Jugendliche sind für politische Bildung schon deshalb kaum zu begeistern, weil weder Politik noch Bildung positiv besetzte Konzepte sind, so der Direktor des „Zentrum fir politesch Bildung“ (ZpB), Marc Schoentgen. Wie also können junge Menschen an die Politik, die ja an sich etwas Nützliches, Gutes ist, so Historikerin Renée Wagener, an die Abläufe herangeführt werden, die Gesellschaften organisieren?
Die Fragestellung des Rundtischgespräches, das im Rahmen der ersten „Journée de l’éducation à la citoyenneté“ am Mittwoch stattfand, war demnach eine komplexe; immerhin konnten die Teilnehmer an der Debatte Wege aufzeigen, definitiv zu beantworten ist die Frage nicht.
Die Teilnehmer kamen aus recht unterschiedlichen Sparten, so stellte Moderatorin Mick Entringer ihre Fragen an Nora Back (Gewerkschaftssekretärin vom OGBL), an Paulina Dabrowska (Koordinatorin des „Kannerbureau Wooltz“), an Marc Schoentgen (Direktor des Zentrums für politische Bildung), an Jean-Lou Siweck (Generaldirektor von Editpress und Journalist) und an Renée Wagener (Historikerin), die das Thema denn auch unterschiedlich beleuchteten.
Nicht nur schlecht …
Viel wurde im Walferdinger Kulturzentrum über die Rolle der Medien im Bildungskontext geredet. Wobei die sozialen Medien und die nicht immer stubenrein geführten Diskussionen in den diversen Foren und Blogs erstens als nichts absolut Neues qualifiziert wurden – Parolen mit wenig intellektuellem Anspruch habe es immer schon gegeben – und zweitens als eine durchaus wichtige Ausdrucksmöglichkeit für Menschen, die nicht auf akademischem Niveau schreiben, gesehen werden. Die neuen elektronischen Plattformen, so Renée Wagener, böten weitaus mehr Bürgern die Möglichkeit, an der gesellschaftlichen Diskussion teilzunehmen, als es etwa vor nicht allzu langer Zeit die Leserbriefrubriken der Zeitungen taten.
Demokratisierung des Schreibens
Sie sieht eine Art Demokratisierung des Schreibens entstehen. Menschen, die häufig in sozialen Medien unterwegs sind, so Jean-Lou Siweck, seien tendenziell einer größeren Meinungsvielfalt ausgesetzt als andere.
Die Annahme, dass Algorithmen den Nutzern immer die gleichen Themen und Ansichten präsentierten, sei wissenschaftlich widerlegt.
Nora Back findet es einerseits erschreckend, wie viele Menschen sich ausschließlich über Facebook informieren, räumt aber ein, dass auch ihre Gewerkschaft das Medium als effizientes Mittel nutzt, um viele Bürger zu erreichen, und sei es nur, um sie auf ausführlichere Informationsangebote zu führen.
Zwar würden die jungen Menschen die neuen Medien technisch beherrschen, so Marc Schoentgen, ihre Medienkompetenz als solche sei aber kritisch zu hinterfragen. Er sieht die politische Bildung, deren Schwierigkeiten oben beschrieben sind, darin, die Menschen zum Nachdenken zu bringen.
Neugierde durch Beispiele wecken
Interesse und Neugierde wecken, ist auch das Mittel, das Paulina Dabrowska als geeignet sieht, um auch Kleinkinder (ab null Jahre, wie sie betonte) an die Politik heranzuführen. Praktische Beispiele seien ein gutes Mittel.
Welche Themen denn interessierten, wollte die Moderatorin wissen.
Alles, was mit Gesundheit und Glück zu tun hat, so die gewerkschaftliche Antwort, alle Themen, wenn sie richtig verpackt seien, so die journalistische.
Nachdem noch über den Bildungsauftrag klassischer Medien, über die Verantwortung dieser und über die Notwendigkeit zur Wahrheit, auch wenn diese nicht ins Konzept passt, diskutiert worden war, konnte das – für einen schwülwarmen Mittwochabend – recht zahlreiche Publikum Fragen an die Runde richten.
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