Es war die 58. Minute, als Marvin Martins im Stade de Luxembourg die Zuschauer zum Jubeln brachte, als er den Ausgleich erzielte. „Ich bin nach dem Eckball von Danel (Sinani) in meine Zone gelaufen. Das hatten wir so einstudiert. Der Ball wurde leicht abgefälscht, aber ich konnte mich noch so gerade richtig platzieren, um den Ball mit dem Kopf im Tor unterzubringen“, erklärt der 27-Jährige sein zweites Tor für die FLF-Auswahl. „Selbstverständlich habe ich mich über diesen Treffer gefreut, aber am Ende waren wir beim letzten Anspiel nicht präzise genug und die Nordiren haben ihre Chancen genutzt und deshalb sind wir als Verlierer vom Platz gegangen“, erklärt Martins weiter.
Dass es so schnell wieder so gut für Martins laufen würde, war nicht abzusehen gewesen. Im Sommer 2021 wechselte der Rechtsfuß vom portugiesischen Zweitligisten Casa Pia zum österreichischen Traditionsverein Austria Wien. Nach nur einem Meisterschafts- und einem Conference-League-Spiel zog er sich im vergangenen Juli eine Adduktorenverletzung zu. Zunächst sah es nach einer schnellen Heilung aus, doch die Reha zog sich in die Länge. Beim späteren Trainingscomeback zwickten wieder die Adduktoren. Insgesamt verbrachte Martins fünf Monate in der Reha. „Ich habe im Sommer fast keine Pause gemacht. Irgendwann hat der Körper ’Stopp!’ gesagt.“
Von dieser Zwangspause profitierte Martins und nahm sich vor, ein paar Kilogramm abzunehmen. „Eigentlich war es für mich gar kein Problem, die Kilos runterzubekommen. Ich trainiere ja täglich, habe ein bisschen auf die Ernährung geachtet, viel Wasser getrunken und mich oft warm angezogen, um zu schwitzen“, so der Flügelspieler. Der Weg zu besseren Fitnesswerten führte dann auch über die Reha und eine komplette Vorbereitung im Winter. „Ich merke es jetzt so richtig auf dem Platz. Alles geht viel leichter.“ Verzichten musste Martins in diesen Monaten aber des Öfteren auf den schweren kapverdischen Eintopf Cachupa. „Die gibt Kraft, aber man sollte es nicht übertreiben“, lacht Martins.
„Unsere Anhänger geben uns Kraft“
Während viele Neuzugänge in Vereinen eine lange Verletzungspause nach hinten wirft, war das bei Martins nicht der Fall. Auch weil Austria-Trainer Manfred Schmid die richtigen Worte wählte. „Als Neuer will man sich immer beweisen und zeigen, was man kann – aber bei mir ging das einfach nicht mehr. Als ich verletzt ausfiel, hat mir der Trainer nie das Gefühl vermittelt, als könnte das für mich zum Problem werden. Ich musste mir in all den Monaten keine unnötigen Sorgen machen.“
Für Martins und Austria läuft es derzeit nach Maß. Die „Veilchen“ sind seit sechs Spielen ungeschlagen und peilen einen Europapokalplatz an. „Jeder ist überrascht, dass wir in der Meisterrunde so weit vorne mitspielen. Nach einem schlechten Saisonstart, nach dem wir zeitweise auf dem letzten Platz standen, lief es nach und nach besser. Auch wenn ich nicht immer bei der Mannschaft war, habe ich gemerkt, dass wir mit zunehmender Zeit immer mehr zu einer Einheit zusammenwuchsen. Es stehen viele junge Spieler im Kader und der Teamspirit ist schon außergewöhnlich gut“, so der Luxemburger, der sich immer wieder auf die Spiele vor den eigenen Fans freut: „Anhänger geben uns unheimlich viel Kraft. Ohne ihre Unterstützung würden wir wahrscheinlich nicht auf dem dritten Platz stehen.“
Martins’ alter Förderer Reinhold Breu ist mittlerweile nicht mehr bei der Austria, um all dies miterleben zu können. Nachdem der ehemalige Technische Direktor der FLF den Luxemburger im Sommer nach Wien gelotst hatte, wechselte er nur wenige Monate später zum litauischen Verband. „Ich hätte ihm gerne persönlich gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war, mich zur Austria zu holen. Er hat mir schon ein paar Mal gesagt, dass er stolz auf mich ist. Ich freue mich darauf, ihn im Juni beim Nations-League-Spiel gegen Litauen wiederzusehen.“
Bis dahin hofft der 27-Jährige, eine feste Größe in der FLF-Mannschaft zu werden. Derzeit scheint der einzige Weg dorthin das 3-5-2-System zu sein, wie Luc Holtz es am Freitagabend spielen ließ. Auf der rechten Abwehrseite ist Kapitän Laurent Jans im Fall einer Viererkette nämlich gesetzt. Das gegen Nordirland angewandte System gibt Martins nicht nur neue Möglichkeiten, sondern liegt ihm auch: „Ich mag dieses System, weil ich mich offensiv mit einschalten kann. Gegen Nordirland habe ich bewiesen, dass ich für Gefahr vor dem Tor sorgen kann.“
Am Dienstag gegen Bosnien-Herzegowina hofft der Neu-Wiener deshalb auf das gleiche System. Schade findet es Martins, dass Miralem Pjanic wegen einer Verletzung nicht dabei sein kann. Beide kommen aus der gleichen Stadt. „Ich würde lieber zwei Schifflinger auf dem Platz sehen, als nur einen. Für ihn ist es bestimmt noch immer etwas Spezielles, gegen Luxemburg aufzulaufen. Es ist auch schade, dass wir uns nicht mit einem solchen Klassespieler messen können. Diese Duelle würden uns mit Blick auf die nächste Nations-League-Kampagne weiterhelfen.“
Auf nach Zenica
Am Sonntagmittag machte sich der FLF-Tross auf nach Zenica, wo am Dienstag das Testspiel gegen Bosnien-Herzegowina ausgetragen wird. Allerdings verlief die Hinreise nicht ohne Hürden. Am Findel musste erst an der Charter-Maschine der Mannschaft herumgeschraubt werden, ehe gestartet werden konnte. Die Konsequenz: Die FLF-Auswahl musste 20 Minuten und dichtgedrängt im Shuttle-Bus warten. Nach dem Start verlief jedoch alles glatt und die luxemburgische Nationalmannschaft kam gegen 19.00 Uhr in Zenica an. Dort wurden sie gleich mit einigen Mittelfingern von Passanten empfangen. Die Erinnerungen an den Spielort sind auch insgesamt nicht so gut. Vor rund elf Jahren endete der letzte Auftritt der Mannschaft von Luc Holtz mit einer 0:5-Niederlage gegen die Hausherren. (del)
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