, obschon ein Großteil der Familie noch in Südafrika lebt“, fügt sie hinzu. 

In Herz verloren hat sie aber auch an ihre Wahlheimat in Schottland. Zu verdanken hat die 21-Jährige dies ihrer Schwester: „Ich hatte sie auf der Suche nach einer passenden Universität begleitet und mich gleich in diese Stadt verliebt. Als wir zurückgekehrt sind, habe ich meinen Eltern gesagt, dass ich hierherkommen würde, wenn es so weit wäre. Die Leute sind nett, die Stadt ist toll und vor allem ist das Schwimmteam sehr stark. Es vereinte also alles, wonach ich suchte. Und ich wurde nicht enttäuscht. Die Schotten sind super freundliche Menschen.“ Nächstes Jahr wird sie ihr Studium (Sportwissenschaften) in Edinburgh beenden. „Eigentlich wäre ich im vierten Jahr, doch aufgrund des Sports habe ich mich entschieden, das Jahr aufzuteilen.“ Wie es danach weitergeht, steht noch nicht fest: „Nach Luxemburg zurückzukehren, ist eine Option, da es gute Jobmöglichkeiten für Universitätsabsolventen gibt. Andererseits würde ich wegen des Schwimmens gerne hierbleiben.“

Mit meinem Trainer haben wir in den letzten dreieinhalb Jahren sehr hart gearbeitet. Eine olympische Qualifikation ist ein langfristiges Ziel, das man nicht einfach mal aus dem Arm schüttelt.

Monique Olivier, FLNS-Athletin

Auch in der aktuellen Krisensituation scheint der Aufenthalt in Schottland die beste Wahl für Olivier: „Wir können hier nach wie vor ins Becken. Das kann sich aber alles sehr schnell ändern. Ich werde wohl in Edinburgh bleiben, solange ich trainieren kann. Im Moment kann man eigentlich nur versuchen, die Lage zu verfolgen. Die Universitäten hat die Kurse gestoppt und wir werden jetzt auf Online-Unterricht übergehen. Die Examen sollten im Mai erfolgen, werden aber möglicherweise ebenfalls online stattfinden.“ Eine Möglichkeit, die der Studentin nicht allzu viele Sorgen bereitet: „Ich bin disziplinierter, was das Schwimmen angeht. Aber das sollten meine Eltern eigentlich nicht erfahren (lacht). Dadurch, dass ich das Jahr gesplittet habe, kann ich eigentlich beides auf hohem Level machen.“

Ein Gesamtbild

Warum der Knoten ausgerechnet jetzt platzte, kann Olivier nicht erklären. Stattdessen ist sie überzeugt, das Rezept für langfristigen Erfolg gefunden zu haben. „Es benötigt sehr viel harte Arbeit und Disziplin. Ich versuche, gesund und pünktlich zu essen und beim Training Vollgas zu geben, auch wenn ich müde bin. Es ist das Gesamtbild, das den Ausschlag gibt. Zudem sind die Unterstützung der Trainer und Familie wichtig. Mit meinem Trainer haben wir in den letzten dreieinhalb Jahren sehr hart gearbeitet. Eine olympische Qualifikation ist ein langfristiges Ziel, das man nicht einfach mal aus dem Arm schüttelt. Die Arbeit trägt ihre Früchte.“ Ob sie sich vorstellen kann, dieses Ziel auf 2024 zu verschieben? „Wir werden sehen. Ich liebe das Schwimmen und es gibt eigentlich im Moment keinen Grund, aufzuhören.“

Steckbrief

Monique Olivier (SL, Uni Edinburgh/SCO)
Geboren am 13. Mai 1998 in Südafrika
Größe und Gewicht: 1,74 m, 68 kg
Heimtrainer: Mat Trodden
Aktuelle Landesrekorde: 14 (7-x-50-m-Becken, 7-x-25-m-Becken), erst am vergangenen Wochenende verbesserte sie ihre beiden Landesrekorde über 200 und 400 m Freistil beim Edinburgh International Swim Meet.