Aktive Mitarbeit an einem Projekt zur Erforschung von Dickdarmkrebs. Abhaltung der Chemiekurse im ersten Jahr der Arztausbildung. Verwaltung und Betreuung der «Doctoral School in Science and Engineering» der Uni Luxemburg. Professor Dr. Serge Haan vereint gleich drei Berufe unter einem Hut. Dennoch fand er Zeit für ein aufschlussreiches Gespräch über die Uni Luxemburg und die für sie tätigen Landsleute.
Forscher, Lehrer, Organisator. Eine feste Hierarchie will Prof. Dr. Serge Haan hier nicht einbringen. Mit Begeisterung spricht er von seinem Forschungsprojekt, bei dem es ihm, zusammen mit einem zurzeit zehnköpfigen Team, gelungen ist, einen neuen und vielversprechenden Biomarker für Darmkrebs zu entdecken. Besonders in frühen Stadien der Krankheit (speziell im Stadium II) könnte es damit leichter werden, Patienten in Gruppen mit «hohem» und «geringem» Risiko einzuordnen. Eine solche Klassifizierung wiederum kann den Onkologen helfen, die geeigneten Behandlungsverfahren für den jeweiligen Patienten auszuwählen.
Die Art und Weise, wie Serge Haan diese komplexe Forschungsarbeit veranschaulicht, gibt Aufschluss über seine Fähigkeiten als Lehrer. Die stattliche Anzahl von 400 Doktoranden, die in der «Faculty of Science, Technology and Communication» (FSTC) ihre Arbeiten schreiben, steht für den hohen Aufwand an Verwaltungs- und Organisationsarbeit, der hinter der Leitung der «Doctoral School in Science and Engineering» steckt.
Dies umso mehr, als Haan auch noch Programm-Koordinator des «Doctoral Programme in Systems and Molecular Biomedicine» ist und allein in diesem Bereich 90 PhD-Kandidaten eingeschrieben sind. Der reinen Forschung kann er nicht mehr so viel Zeit widmen, es ist Serge Haan jedoch wichtig, in einige Projekte eingebunden zu bleiben. Deshalb arbeitet er unter anderem weiter an einer Studie über die sogenannten Biomarker. Deren Stärke liegt in der interdisziplinären Herangehensweise. Neben den Biochemikern wie Professor Haan und Projektleiterin Dr. Elisabeth Letellier (eine weitere Luxemburgerin) sind Bioinformatiker und Mediziner eingebunden, die mit modernsten experimentellen und informatischen Techniken arbeiten.
«Home Connections»
Der Studie zugrunde liegt eine hochwertige Gewebesammlung von Darmkrebspatienten, die seit 2010 durch die enge Zusammenarbeit mit der «Integrated Biobank of Luxembourg» (IBBL), dem «Laboratoire national de santé» (LNS), dem «Centre d’investigation et d’épidémiologie clinique» (CIEC) und lokalen Krankenhäusern, allen voran dem «Centre hospitalier Emile Mayrisch» (CHEM), zusammengetragen wurde. Untersucht werden Gewebeproben des Tumors, normales Vergleichsgewebe, Blut-, Stuhl-, Speichel- und seit Kurzem auch Haarproben. Alle Proben sind anonym, im Respekt mit dem Datenschutz. Dieses Projekt wird von den luxemburgischen Krebsstiftungen «Fondation Cancer» und «Kriibskrank Kanner» mit Geldern des «Fonds national de la recherche» (FNR) und der Uni Luxemburg getragen.
Mittlerweile steht die Studie auch in der internationalen Aufmerksamkeit. Prof. Dr. Serge Haan arbeitet derzeit mit den Universitäten von Wien und Aachen und gelegentlich auch mit Privatunternehmen zusammen. Gleichzeitig ist er aber auch stolz auf seine luxemburgischen «Connections». «Der Biomarker ist ein Molekül, mit dem eine Aussage über den Verlauf der Krankheit und die Auswirkungen der Therapien gemacht werden kann. Das hilft dem Arzt bei der Entscheidung, ob und wann er zur Chemotherapie greifen muss», veranschaulicht Haan den aktuellen Stand seiner Forschung.
Geduld und Beständigkeit
Erste Ergebnisse hat er patentieren lassen, die aktuellen Arbeiten sollen helfen, die Formen der Anwendbarkeit zu definieren. Wie überall in der Forschung sind Geduld und Beständigkeit gefordert. «Grundlagenforschung ist die Basis für eine spätere transnationale Forschung. Wir müssen verstehen, wie der menschliche Körper funktioniert. Nur so können wir herausfinden, was in den Krebszellen schiefläuft», rechtfertigt der Wissenschaftler die Spezifität der von ihm geleiteten Arbeiten. In die Biochemie ist Serge Haan gewissermaßen erst im Lauf der Zeit hineingerutscht. Als er 1990 nach bestandenem Sekundarabschluss im hauptstädtischen «Lycée Robert Schuman» zum Studium nach Aachen ging, schwankte er noch zwischen Medizin, Chemie und Biologie.
Bei seiner Doktorarbeit in Aachen erforschte er in einem Labor des Klinikums zunächst Entzündungsvorgänge. «Auch bei Krebserkrankungen können sie eine Rolle spielen», erklärt Haan. Kürzlich hatte er herausgefunden, dass in den Gewebeproben von 75 untersuchten Darmkrebspatienten zwei Entzündungsproteine stark reduziert waren. Weitere Arbeiten galten dem Einfluss einer Sauerstoff-Unterversorgung auf die Stammzellen von Darmtumoren.
Eine Uni in der Aufbauphase
«Wir wollen herausfinden, welche Signale und zelluläre Antwort die Botenstoffe bei einer Krankheit einleiten und wie sie in Verbindung mit der Krankheit stehen», veranschaulicht Haan diese Arbeiten. Nach Abschluss der Doktorarbeit im Jahr 2000 ging es für anderthalb Jahre ins irische Belfast, an die Queens University. Wie sehr ihm das Naturschauspiel in Irland gefallen hat, bezeugt heute noch der Bildschirmschoner auf seinem Computer. Der Kontrast mit dem modernen, mittlerweile doch recht dicht bebauten Belval könnte nicht größer sein.
Irland sollte allerdings nur eine Zwischenetappe sein, bei seiner Rückkehr in Aachen wurde Serge Haan zunächst Leiter des Labors, an dem er zuvor bereits tätig war. Dort bereitete er seine Habilitation vor, die er 2006 erhielt. Auf der Suche nach einem Tätigkeitsfeld wurde der Strassener auf die Uni Luxemburg aufmerksam, die sich seit 2003 allmählich entwickelte. «Die Mitarbeit an einer jungen Uni, die noch wächst, deren Prozeduren noch nicht festgefahren sind, hatte durchaus ihren Reiz», sagt Serge Haan rückblickend. Diese Aufbauphase sei noch nicht zu Ende, die Uni weiterhin in der Entwicklung. Wichtig ist dem Wissenschaftler dabei der Dialog mit dem Rektorat und innerhalb der Fakultäten, der zwar nicht immer einfach, aber notwendig sei, um Strategien zu entwickeln und weiterzukommen. Die Entscheidung, in der wissenschaftlichen Forschung zu bleiben, hat Haan nie bedauert. «Die Freiheit der Forschung ist an der Universität größer als in der Industrie», erklärt er.
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