Von unserem Korrespondenten Manfred Maurer, Linz
Draußen lautstarker Protest, in der Hofburg lachende Gesichter: Während 5.000 Demonstranten gegen „Nazis in der Regierung“ protestierten, vereidigte der grüne Bundespräsident Van der Bellen auffallend gut gelaunt das neue FPÖ-ÖVP-Kabinett.
Mit versteinerter Miene und finsterem Blick begegnete das Staatsoberhaupt dem ÖVP-Bundeskanzler, der sich die FPÖ als Koalitionspartner geangelt hatte. Kein freundliches Wort kam Thomas Klestil über die Lippen, als er im Februar 2000 den neuen Ministern und Ministerinnen, die wegen der Proteste am Ballhausplatz nur durch einen unterirdischen Gang in die Hofburg gelangt waren, den Amtseid abnahm.
Fast 18 Jahre danach ist ein ehemaliger Grünen-Chef Bundespräsident und wieder kommt ein Schwarzer, der seine Partei auf Türkis umgefärbt hat, mit der FPÖ als Koalitionspartner daher. Das ist nicht die Wunschkoalition des Alexander van der Bellen, der viel lieber eine rot-grüne Regierung oder wieder eine große Koalition angelobt hätte.
Lob und Zeigefinger
Dennoch herrscht sogar eine bemerkenswert gelöste Stimmung im ehemaligen Schlafzimmer der Kaiserin Maria Theresia. Der 31-jährige Sebastian Kurz lauscht mit seinem rechtspopulistischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der Ministerriege wie ein artiger Junge den Worten des Bundespräsidenten, die viel freundlicher ausfallen, als es die Proteste am Heldenplatz vermuten lassen.
Während dort wohl auch viele Wähler Van der Bellens Transparente mit Aufschriften wie «Lasst Nazis nicht regieren» oder «Wir wollen keine Nazi-Schweine» schwingen, lobt Van der Bellen in einem Rückblick auf die Koalitionsverhandlungen die «kooperative und lösungsorientierte Art» der beiden Regierungspartner. Er schätze es sehr, dass es gelungen sei, tragfähige Lösungen zu erarbeiten. «Und so muss eine Bundesregierung auch arbeiten», formuliert der Bundespräsident den Auftrag zur Fortsetzung des kooperativen Geistes, was auch als erhobener Zeigefinger zu interpretieren ist.
Denn Illusionen hat sich Van der Bellen von Anfang keine gemacht. Anders als Klestil seinerzeit fügte er sich jedoch der verfassungsmäßigen Realität, welche dem Staatsoberhaupt nur beschränkte Möglichkeiten hinter den Kulissen einräumt. Aber die nutzte «VdB» umso mehr. Während Klestil damals vergeblich eine Fortsetzung der großen Koalition zu ertrotzen versucht hatte, schaltetet sich der seit 2016 amtierende Präsident aktiv in die Koalitionsverhandlungen ein, ließ sich nicht nur über deren Fortgang informieren, sondern forderte auch.
Der dritte Verhandler
So stellte er von Anfang an klar, dass er FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, der im Europaparlament zugleich Vizefraktionschef der EU-feindlichen «Europa der Nationen und der Freiheit» (ENF) ist, und den sehr weit rechts stehenden Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus nicht als Minister akzeptieren würde.
Van der Bellen hat sich quasi zur dritten Verhandlungspartei gemacht. Er verlangte ein klares Bekenntnis zu Europa, die Einhaltung der Grund- und Freiheitsrechte sowie einen lediglich maßvollen Umbau in Richtung direkter Demokratie. Damit rannte er zwar beim angehenden Kanzler Kurz offene Türen ein, für die FPÖ bedeutete es aber das Schlucken einiger Kröten.
Das erklärt, warum Van der Bellen bei der Vereidigung sogar zum Scherzen aufgelegt war, als er seinen im Vorjahr im Rennen um die Hofburg unterlegenen FPÖ-Gegenkandidaten Norbert Hofer als Infrastrukturminister angelobte. Und FPÖ-Chef Strache fand es auch einfach nur lustig, als ihn der Staatschef beim obligaten Handschlag nach dem Gelöbnis fast übersehen hätte.
Während sich die frisch gebackenen Regierungsmitglieder in der Hofburg zuprosteten, waren rund 5.000 Demonstranten draußen alles andere als in Feierlaune. Allerdings: Im Februar 2000 waren dreimal mehr Menschen zu dem Protest gekommen. Und anders als damals verliefen die Kundgebungen diesmal zum Glück ohne größere Zwischenfälle und ohne Verletzte.
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