Iranische Frauen leiden häufiger an Vitamin-D-Mangel als ihre Geschlechtsgenossinnen in anderen Ländern. Wissenschaftler führen dies auf das Tragen körperbedeckender Schleier zurück. In Parks nur für Frauen dürfen diese jetzt Sonnenbäder nehmen.
Von unserer Korrespondentin Dr. Elke Bunge
Im Iran gibt es Parks, die nur von Frauen besucht werden dürfen. Dort essen sie in Pavillons, manche trainieren auf Fitnessgeräten, andere kaufen alkoholfreie Getränke an Kiosken oder sind mit ihren Kindern beschäftigt. Es gibt Mädchen in Miniröcken und Shorts, Frauen in luftiger Kleidung, Kopf und Haupthaar bekommen Tageslicht. Ein großer Metallzaun schließt diese spezielle Grünfläche von der Außenwelt ab. An den Eingängen stehen weibliche Wachen in blauen Uniformen mit weißen Handschuhen. Sie halten ein Auge auf alles, was hier ein- und ausgeht.
«Diese neu eingerichteten Orte ergeben sich aus der Wechselwirkung von Tradition, Religion und Moderne», so Reza Arjmand, Soziologe an der Universität Lund in Schweden. Grund für die Eröffnung dieser Parks ist jedoch nicht eine modernere Sicht der Welt, sondern, so Arjmand weiter, schlicht die Sorge um die Gesundheit der nächsten Generation dieser Frauen.
Sorge um die Kinder
Arjmand hat vor kurzem ein Buch über die Frauen vorbehaltenen Parks im Iran veröffentlicht, in dem er schreibt, dass der Vitamin-D-Mangel ein Problem in iranischen Städten ist, wo Frauen gezwungen sind, sich in der Öffentlichkeit zu verhüllen und oft in Wohnungen mit kleinen Fenstern leben, sodass der Körper kaum Sonnenlicht bekommt. Verhüllung heißt für iranische Frauen ein Kopftuch, eine lange Hose und einen Mantel, der die Hüften bedeckt, zu tragen. Eine Studie des iranischen Gesundheitsministeriums zeigte bereits 2001 ein alarmierendes Wachstum der Zahl von Frauen, die Osteoporose entwickeln. Dies veranlasste die Behörden, mit dem Bau dieser Parks zu beginnen.
«Traditionell war es nicht anständig für persische Frauen, in Parks herumzugehen», sagt Arjmand. Nach der islamischen Revolution von 1979 hielt die Regierung Parks für Frauen für unnötig. Erst als sich herausstellte, dass die Kinder dieser Frauen, also die nächste Generation, medizinischen Risiken ausgesetzt sind, weil ihre Mütter ungesund leben, änderte sich die Meinung der Behörden.
Frauenparks sind oft schwer erreichbar
Es gibt jedoch auch viele Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Konzepts: Die Suche nach geeigneten Standorten für die Parks erwies sich als schwierig. Wegen des Risikos, dass Männer von einem Fenster oder einem Balkon aus einem benachbarten Gebäude Einblick in das Gelände erhalten könnte, befinden sich viele dieser Grünflächen außerhalb der Stadtzentren. Doch diese Vororte sind für viele Frauen schwer zu erreichen. Auch die Öffnungszeiten sind begrenzt, damit männliche Gärtner auf keinen Fall mit der unverhüllten weiblichen Gesellschaft zusammentreffen.
Auch wenn die traurige Wahrheit nicht das gesundheitliche Wohlergehen der heutigen Frauen ist, sondern eher die Sorge um den zukünftigen männlichen Nachwuchs, der von gesunden Müttern komplikationsfrei geboren werden soll, so sind diese Einrichtungen ein wichtiger Fortschritt der heutigen Frauen. Arjmand sieht darin eine positive Seite der Entwicklung. «Eine Gruppe von Frauen wird schon heute von diesen Parks profitieren, nämlich die Frauen, die aus religiösen Familien stammen und für die es die einzige Möglichkeit ist, eine Zeit draußen ohne Kopftuch zu verbringen. Dieser Ort bietet ihnen eine Freiheit, die sie früher nicht besaßen.»
Zur Autorin
Von Hause aus Physikochemikerin, promovierte Elke Bunge in Berlin als Schering-Stipendiatin auf dem Gebiet der Nano- und Wafertechnologie (Rastertunnelmikroskopie an Einkristalloberflächen) mit Forschungsaufenthalten an der Universität Liverpool und eingeladenen Vorträgen zu ihren Forschungsarbeiten u.a. in Wales, Madrid, Cambridge, und Los Angeles. Im Anschluss folgte eine mehrjährige Mitarbeit als rechte Hand der Forschungsleitung bei Atotech, einer Tochter der französischen TOTAL. Seit 2000 verschrieb sie sich der Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Wissenschaft und Forschung für Forschungseinrichtungen sowie in der freien Wirtschaft. Ihre jahrelangen Erfahrungen auf dem Gebiet Forschung und Entwicklung und die Freude, komplizierte wissenschaftliche Zusammenhänge für ein breites Publikum verständlich zu machen, brachte sie dazu, seit 2008 als Autorin auf dem Gebiet Wissenschafts-, Technik- und Umweltjournalismus zu publizieren.
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