Von unserem Korrespondenten André Anwar
Immer wieder ziehen dänische Zoos die Wut von Tierschützern auf sich, weil putzmuntere Tiere aus bürokratischen Gründen getötet werden – so die Giraffe Marius, eine ganze Löwenfamilie und zuletzt ein Braunbärenpärchen.
Die Schreckensmeldungen über Todesurteile in dänischen Zoos reißen nicht ab. Zunächst Giraffen, dann Löwen nun Braunbären. Alleine die im Vergleich zur freien Wildbahn kaum artgerechte Haltung von Tieren in Zoos erzürnt Tierschützer seit langem. Doch wenn dann auch noch kerngesunde Zootiere aus formalen Gründen getötet werden, bringt das bei Tierfreunden das Fass zum Überlaufen.
Erst am Mittwoch erregte wieder ein dänischer Zoo, diesmal in Aalborg, die Gemüter weltweit. Er ließ ein in die Jahre gekommenes aber gesundes Braunbärenpärchen im Alter von 20 und 21 Jahren töten, mit der Begründung, dass die Bären sich zu sehr gelangweilt hätten. „Unser Gehege bietet Braunbären nicht die Möglichkeiten, die sie in der Natur haben. Sie können keine Steine wenden oder nach Futter suchen. Sie können sich nicht so verhalten, wie es Bären normalerweise tun», begründete der für die Braunbären täglich verantwortliche Tierpfleger Frank Orloff Thomsen im Sender TV2.
Zudem habe die Bärin von Verhütungsmittel bekommen, damit das Paar keine Junge mehr bekommt. «Man vergisst da aber leider, wie viel Lebensfreude damit verbunden ist Nachwuchs zu bekommen“ fügte Thomsen hinzu. Er sei zwar „sehr traurig“ gewesen, als das Todesurteil für seine Schützlinge umgesetzt wurde, aber „gleichzeitig sehe ich das professionell. Sie haben sich in unserer Anlage gelangweilt“, so Thomson.
Tötung aus Tierliebe
Auch der Zoo begründet die Tötung offiziell mit Tierliebe. „Wir werden stetig klüger bezüglich der Tierwohlfahrt. Mit dem Wissen, das wir heute generell über Bären haben, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass unsere Bärengehege nicht mehr zeitgemäß ist“, heißt es da. Ob das alte Braunbärenpärchen, das ja immerhin 20 Jahre lang pflichtschuldig die Zoobesucher in Aalborg unterhielt, es nun besser im Himmel hat, falls es einen gibt, fragen sich nun zornige Tierschützer im Internet. Man hätte ihnen ihren Lebensabend lassen können, finden sie.
Weil die Regeln für Aufenthalt und Zucht von Tieren in dänischen Zoos immer schärfer werden, müssen immer wieder gesunde Tiere ihr Leben lassen. Die Zoos sollen große Tiere, durch kleinere austauschen, die weniger Auslauf brauchen. Das Problem ist dann stets, dass es nirgendwo ein Asyl für die nicht mehr gewollten Tiere gibt. „Früher hatten wir doppelt so viele große Tiere, die viele Besucher anzogen. Nun haben wir den Fokus von der Unterhaltung zur Wissensvermittlung über Tiere geändert“, sagt auch Thomson, der seit 30 Jahren Tierpfleger ist.
Zoo ist kein Disney-Film
Besonderes Aufsehen erregte 2014 die Giraffe Marius im Zoo von Kopenhagen. Marius wurde zum Entsetzen der Weltöffentlichkeit eingeschläfert, öffentlich zerstückelt und vor zuschauenden dänischen Kindern an die Löwen verfüttert. Die arme Giraffe hatte für die Fortpflanzung die falschen Gene.
Doch die Freude bei den Löwen war nur von kurzer Dauer. Kurz darauf wurde das 16 Jahre alte Löwenmännchen Oleg und seine 14 Jahre alte Partnerin mit einer Spritze getötet. Danach traten deren zwei erst zehn Monate alte Löwentöchter den Weg ins Jenseits an. Wegen Platzmangel. Nur verfüttert wurden die vier Raubkatzen nicht.
Zootiere zu beseitigen sei eine normale Angelegenheit, erklärte Zoodirektor Steffen Straede. „Es nützt nichts, uns die Tierwelt wie in einem Disney-Film vorzustellen. Das ist nicht die Wirklichkeit“, sagt er. Experten wie Dag Encke, Direktor des Nürnberger Zoos, gaben dem gar Morddrohungen erhaltenden Kopenhagener Kollegen recht. Sie warfen Tierschützern Unwissenheit und kindliche Romantisierung vor. Die sollten sich lieber um die tägliche industrielle Massenschlachtung von barbarisch eingepferchten Schweinen, Rindern und Hühnern kümmern.
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